CONMOTO

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Immer in Bewegung

CONMOTO aus Limburg an der Lahn haben mit „Cut Cut Cut“ für mich eine der besten Platten des ausklingenden Jahres veröffentlicht. Auch wenn es das Debüt von CONMOTO ist, stecken mit Sarah, Olei und Markus drei alte Hasen hinter der Band, die mit den 2008 aufgelösten BUBONIX diverse Klassiker eingespielt und sich durch ihre mitreißenden Liveshows einen ausgezeichneten Ruf erspielt hatten. Vierter Mann im Bunde ist der neue Trommler Manuel. Ich unterhielt mich mit der Band vor ihrem grandiosen Auftritt im Waldmeister in Solingen.

Eure Vorgängerband hieß BUBONIX, eure aktuelle CONMOTO. Woher kommt der Hang zu leicht merkwürdigen Bandnamen?

Markus: CONMOTO geht auf Kurt Ebelhäuser von BLACKMAIL und SCUMBUCKET zurück, der auch unser Tonmann ist. Auf der letzten SCUMBUCKET-Platte gab es einen Song namens „Conmoto“. Der besteht im Grunde nur aus einem Riff, das sich immer mehr steigert. Den fanden wir gut und haben dann geschaut, was „Conmoto“ bedeutet, nämlich „in Bewegung“. Und weil wir Tanzmucke machen wollen, dachten wir uns, dass der Name genau richtig wäre. BUBONIX kam von „bubonic plague“ und heißt so viel wie Beulenpest. BUBONIC PLAGUE war aber als Name zu lang, da wurde er zu BUBONIX verkürzt. Stimmt doch, Olei, oder?

Olei: Alles richtig.

Fällt es euch schwer, wieder neu anzufangen? Ihr seid ja viel unterwegs, aber nur an Wochenenden, oder?

Markus: Die BUBONIX waren auch immer nur eine Wochenendgeschichte. Wir werden halt älter und stehen mit beiden Beinen im Leben. Außerdem wohnt Sarah jetzt in Hamburg und da geht es gar nicht anders, als dass wir uns zu bestimmten Zeiten am Wochenende verabreden, um zu spielen. Dann haben wir mit Manuel einen Lehrer in der Band, der sich nicht mal eben außerhalb der Ferien frei nehmen kann.

Sarah: Es ist natürlich nicht leicht, wir müssen uns viel neu erspielen. Bei Magazinen hat die Redaktion gewechselt und beim Publikum ist teilweise eine ganz neue Generation da. Aber das finden wir sehr sympathisch, gerade solche Auftritte wie hier im Waldmeister. Es ist definitiv schwer, kein Stammpublikum mehr zu haben, aber es ist auch eine Herausforderung und tut uns gut.

Olei: Was das Buchen von Shows angeht, hatten wir wegen der ganzen Kontakte von früher eigentlich keine Schwierigkeiten. Wir machen das schon seit über fünfzehn Jahren und haben viele Freunde und Bekannte in der ganzen Republik. Da hat ein Telefonat gereicht. Die Resonanz bei den Konzerten war bislang super gut, egal ob 40 oder 140 Leute da waren. Es herrschte immer eine tolle Stimmung, man versteht sich und hat viel Spaß zusammen. Wir haben alle unsere Jobs, haben Kinder, und wenn andere Menschen am Wochenende Fußball spielen oder Playstation zocken, machen wir eben Musik, gucken uns das Land an und treffen Freunde.

Markus: Was das Thema Freunde treffen betrifft: Wir haben neulich in Hannover gespielt, da gab es früher einen Verein namens Kurkonzerte. Die hatten über viele Jahre Konzerte veranstaltet und haben sich aufgelöst. Wir haben dann, weil wir die Kontakte noch hatten, wegen einer Show angefragt, und die haben sich dann extra wegen uns noch einmal zusammengerauft und ein Konzert organisiert. Das finde ich ganz großartig.

Als ihr im Juni auf dem Kalkwerkfestival in Diez gespielt habt, war das glaube ich euer erstes Konzert. Da wart ihr noch nervöser als heute, oder?

