TURBONEGRO

Hurra, hurra, endlich ist sie da! "Apocalypse dudes" heißt sie, die neue TURBONEGRO-Platte, und hier im Ox gibt´s deshalb exklusiv eine kurze Erläuterung aller neuen Songs, vorgenommen von Happy Tom und Hank. Das Verhör fand statt in einer Osloer Spiesserkneipe, an einem Sonntagnachmittag und mit drei Bier im Bauch.

The age of Pamparius" - angeblich hat das was mit Pål Pots Pizza-Restaurant zu tun.

Tom: Genau. Der Song handelt vom Aufbau des Pamparius-Pizza-Weltreichs. Zumindest wenn man den Song zum ersten Mal hört, hat er diese Bedeutung. Dabei gibt es aber auch eine tiefergehende Bedeutung, die was mit der Infrastruktur, Dunkelheit und Autobahnen zu tun hat - um genau zu sein mit dem Autobahnbau im Dunkeln. Besonders cool ist an dem Song das Piano-Intro. Ich meine, heute feiert jeder KISS ab, dabei waren die als Band echt nicht gut, dafür aber das Konzept. Und das stammte, wie die meisten Songs, von einem Produzenten namens Bob Ezrin. "Detroit rock city" etwa ist von ihm, das ganze Songarrangement, der hat den Jungs exakt gesagt, wie sie was spielen sollen. Und der gleiche Kerl hat auch das "Love it to death"-Album von Alice Cooper produziert, inklusive "School´s out". Das ist so ein kleines, cleveres Kerlchen, dem man das alles gar nicht ansieht. Jedenfalls ist das Piano-Intro von diesem Song eine Hommage an ihn, und es geht dann weiter mit einem Zitat von "For those about to rock". Du siehst, allein schon die erste Minute der Platte bietet jede Menge Material für Interpretationen, man muß nur dahinterkommen. Euroboy hat da gitarrenmäßig echt die gesamte Rock-History verwurstet.

Hank: Allerdings! Für mich klingt´s übrigens wie eine Abwandlung des "Diamond dogs"-Intros.

"Monkey on your back" - ist das nicht ein Ausdruck der mit Drogenabhängigkeit in Zusammenhang steht?

Tom: Ja, stimmt, aber bei uns steht das für ein undefinierbares Gesamtes, über das niemand reden will. Such dir einfach aus, was du darunter verstehen willst. Aber der Song ist so grandios, dass wir ihn wahrscheinlich nicht auf die Platte nehmen werden, sondern für eine 7" verwenden.

Hank: Genau, einfach nur so zum Spass.

Tom: Yep, damit die ganzen Plattensammler-Freaks da draussen auf ihre Kosten kommen.

Hank: Womit wir wieder beim Thema Drogen wären.

Tom: Ich sagte doch, es ist ein Drogensong. Ich habe nur ein- oder zweimal Drogen genommen, und anschliessend habe ich mindestens 25 Songs drüber geschrieben.

Hank: Das ist eine alte norwegische Tradition. Du bist ja so hart, Tom.

Tom: Ich weiss, ich weiss, wir sind eben alle harte Rock´n´roll-Motherfucker. Hank hat sogar ein paar Tätowierungen!

Hank: Ja, und ich kenne einen Typen, der sogar schon mal die NEW YORK DOLLS gehört hat, hahaha.

Dann haben wir da "Get it on", den Überhit von der Ox-CD. Gab´s nicht auch mal einen T-REX-Song mit dem Titel, und ebenso einen Song von POWER STATION?

Tom: Richtig, das war doch Robert Palmer mit den DURAN DURAN-Leuten. Aber unser Song hat mit beiden nichts zu tun. Der Titel ist einfach genial, das klingt schon richtig nach Rock-Hymne.

Hank: Get it on, das kann jeder sofort mitsingen.

Und worum geht´s da?

Tom: Ums Ficken und um die Deathpunk-Infrastruktur. Deshalb singt Hank ja auch "Gimme deathpunk, baby". Gimme deathpunk or gimme death.

Was ist mit "Selfdestructo bust"?

Tom: Das ist eine klassische Kleinstadt-Punkrock-Hymne, darüber, wie Scheisse es ist, in einer Kleinstadt gefangen zu sein und langsam vor die Hunde zu gehen.

