TRASHMONKEYS

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Deutschlands Antwort auf Mando Ferdinand und die Kaiser Hives?

Es ist wohl ein Phänomen, welches jeder Musikenthusiast so oder so ähnlich schon einmal erlebt haben dürfte: Da gibt es irgendeine heimische Band XY, die sich nun bereits seit mehr als einer Dekade landauf, landab den Arsch abspielt, mittlerweile auf unterschiedlichen Labels schon mehrere Longplayer-Releases vorzuweisen hat, welche auch zumeist höchsten Qualitätsansprüchen genügen, und obwohl einem über die Jahre immer mal wieder ein überaus gefälliger Hit zu Ohren kommt, obgleich man schon das eine oder andere Mal im Laden stand und prüfend ein Plattencover von besagter Gruppe in den Händen wog – es will dennoch nie so richtig funken, bis, ja, bis eines schönen Tages ... „Tausendmal berührt, tausendmal ist nix passiert“, möchte man da fast schon sagen. Aber bitte nicht, ohne sich gleichwohl kräftig selbst zu ohrfeigen, angesichts jener ausgesprochen widerlichen Klaus Lage-Reminiszenz.

Als mir jedenfalls Ende Januar die Vorab-CD von „Smile“, dem bereits fünften Album der Bremer TRASHMONKEYS in den Schoß fiel, knallte es mich durch die Wand! Heulende Hammondorgeln, bratzige Gitarren, räudiger Gesang und eine supertighte Produktion spannen sich um das 13 Songs (inklusive „hidden track“) umfassende Album, das zwar mancherorts die Ursprünge des Quintetts im britischen Mod-Beat der 60er noch erahnen lässt (man höre nur einmal das an die SMALL FACES oder KINKS gemahnende „Dreammaker Avenue“), andererseits aber auch wieder mit einigen „zeitgemäß bollernden 80s-Dancepunkern im rotschwarzen Kaiser-Ferdinand-Gewand“ aufwartet, wie Kollege Helmer schon im Review zum Vorgänger „Favourite Enemy“ richtig bemerkte, und diesmal noch nicht mal mehr von bombastischen Glamrock-Balladen in bester Bowie-Manier („I’m a mess for rock’n’roll“) oder sogar Reggae („Bad day“) zurückschreckt. Ein wundervoller Zitatenschatz der letzten 45 Jahre Pop- und Rock-Geschichte, musikalischer Eklektizismus der besten Sorte!

Doch wollen wir Schlagzeuger Gunnar an dieser Stelle selbst einmal zu Wort kommen und die bisherige TRASHMONKEYS-Geschichte in einigen Sätzen zusammenfassen lassen: „Angefangen haben wir 1996, Andreas, der Sänger und Gitarrist, überredete mich dazu, mit ihm eine Session zu spielen, und gleich am ersten Abend hatten wir unsere ersten fünf Songs fertig.“ Mit dem kurz darauf erfolgtem Einstieg von Bassist Daz war das ursprüngliche Dreier-Line-up komplett und 1997 erschien das erste, noch sehr rohe und ungeschliffene, selbstbetitelte und eigentlich nur als Demo geplante Album, zunächst auf Karateclub Maier, dann auf dem Weserlabel. Im Folgenden verdiente man sich fleißig Live-Meriten, unter anderem im Vorprogramm von CRAMPS, ROCKET FROM THE CRYPT und HELLACOPTERS, wobei sich aus traurigem aktuellem Anlass in Bezug auf Erstere natürlich die Frage aufdrängt, wie man denn die Nachricht vom Tode Lux Interiors aufgenommen hat: „Wir waren zwei Mal mit den CRAMPS auf einer kleineren Tour, 1998 und 2003. Eigentlich kaum zu glauben, dass Lux tot ist, so energetisch, wie die damals waren. Jedenfalls waren sie sehr anständig zu uns.“

