FRAU POTZ

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... ist richtig sauer.

Seit den ersten öffentlichen Lebenszeichen von FRAU POTZ mit dem Song „Von Anfang“ und dem Video zu „Ach, Heiner“ geht es hoch her um die Band aus und um Hamburg. Oft dreht es sich dabei um die Vergangenheit des Sängers Felix bei ESCAPADO. Eigentlich sollte aber wirklich niemand erst diese Information brauchen, um sich für FRAU POTZ zu interessieren. Die Typen holen aus und treffen mitten in die Fresse. Das Debüt „Lehnt dankend ab“ lässt keinen Zweifel daran, dass diese Band ziemlich sauer ist. Unterhält man sich dann aber mit Bassist Hauke und Schlagzeuger Jens stellt man fest, dass man es mit bodenständigen Menschen zu tun hat, die einiges zu sagen haben.

In „Geh, Affe, geh!“ klingt die Abneigung gegen Plattenkritiken an. Ist das ein Ablehnen des Musikjournalismus generell? Habt ihr selbst blöde Erfahrungen gemacht?

Hauke: Felix hat in Zeiten von ESCAPADO ein bisschen mitbekommen, wie das so läuft. Als Fan stellt man sich das vielleicht sehr romantisch vor. Als ob Musikjournalisten nur über das schreiben, was sie auch mögen. Aber man weiß, dass viele auch anders arbeiten. Und sobald das Wort gedruckt ist, ist es die Wahrheit. Bei Musik ist so etwas ganz schwer. Wenn mir ein Kumpel eine Platte empfiehlt, ist das etwas anderes. Man kann nicht einfach sagen, dass eine Band scheiße ist. Ich gucke beim Lesen immer welche an, die am wenigsten Punkte bekommen haben, weil ich das am spannendsten finde. Oft sind Rezensionen langweilig zu lesen.

Eure Themen sind für das Genre momentan eher ungewöhnlich. Wenn ihr zum Beispiel von Liebe singt wie in „Skelbe“, dann habt ihr da einen anderen Ansatz. Ist dieses Ungewöhnliche euer Anspruch beim Texten?

Hauke: Viele Bands machen so verschachtelte Texte und irgendwann nervt das mal. Bei uns soll alles klipp und klar sein und auch gar keinen Interpretationsspielraum lassen.

Jens: Es geht darum, zu sagen, was man denkt, und seine Meinung nicht zu verstecken.

Im Bandinfo auf eurer Seite sagt ihr ausführlich, wie man euch verstehen könnte oder vielleicht auch sollte.

Hauke: Der Text wurde nicht von uns geschrieben, sondern von unserer Freundin Valeska. Wir sind damit aber sehr zufrieden. Wenn man etwas missverstehen will, kann man das trotzdem wohl immer.

Jens: Ja, also Unsinn wird sowieso geredet. Dagegen kannst du nichts machen, nur versuchen, dem auf diesem Weg vorzubeugen. Das sollte auch der Anspruch sein.

FRAU POTZ gibt es jetzt seit drei Jahren. Wieso gibt es erst jetzt die Platte?

Hauke: Wir sind nicht die Schnellsten. Felix hat ja auch bei ESCAPADO gesungen und das hatte zu dem Zeitpunkt Priorität für ihn. Ein Album zu machen, kostet außerdem echt viel Geld. Mit Kurt Ebelhäuser waren wir uns schon ein Jahr vorher einig, aber das Geld mussten wir erst zusammenkriegen.

Wie kam die Zusammenarbeit mit Kurt Ebelhäuser zustande?

Hauke: Felix war mit ESCAPADO da, hat ihm Demos von uns gegeben und Kurt fand die super und hat uns angeboten, die Platte zu produzieren. Vor allem die letzte PASCOW-Platte war für uns der Grund, warum wir das gern mit ihm machen wollten. Und wir sind auch total zufrieden damit, wie die Platte jetzt klingt. Und es ist nicht leicht zu bewerkstelligen, dass wir nicht meckern.