Als nächstes haben wir "Zillion dollar sadist".

Hank: Da geht´s auch mal wieder darum ein Imperium aufzubauen.

Tom: Genauer gesagt handelt der Song von unserem ungeheuren Erfolg und davon, wie der Erfolg uns verändert hat. Früher waren wir "Ten dollar sadists", heute sind wir "Zillion dollar sadists".

Äh, wie steht´s mit "Rendezvous with anus"? Da scheint´s um ganz Grundsätzliches zu gehen, ähem.

Hank: Das ist diesmal die einzig verbliebene Homo-Referenz.

Tom: Keine Platte ohne Arsch-Song, das ist unsere Devise.

Dann haben wir da "Prince of the rodeo", der ja auch schon mit "Toodlepip, fuck" auf einer Single war.

Tom: Richtig, das war die Single auf Hit Me! Rec. Aber die Aufnahmen waren recht schwach, deshalb haben wir die beiden Songs neu aufgenommen, aber nur "Prince of the rodeo" wird auf dem Album sein.

Das war doch die Single mit dem Foto von Tom und dem norwegischen Kronprinzen auf dem Cover. Wie kam´s eigentlich dazu?

Tom: Das ist ´ne coole Story. Kannst du dich an die Disco erinnern, wo wir gestern waren? Eines Abends waren wir dort am Trinken, und dann kamen plötzlich diese ganzen komischen Bodyguard-Typen in den Laden, standen völlig auffällig-unauffällig am Tresen und tranken Wasser. Und ein paar Minuten später kam dann der Prinz Magnus selbst, umgeben von noch ein paar Cops. Wir waren mit dem Typen von Hit Me! Records unterwegs, der ist Fotograf und hat immer eine kleine Kamera dabei. Und so habe ich mich dann langsam in Richtung des Prinzen bewegt, und als ich neben ihm stand, sagte ich was zu ihm. Er drehte sich zu mir um, und Klick!, schon war das Foto im Kasten und wir rannten raus. Er versuchte noch die Kamera zu packen und schrie "Habt wenigstens etwas Respekt!", tja, aber da war´s schon zu spät, hehe. Aber wer weiss, vielleicht hat er die Platte ja selbst im Schrank stehen, er ist nämlich ein grosser Rockfan. Er kauft seine Platten immer bei Chris im Laden und hat echt einen ganz guten Geschmack.

Aber eigentlich ist "Prince of the rodeo" ja ein "Bestellungswerk", wie das mit Fachausdruck heisst. Das ist also ein Song, den sich jemand auf Bestellung hat schreiben lassen. In unserem Fall war das der Typ von Fatal Erection Rec. aus den USA, und der schrieb uns, er hätte gerne einen Song über die Homo-Rodeo-Cowboys.

Hä? Schwule Rodeo-Cowboys? Sowas gibt´s?

Tom: Ja klar! Das ist in den USA seit Jahren eine grosse Sache. Das sind so rumziehende Rodeo-Shows, die auch untereinander Wettbewerbe veranstalten. Und da gibt´s neben der "normalen" Rodeo-Szene auch eine reine Homo-Rodeo-Szene, kein Witz.

Ich schätze mal, diese Cowboys sind in schickem Blue Denim gekleidet.

Tom: Klar, aber nicht von Levi´s, sondern von Wrangler und Lee. Levi´s wird in den USA vor allem in den grossen Städten getragen, auf dem Land dagegen, bei den echten Cowboys, sind nur Wrangler und Lee angesagt.

"Humiliation street"

Tom: Das ist unsere Power-Ballade auf dem Album, unser "Gimme danger". Wir sind verdammt stolz drauf.

Hank: Da spielt auch Aslak Rebellion mit, Runes Vater. Er spielt das Saxophon.

"Rock against ass"

Hank: Das ist der ultimative Song über die Rock´n´roll-Kultur, darüber, wie man mit Rock´n´roll die Menschheit bekämpft.

Tom: Natürlich auf positive Weise, hahaha.

Hank: Der Song handelt davon, wie schwer das grosse Rockbusiness zu kontrollieren ist - genau wie ein grosser Schwanz. Throw that rock straight at the ass! Now!