Sarah: Ja, sehr.

Markus: Es war schon unser drittes Konzert auf dem Kalkwerkfestival damals. Man wünscht sich eben immer eine perfekte Show, ohne dass einem die Saiten reißen und diesen ganzen Terz, aber nach inzwischen zwölf Shows kommt das Ganze aus dem Bauch und nicht mehr aus dem Kopf, wo man ständig nachdenkt, was als nächstes gespielt wird.

Ganz nach dem Motto, wenn du nachdenken musst, welches Riff als nächstes kommt, hast du schon verloren?

Markus: Ganz genau, das war auf dem Kalkwerkfestival definitiv noch so.

Sarah: Man spielte auch irgendwie vor Familie und Freunden, und das mit Tausend multipliziert, das macht einen schon nervös.

Beim Soundcheck eben hat man aber deutlich gemerkt, dass ihr Profis seid. Zwei kurze Songs, ein oder zwei klare Ansagen und das war’s. Anfängerbands brauchen da oft Stunden und testen jedes Effektgerät durch.

Olei: Das habe ich aber auch schon anders erlebt. Es gibt Leute, die das schon sehr lange machen, dennoch einen riesigen Bohei veranstalten und den Sound bis ins Letzte austüfteln. Aber darum geht es ja gar nicht. Auch nicht darum, das Set perfekt zu spielen. Es darf mal ein Verspieler vorkommen, es darf Ecken und Kanten haben, das ist doch ganz natürlich. Wir sind da eine sehr harmonische Band. Jeder weiß, was er macht, und daher geht das so schnell. Da wird aufgebaut und zack, ist der Soundcheck fertig.

Habt ihr Noisolution eigentlich lange bitte müssen, die Platte zu veröffentlichen?

Sarah: Arne von Noisolution war erst ein wenig unsicher, was ja verständlich ist bei einer neuen Band, die von vorne anfängt. Und dass ich den Gesang übernahm, war ja auch neu und das konnte er nicht einschätzen. Er merkte aber schnell, dass wir da sehr viel Herzblut einfließen lassen, und als er die ersten Demos hörte, fand er es schon gut und hat einfach großes Vertrauen in uns gehabt.

Markus: Wenn du auf Pause drückst, erzähl ich dir die Wahrheit, haha.

Sarah: Aber das war doch so!

Markus: Na ja, ab dem Moment, als Olei und ich mit Manuel CONMOTO gründeten, bin ich Arne auf den Sack gegangen und habe gemeint, dass wir eine myspace-Seite machen und ob ich unter Plattenlabel Noisolution hinschreiben könne. Ich habe Arne dann einfach etwas mit dem iPhone aufgenommen. Er meinte nur, dass er da gar nichts hören könne, worauf ich entgegnete, er solle halt genau hinhören, und ich würde einfach Noisolution als Plattenfirma hinschreiben, haha. Ich habe ihn da ein wenig geärgert. Arne ist ein sehr guter Freund und Noisolution eine saugeile Plattenfirma. Wir arbeiten jetzt schon seit über fünf Jahren zusammen, erst mit den BUBONIX und jetzt mit CONMOTO. Er ist ein guter Freund und wir haben auch gar nicht erst woanders nachgefragt.

Einer eurer Songs heißt „14 Punkte Flensburg“. Wie schafft man das? Dreimal mit dem Bandbus auf der A3 bei Limburg den Elzer Berg runter und sich blitzen lassen?

Sarah: Haha, nein, die vierzehn Punkte gehören mir ganz allein. Die sind immer noch aktuell. Ich hatte mal einen schweren Autounfall, das waren direkt mal sieben Punkte. Ich bin mit 140 Sachen irgendwo dagegen geknallt und da war noch jemand dabei. Ich wurde verurteilt wegen schwerer Körperverletzung. Und dann bin ich immer zu schnell gefahren. Hier ein Punkt, da ein Punkt und zack, vierzehn Punkte! Ich fahre notorisch zu schnell. Ich heize jetzt nicht mehr, habe auch kein Auto mehr. Ich darf auch nicht mehr zu schnell fahren, sonst ist mein Führerschein wieder weg, sechs Monate war er es schon. Ich war auch brav bei Kursen für unbelehrbare KFZ-Halter und war die jüngste Person, die jemals da war und dann auch noch weiblich.

