THISQUIETARMY

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Investition und Risiko

Eric Quach ist ein ebenso aufgeschlossener wie eloquenter Gesprächspartner. Fast verwunderlich, denn der unterkühlte Sound seines Soloprojekts THISQUIETARMY, dessen letztjähriges Album „Resurgence“ auf Denovali erschien, lässt eher an einen Elfenbeintürmler denken. Die zahlreichen Split-Releases und Erics Bandvergangenheit bei DESTROYALLDREAMERS sprechen jedoch für etwas anderes. Klar, dass hinter einem so umfangreichen Backkatalog ein Mann steht, der liebt, was er tut und der sein Schaffen als Gesamtkunstwerk betrachtet. Eric ist aber auch Realist, der den Fortschritt im Auge behält und nichts von Luftschlössern hält.

Eric, du veröffentlichst nicht nur alleine Musik, sondern bist auch sehr kooperationsfreudig, aber was sind für dich die Vor- und Nachteile der Arbeit allein?

Der offensichtliche Vorteil ist die Freiheit zu tun, was immer man tun will, in der Art, wie man es tun will, ohne dabei von anderen abhängig zu sein. Jeder, der einmal in einer Band war, weiß, wie nervig es sein kann, mit anderen zusammenzuarbeiten. Da sind viele Kompromisse notwendig, die verschiedenen Egos sorgen für Spannungen. Kreativ zu sein, ist für mich ein essentielles Bedürfnis und ich bin dankbar, jederzeit die Möglichkeit zu haben, dem ohne Einschränkungen nachgehen zu können. Kreativ muss man vor allem sein, weil man in seinen Möglichkeiten beschränkt ist und seine Ressourcen ausschöpfen muss, um etwas zu erschaffen, das den eigenen Ansprüchen genügt, für sich allein stehen und sich durchsetzen kann.

Wie profitierst du von Kollaborationen?

Die Dynamik ist eine ganz andere. Es ist großartig, mit jemand anderem zusammen zu arbeiten, vor allem, wenn dich diese Person aus deiner eigenen Bequemlichkeit reißt und deine Kreativität zu fließen beginnt, wie sie es niemals allein könnte. Man kann ja außerdem nicht die ganze Zeit misanthropisch sein, irgendwann wird man einsam, zu seinem eigenen Feind.

Das Internet macht es möglich, trotz geografischer Distanz miteinander Songideen auszutauschen. Triffst du dich lieber persönlich mit den anderen oder nutzt du das Internet?

Das ist ganz verschieden. Scott Cortez von LOVELIESCRUSHING habe ich nie persönlich getroffen, alles lief über das Internet. YELLOW6 aus England waren für ein Festival in Montreal, und obwohl wir an dem Abend sehr müde waren, gingen wir total erschöpft ins Studio und nahmen stundenlang auf. Aidan Baker kenne ich seit 2004. Unsere erste Zusammenarbeit lief über das Netz, was mir in dem Moment sehr recht war, da ich mich damals bei Live-Improvisationen und -Aufnahmen noch nicht so wohl fühlte wie jetzt. Für „A Picture Of A Picture“ wollten wir allerdings zusammen in einem Raum sein. Die Resultate sind bei beiden Alben meiner Meinung nach komplett unterschiedlich ausgefallen. In gewisser Weise ist es einfacher und spontaner, wenn man sich im wirklichen Leben trifft. Da sind außerdem die Umstände des Austauschs: genau dieser Ort zu genau dieser Zeit. Das kann das Endresultat beeinflussen. Andererseits gewinnt man durch das Internet mehr Zeit, um über den gesamten Prozess nachzudenken, Teile neu einzuspielen oder mit Overdubs zu arbeiten. Ich mag beides, denke aber, dass es in Hinsicht auf die Vielzahl der Online-Kollaborationen heutzutage wesentlich beeindruckender ist, sich tatsächlich zu treffen und eine menschliche Verbindung entstehen zu lassen.

Neben der Musik betreibst du ein Label und einen Mailorder. Das scheint finanziell aufzugehen, schließlich gehst du momentan nicht deiner Arbeit als Ingenieur nach.

Ich mache gerade eine Pause von meinem Beruf, die ich nach sieben Jahren dringend nötig hatte. Ich lebe nicht von der Musik, sondern habe einiges gespart. Das ermöglicht mir, mich auf die Musik zu konzentrieren und herauszufinden, wo das hinführt. Das, was die Musik abwirft, ist nicht viel und wird sofort wieder investiert in neues Equipment oder was immer nötig ist, um mich künstlerisch fortzuentwickeln. Finanziell betrachtet bringt es allerdings mehr, allein zu arbeiten als in einer Band wie DESTROYALLDREAMERS, mit der wir – wie die meisten Bands – konstant Geld verloren haben. Nach einer Weile lohnt es sich nicht mehr, ein Projekt zu verfolgen, selbst wenn man sehr stolz darauf ist. Ein wirklicher Geschäftsplan steckt bei mir aber nicht dahinter. Ich habe lediglich einen Weg gefunden, auf eine Art zu arbeiten, die meinen Vorstellungen entgegenkommt. Letztlich ist es jedoch schwieriger, allein zu arbeiten und alles selbst organisieren zu müssen. Im Endeffekt bedeutet so ein Projekt immer viel Arbeit. Mal schauen, wie lange ich es schaffe, so zu überleben, aber irgendwann werde ich wohl wieder einen wirklichen Job annehmen. Mit Musik genug Geld zu verdienen, um davon zu leben, wird wohl immer ein Luftschloss bleiben.

Vor kurzem hast du „Unconquered“ auf Denovali wiederveröffentlicht, parallel zum Release von „Resurgence“, und beide Alben sind auf Vinyl erhältlich. Drastisch ausgedrückt scheint es fast überholt, überhaupt noch physische Tonträger zu veröffentlichen. Einige Labels und einzelne Acts spezialisieren sich mittlerweile sogar auf den Verkauf von Downloads. Warum entscheiden sich Musiker sowie Fans deiner Meinung nach immer noch für Tonträger, speziell für Vinyl?

Alles kann digital existieren, weil die technologische Entwicklung das möglich gemacht hat. Digitale Alben können digitales Artwork haben, was wiederum Sinn ergibt, da Musik mittlerweile mit digitalen Hilfsmitteln geschaffen wird. Insofern mag es leider logisch sein, dass Tonträger obsolet sind. Ein Album als Download zu veröffentlichen, ist aber zu einfach. Es fehlt ein wirkliches Statement zu der Arbeit, niemand steht wirklich dahinter. Wenn man ein Label findet, das gewillt ist, ein Album zu veröffentlichen, bedeutet das eine Investition und ein Risiko zugleich. Dabei stehen viele Dinge auf dem Spiel, was gleichzeitig davon zeugt, dass die Arbeit in den Augen des Labels etwas wert ist und wie fest sie daran glauben. Dasselbe kann man über Leute sagen, die ihr hartverdientes Geld für Vinyl ausgeben. Zudem nehmen wir Musik nicht als mp3s auf – schließlich handelt es sich nur um ein Subformat, das ursprünglich Speicherplatz sparen sollte, bei dem die Qualität jedoch entschieden abnimmt. Für Künstler bedeutet das also, einen Kompromiss einzugehen. Außerdem ist für mich ein Album nicht komplett, bis ich das gesamte Artwork zusammen habe – es ist ein wichtiger Aspekt des Ganzen, es drückt aus, wie der Sound einer Platte aussehen würde. Wenn Fans noch wirklich Kunst und Musik lieben, dann werden sie sich für das physische Produkt entscheiden.