TERRIBLE FEELINGS

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.. über Punk in Schweden

Feinste Pop-Punk-Tunes mit dunklen Endzeitlyrics und weiblichem Gesang? So was gibt’s immer mal wieder im hohen Norden, aktuell finden sich da zum Beispiel die hochgelobten TERRIBLE FEELINGS. In Schweden tickt man halt einfach ein wenig schubladenloser als im Rest der Welt. Ein paar Auskünfte darüber und einige Insidertips für die schwedische Punk-Szene gibt Frontfrau Manuela.

Wie sieht’s derzeit aus im schwedischen Musikuntergrund?

Oh, da könnte ich ja weit ausholen, so viel Zeit hast du gar nicht ... Ich werde mich mal auf Malmö beschränken, da kenne ich mich einfach am besten aus. In Malmö gibt’s ein stetiges Auf und Ab. Es gab ein Haus, in dem regelmäßig Punk-Shows stattgefunden haben, aber das haben sie letztes Jahr geschlossen. Jetzt ist man immer noch auf der Suche nach geeignetem Ersatz, deswegen gibt es zur Zeit einige seltsame Sachen wie Konzerte in Pizzerias und anderen Restaurants, wenn keine „essenden Gäste“ mehr da sind, oder Gigs in Galerien. Die Veranstalter und auch andere Leute, die sonst eher solche Kunstkisten gemacht haben und wenig mit Punk zu tun hatten, versuchen jetzt, das drohende Vakuum abzuwenden. Man rückt einfach näher zusammen. Das führt natürlich auch dazu, dass das Publikum jetzt viel durchmischter ist als vorher. Punk und Indie stehen sich dadurch viel offener gegenüber, eigentlich eine sehr spaßige Angelegenheit.

Wo stehen TERRIBLE FEELINGS in diesem Zusammenhang?

Wir sind eine Pop-Band mit Punk-Wurzeln. Das trifft es eigentlich ziemlich genau. Vor allen Dingen unser Drummer und ich sind seit vielen, vielen Jahren in der Punk-Szene aktiv, organisieren und gehen auf Punk-Konzerte und dergleichen mehr. Wir sind sicherlich keine Gralshüter, aber in unseren Augen spielen wir immer noch Punk. Viele grundlegende Elemente unserer Musik kommen allerdings tatsächlich aus dem Pop-Bereich, also kann man uns durchaus auch als Pop-Band bezeichnen. Wir würden uns selbst eher als D.I.Y.-Band bezeichnen, wir wollen es auf unsere Weise machen, das heißt für uns: Pop-Musik so ummodeln, dass sie immer ein wenig von dem Gewohnten abweicht.

Was hat euch musikalisch wesentlich beeinflusst?

Das ist sehr bunt gemischt. Oft werden wir mit den MURDER CITY DEVILS, RED KROSS oder den WIPERS in Verbindung gebracht, und es ist tatsächlich auch so, dass wir uns da anlehnen, weil wir diese Sachen auch gehört haben. Dann gibt es noch GORILLA ANGREB und diese ganze dänische Ecke, die damit angefangen hat, Pop mit Punk zu vermischen, das war so anders als der Rest zu dieser Zeit, mich hat das richtig elektrisiert. Ich mag außerdem Garage-Rock, zum Beispiel Jay Reatard, LOST SOUNDS und was da sonst noch aus Memphis kommt.

Finden sich auch schwedische Einflüsse in eurer Musik?

Ja klar, CORTEX zum Beispiel oder was Gitarrenmusik angeht auch Thåström, der früher ja Sänger bei der Punkband EBBA GRÖN war. Seine Solosachen sind sehr dunkel und depressiv, aber gleichzeitig auch poppig. Der Gitarrist seiner Live-Band, Pelle Ossler, macht übrigens auch ganz gute Sachen.

Bitte gib uns ein paar Geheimtips zu hörenswerten schwedischen Bands.

Da gibt es eine Band namens KLUBB TOTAAL aus Göteborg, die spielen so eine Art poppigen Surf. Außerdem sind da noch HEADED FOR DISASTER aus Stockholm, das ist eher Trash, ihre Songs sind wirklich sehr smart. Andy, unser Drummer, empfiehlt Dennis Lyxzéns Band INVASIONEN.

... und besuchenswerten Venues?

In Göteborg gibt es den „Drugstop Alaska“, das ist die beste Venue in ganz Skandinavien, ganz ehrlich. Das ist richtig schön aufgezogen, immer gute Shows, tolle Leute, hier stimmt einfach alles. Leider gibt es in Schweden generell selten Konzerte in Kneipen oder Clubs, es gibt eher die Zweiteilung von Shows in reinen Konzerthallen oder in Bars mit Verzehrmöglichkeit. In den Bars kann man dann leider auch erst ab 22 Uhr auftreten, wenn keiner mehr essen will, und dadurch bekommt man natürlich schnell Probleme wegen der Sperrstunde, die ist für Bars in der Regel gegen ein Uhr. Ich hoffe, die Fronten lösen sich da in näherer Zukunft ein wenig auf.

... nicht zu vergessen lesenswerten Fanzines.

Eines meiner Lieblingsfanzines war das HDHC von unserem Drummer Andy. Das war echt verdammt gut, intelligent, aber gleichzeitig auch witzig. Er sagt zwar, er hätte keine Zeit und Lust mehr zu schreiben, aber ich hoffe noch immer, dass er eines Tages wieder damit anfängt. Außerdem gab’s da noch „Mina ögon!! Mina ögon!!“, übersetzt: „Meine Augen!! Meine Augen!!“, das habe ich ab und zu gelesen. Mein Freund Marko hat gerade die erste Nummer von „Levande Begravd“‚ also „Lebendig begraben“ herausgebracht, das wird in ein paar Ausgaben sicher auch richtig gut sein. Das beste schwedische Fanzine ever ist jedenfalls das Denimzine, eine gelungene Mischung aus Garage, Rock’n’Roll, Punk und Nonsensgeschwätz. Über das Denimzine habe ich wirklich einige neue interessante Bands kennen gelernt. Leider wurde die letzte Ausgabe 2009 aufgelegt. Ich vermisse es sehr.