Also warst du beim so genannten „Idiotentest“?

Sarah: Ja, so ähnlich. Das Lied ist ein wenig an mich und meine eigene Dummheit gerichtet. Das Ganze ist mir schon etwas peinlich.

Sarah, im Ox hat jemand über dich geschrieben, dass du wie Yvonne Ducksworth für Arme klingen würdest. Dabei hieß es doch früher immer, dass Yvonne Ducksworth wie H.R. von den BAD BRAINS für Arme klingen würde. Komisch, oder?

Sarah: Haha, wie geil! Jetzt, wo du es sagst, stimmt. Abgesehen davon ist die ungefähr sechzig Jahre alt, oder? Wie alt ist die? Vierzig oder fünfzig, oder? Egal ...

Olei: Abgesehen davon sieht man an so einem Statement auch, wie die Leute einen sehen. Nur, weil wir Sarah am Gesang haben, uns mit einer alten Hardcoreband zu vergleichen – da haben die Leute wohl nicht richtig hingehört. Dazwischen liegen doch Welten. Man kann ja auch nicht METALLICA mit den ROLLING STONES vergleichen. Das passt vom Alter nicht, von der Musik nicht, die Personen sind auch anders. Im Ox stand ja auch etwas von der digitalen Generation, die Krach machen will. Wir sind mit Vinyl groß geworden. Ich war 1992 auf meiner ersten Hardcoreshow, damals, als Hardcore noch Hardcore war.

Wie schreibt ihr Songs? Jamt ihr drauf los oder kommt jemand mit einer Idee, die dann ausgearbeitet wird?

Sarah: Wir sind keine Jamband. Es ist eher so, dass jemand eine Idee hat und vorstellt. Entweder wird sie dann sofort verworfen – die Wege sind da sehr kurz bei uns, was ich sehr gut finde –, oder sie wird ausgearbeitet.

Olei: Markus, Sarah und ich spielen ja schon sehr lange zusammen und da geht es immer sehr schnell mit der Umsetzung einer Idee. Manuel ist frisch dabei und spielt immer sehr breaklastig, bringt sich auch immer gut ein und gibt den Songs das gewisse Etwas.

Wie ist denn das Musikmachen jetzt in klassischer Bandbesetzung mit nur zwei Gitarren und ohne elektronischen Schnickschnack?

Markus: Viel entspannter. Ich spreche da jetzt nur für mich. Die letzte BUBONIX-Platte „Capsaicin“ ist ja viel verspielter auf der Gitarre als all das, was wir die Jahre zuvor gemacht hatten. Wenn wir mit den BUBONIX weiter gemacht hätten, hätte ich gewollt, dass wir wieder härteren Sound machen, den ganzen Schnickschnack weglassen und wieder auf den Punkt Musik machen. Wir waren immer eine Band, die sich auf der Bühne ausgepowert hat. Aber bei der „Capsaicin“-Tour war das anders, weil man ständig irgendwelche Pedale bedienen musste.

Olei: Es ist ja auch so, dass Markus, Manuel und ich Kinder der Neunziger sind, Markus sogar der Achtziger, und wir wollten wieder back to the roots und den alten Hardcore aufleben lassen. METALLICA oder SICK OF IT ALL waren die großen Einflüsse, und ich könnte jetzt noch mehr aufzählen. Da kommen wir her und da wollten wir wieder hin.

Und jetzt passt auch alles wieder in einen Kombi, oder wie?

Sarah: Ja, fast. In zwei vielleicht.

Markus: Schwieriger ist es jetzt aber, wenn wir uns mal streiten. Bei den BUBONIX waren wir immer mit neun Leuten unterwegs und konnten uns gut aus dem Weg gehen. Wenn ich mich jetzt mit Olei zanke und er sich einen von den beiden schnappt, bleibt mir nur noch einer, den ich auf meine Seite ziehen kann, haha.