Die Platte sprüht ja doch ziemlich vor Wut. Ihr ärgert euch auch viel über Szene-Getue. Gehört ihr überhaupt in diese Punk-Szene hinein, setzt ihr euch in so einen Kontext?

Hauke: Ich glaube, wenn wir damit gar nichts zu tun haben wollten, wären wir in einem Club wie dem Aetherblissement hier Köln heute falsch ... Wir hören und spielen ja auch mit anderen Bands wie Conmoto und das ist ja dann schon irgendwie Szene. Szenen funktionieren nach Dogmen und das ist unser Streitpunkt. Das Problem ist nicht das Zusammengehörigkeitsgefühl.

Jens: Das sind auch zwei verschiedene paar Schuhe, ob man was mit der Szene zu tun haben will oder ob man sich da zugehörig fühlt.

Hauke: Ich gehe auch selbst zu gern zu Konzerten in Hamburg und fühle mich da schon als ein Teil von alldem. Ich kann mich nicht immer davon ausnehmen, was Felix textet. Da findet man natürlich auch Sachen, die bei einem selbst stattfinden. Man muss aber auch als Teil von FRAU POTZ kritisch damit umgehen.

Jens: Ich bewege mich privat in einer ganz anderen Szene. Ich wohne auf dem Dorf, habe ein geregeltes Familienleben, einen festen Job und gehe wenig auf Konzerte. Deswegen stecke ich nicht so tief drin, was aber nicht heißt, dass ich mit der Szene nichts zu tun haben will.

Was wären solche Dogmen, von denen du gesprochen hast?

Hauke: Man kann bei Kleidung anfangen, oder auch beim Vegetarismus. Das findet man bei dieser Straight-Edge-Hardcore-Szene zum Beispiel. Es nervt mich, wenn mich jemand bequatscht, weil ich rauche.

Jens: Ich bin kein Vegetarier, habe aber auch kein Problem damit, vegetarisch zu essen. Ich würde selbst nicht damit anfangen. Das stößt Felix und Hauke nicht auf und mir nicht, dass ich vegetarisch essen „muss“.

Welche Bedeutung haben Fanzines für euch?

Hauke: Wir haben ja selbst mitbekommen, wie wichtig es ist, dass es Fanzines gibt, weil wir da viel stattfinden. Wir hatten gerade ein Radio-Interview und der Typ hat gesagt, dass man im Moment gar nicht mehr an FRAU POTZ vorbeikommt. Also ich denke, Fanzines sind immer noch total wichtig. Viele Menschen sind, glaube ich, erst über solche Quellen auf uns gekommen. Früher habe ich mehr Fanzines gelesen als heute, auch wegen des Studiums. Aber ihre Bedeutung hat nicht abgenommen.

Jens: Ich bin erst durch die Jungs auf Fanzines gekommen. Vorher habe ich so was gar nicht gelesen. Jetzt gucke ich mir das aber auch öfter mal an.

Ich hab zur Vorbereitung dieses Interviews ein paar andere Interviews mit euch gelesen und da habt ihr so ein bisschen genervt gewirkt. Ist der Eindruck richtig?

Hauke: Also das hier gerade finde ich gut. Manchmal, wenn man das per Mail machen muss, wird’s ein bisschen stressig, weil die Leute auf die Abgabetermine pochen, dann ist das anstrengend. Solange jemand aber Interesse an einer Band hat, egal, ob es um ein Interview geht oder ein Gespräch nach dem Konzert, ist es nur fair, wenn man sich dem auch stellt und mit demjenigen redet. Schade, wenn wir da genervt wirken.

Jens: Wir unterhalten uns auch darüber, wenn da eine Anfrage kommt. Ich glaube, manche Sachen, die wir in Interviews sagen, muss man gar nicht so ernst nehmen.

Hauke: Vielleicht ist das einfach unser norddeutscher Humor, bei dem man manchmal nicht merkt, dass wir witzig sein wollen.

Jens: Und wer eine Ja/Nein-Frage stellt, bekommt auch ein Ja/Nein-Antwort. Und wenn man zum hundertsten Mal gefragt wird, wie man auf den Namen gekommen ist ... Da kann es auch mal sein, dass man eine kurze dämliche Antwort gibt.