Als entscheidender Wendepunkt in der Bandgeschichte dürfte dann wohl das Jahr 2000 gelten, als auf Empfehlung von Gunnars bestem Freund Frank Popp (yep, eben jener welcher, der mit „Hip teens don’t wear blue jeans“ vor einigen Jahren auch einen recht achtbaren Radiohit vorzuweisen hatte) der Hammondorgler Offer Stock zur Band stieß, der den von nun an typischen TRASHMONKEYS-Sound entscheidend mitprägte. 2002 fallen schließlich niemand Geringerem als Eddie Piller, dem Boss des renommierten Londoner Acid Jazz-Labels, die Aufnahmen zum ersten „richtigen“ Album „Clubtown“ in die Hände, der gute Mann ist begeistert und lässt es sich nicht nehmen, es noch im gleichen Jahr selbst zu veröffentlichen. Teils mit herausragendem Erfolg, wird doch unter anderem die Singleauskopplung „Sundays“ vom NME zur „Single of the week“ gekürt und von einer italienischen Fernsehshow als Opener verwandt; einziger Schönheitsfehler daran: Fast überall in Europa steht „Clubtown“ in den Läden, nur ausgerechnet in Deutschland ist es ausschließlich als teurer Import zu beziehen. Gunnar: „Richtig geben tut es uns genau genommen eigentlich erst seit unserem dritten Album ‚The Maker‘. In Deutschland fanden wir nämlich so gut wie gar nicht statt und England war, trotz der Erfolge, weit weg.“

„The Maker“ erschien 2004 auf dem von mir eigentlich stets verpönten, weil immer mit verschnarchtem Hamburger Sonderschulpop assoziierten Label L’Age d’Or, vielleicht auch das ein Grund, warum ich die Band schändlicherweise viel zu lange ignorierte? Zumindest weiß Gunnar nur Gutes über die 2007 leider in Insolvenz gegangene Schallplattenschmiede zu berichten: „Ich kann über L’Age d’Or fast nur Gutes sagen, wir waren drei Jahre dort, haben zwei Alben gemacht und sind richtig aufgebaut worden; wir wären wohl weiter dort geblieben.“

Der Durchbruch war nun jedenfalls auch in Deutschland endlich geschafft, Spex, Intro, Visions und auch diese Zeitschrift hier überschlugen sich mit Lobeshymnen und der Videoclip zu „Song no. 1“ flimmerte selbst bei Kultursender 3Sat über den Schirm.

2006 erschien dann mit „Favourite Enemy“ das vielleicht bis dato am meisten auf kommerziellen Erfolg schielende Album. Einerseits zwar wieder sehr experimentierfreudig, unter anderem wurde für die Ballade „Outside“ mit dem Rundfunkorchester Hannover eingespielt und es gibt einen Elektro-Remix des „Song no. 1“, die erste Singleauskopplung „Attitudes in stereo“ erweist sich allerdings schon als sehr glattgebügelt und auf potenzielle Radiotauglichkeit geeicht. „Campus-Rock-Invasion, wir kommen!“, der Traum vom richtig fetten Mainstream-Durchbruch doch noch nicht zur Gänze ausgeträumt? Und wie lebt es sich eigentlich mit den Vergleichen zu MANDO DIAO, FRANZ FERDINAND, KAISER CHIEFS und den HIVES, mit denen man sich immer häufiger konfrontiert sieht?

„Vom fetten Mainstream-Erfolg träumt eigentlich keiner von uns, wäre ja auch vermessen, bei dem Sound. Die neue Platte ist ja wesentlich crunchiger als die vorherige und mit angezerrter Stimme lässt sich meines Erachtens nach, zumindest in Deutschland kein Mainstream-Hit erreichen. Und das mit den Vergleichen bleibt natürlich nicht aus, aber die betreffenden Bands gab es ja zu der Zeit, als wir anfingen, noch gar nicht, beziehungsweise wenn es sie gab, so waren sie uns nicht bekannt, von daher ...“

Okay, und dennoch: „Leaving town“, ebenfalls ein kapitaler Kracher von der neuen Platte, wirkt auf mich, als wäre die „Bring ’em In“, das grandiose Debüt von MANDO DIAO, einfach mal so auf zwei Minuten 37 eingedampft worden und lässt mich alleine deswegen schon Purzelbäume der Wonne schlagen! Nun, was gibt es denn eventuell zur Entstehung von „Smile“ Interessantes zu berichten?