Tom: Das ist gefährlich, Mann!

"Are you ready (for some darkness)"

Hank: Das ist eine weitere Deathpunk-Hymne, wenn auch etwas glam-mässiger als die anderen. Ein vorzüglicher Song, wie ich finde.

Dann haben wir da noch "Good head" - äh, der Titel ist ja einigermassen deutlich.

Tom: Findest du? Den Song kennt man ja schon von der VIKINGS-Single. Ich hatte plötzlich dieses Gitarrenriff im Kopf, den Refrain auch, und als ich das Knut und Steve vorspielte, waren sie beide begeistert. Knut hat den Text dazu geschrieben - sein erster Text übrigens. Naja, und wir haben jetzt einen Turbo-Song daraus gemacht.

Hank: Damit den Titel niemand falsch versteht: Es handelt sich hierbei um ein Fussball-Lied. Einer von den NEW BOMB TURKS hat mal gesagt, "Good head" sei die Hymne des nächsten Jahrtausends, und ein Kerl in Deutschland fragte uns, was für ein Gefühl es denn sei, den besten Rocksong der Welt geschrieben zu haben. Ein gutes Gefühl, haha.

"Don´t say motherfucker, motherfucker"

Hank: Das ist ein Song über kleine, blöde Feiglinge, die sich als harte Kerle aufführen. Aber es gibt ja zum Glück die mächtigen Turbos, die mit dicken Muskeln bepackt lächelnd und lachend diesen Würstchen Sand ins Gesicht kicken. Und dann müssen die weinen. Und wollen auch so werden wie wir, wollen Gewichte stemmen und Steroide futtern. Aber das hat alles keinen Zweck.

Tom: Abgesehen davon wollen wir die Leute davon abhalten, sich so einer schmutzigen Sprache zu bedienen. Du sollst nicht fluchen! Nur die Turbojugend darf fluchen! Nur die Turbojugend darf dieses Spiel spielen! Ha! Ha! Ha!

"Back to Dungaree High"

Hank: Der Song handelt vom Leben der Denim Stars, also von uns. Es ist eine Neuauflage von "Denim devil".

Tom: Die Leute fragen uns immer, wie wir von der technischen Seite her diesen Sound hingekriegt haben, ich meine, es ist ja wirklich der intensivste Sound, den ich je gehört habe...

Hank: Nun, der Trick ist einfach der: Wenn beim Aufnehmen das Mischpult in Flammen aufgeht, ist man auf dem richtigen Weg.

Tom: Und man muss sich in Erinnerung rufen, dass die Gitarren bei diesem Song nicht mal verzerrt sind. Ehrlich, Euroboy und Rune verwenden keine dieser bescheuerten Fuzzboxes, sondern drehen ihre Verstärker einfach so laut wie nur möglich. Beim Bass ist das genauso. Und Euros patentiertes Gitarrenspiel à la "Greg Ginn vergewaltigt Mick Ronson", das sich durch die ganze Platte zieht, kommt von einem koreanischen 300 Mark Epiphone-Les Paul-Imitat, ergänzt um einen Tick klassisches Echo von ´74. Scheiss auf überteuertes amerikanisches Original-Equipment!

Hank: Genau! Eine Gitarre ist doch nur ein Stück lackiertes Holz, und der Zauber guter Musik kommt aus der Kreativität des Musikers und nicht von teurer Ausrüstung.

Bleibt zum Schluss noch die Frage, was es mit dem Cover-Artwork auf sich hat.

Tom: Auf dem Cover ist das mehrköpfige Kobra-Logo der SLA zu sehen, der Symbionese Liberation Army. Das war eine Gruppe amerikanischer Ex-Athleten, die in den Siebzigern für eine Revolution kämpfen wollten. Sie kidnappten Patty Hearst, die Erbin des Hearst-Zeitungsimperiums. Irgendwie lief dann aber was schief und Patty schloss sich unter dem Namen Tania der Gruppe an und wurde eine begeisterte Bankräuberin. Letztendlich wurden alle erschossen, ausser Tania, die heute eine Hundezucht betreibt. Naja, und da alle in der Band früher begeisterte Sportler waren, dachten wir das passt zu uns.