„Nun, Dennis Rux, der vorher bereits unter anderem STUN, die MOVING SOUNDS und Andreas’ Sideproject COOL JERKS produzierte, hat mich hier in Bremen in einem Club angesprochen, so nach dem Motto: ‚Ey, du, ich würde ich euch gerne aufnehmen.‘ Zunächst habe ich den Typen, ehrlich gesagt, nicht im Geringsten ernst genommen. Er hat uns dann aber doch irgendwie dazu überredet, ihn in seinem Analogstudio zu besuchen. Wir also dahin, in dem sicheren Bewusstsein, dass er ohnehin nicht gut genug für uns sei, womit wir uns allerdings komplett verrechnet hatten; wir als Band waren an dem Tag superscheiße, Dennis machte hingegen einen absolut hervorragenden Job! Der Sound seines Vintage-Studios hatte uns sofort überzeugt. Letzten Endes waren wir froh, dass er trotzdem noch mit uns arbeiten wollte, obwohl wir uns an besagtem Tag wirklich null vorbereitet hatten, und schließlich verbrachten wir anderthalb Jahre miteinander im Studio. Als Zugabe ist Dennis dann sogar noch als fünfter Trashmonkey mit in die Band eingestiegen.“

Mit XNO aus Berlin-Kreuzberg hat man nun auch labeltechnisch eine neue Heimat gefunden und Gunnar ist recht frohen Mutes, dass das diesbezügliche Nomadentum nun endlich mal ein Ende haben könnte: „Thorsten Dohm, der Chef von XNO ist selber Vollblutmusiker, versteht uns also absolut in allen Belangen und beherrscht überdies auch noch als Manager der mit uns befreundeten BEATSTEAKS die geschäftliche Seite.“

Löblicherweise schien es den Jungs dabei auch wichtig zu sein, dass „Smile“, wie die vorhergegangenen Scheiben ebenfalls schon, wieder in einer aufwändigen LP-Version erhältlich sein wird, mit Doppelklappcover und die ersten 200 Exemplare sogar mit gelbem Vinyl. Ob sich eine derartige Veröffentlichungspolitik wirklich bezahlt macht, im Kampf gegen die allgegenwärtige Download- und Filesharing-Pandemie, wollte ich schließlich noch wissen: „Ach, das Downloaden sehe ich mittlerweile gar nicht mehr so sehr als das Problem der etablierten Bands an, sondern eher der Bands, die neu starten, super Songs am Start haben, aber niemanden mehr finden, der ihre Sachen richtig rausbringt, sprich: mit Club-, TV- oder Printpromos. Letztlich bleibt den jungen Bands nur noch das Internet, aber dort ist auch alles überlaufen und so können sie noch nicht einmal mehr auf Tour gehen und sich ‚hochspielen‘. Als wir 1996 angefangen haben, konnten wir erst mal losziehen, haben nach drei Monaten mit Link Wray gespielt und sind kurz darauf mit STEAKKNIFE getourt. Wir hatten noch nicht mal einen Plattenvertrag und konnten trotzdem eine ganze Menge geiler Gigs spielen, auch auswärts; diese Chance haben heutige Bands eigentlich nicht mehr und das finde ich scheiße.“

Touren steht für die TRASHMONKEYS natürlich auch in nächster Zukunft an, jüngst erreichte die Burschen sogar eine Anfrage aus China. Und ganz gleich, ob nun in Peking oder Paderborn, man ist wohl definitiv bestens beraten, sie sich nicht entgehen zu lassen, denn sollte es ihnen gelingen, das hochenergetische Level ihrer aktuellen Platte live auch nur ansatzweise zu reproduzieren, dann verspricht es fürwahr laut, wild und sexy zu werden.