Troy Mowat (7 SECONDS)

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My Little Drummerboy – Folge 15

Für jeden musikinteressierten Menschen gibt es wohl diese eine, besondere Platte, die seinen musikalischen Werdegang mehr beeinflusst hat als jede andere danach. Als 1984 „The Crew“ erschien, war in meiner kleinen Welt nichts mehr so wie es davor war, und umso schöner ist es zu sehen, dass 7 SECONDS auch 30 Jahre nach ihrer Bandgründung immer noch auf Tour sind. Troy Mowat ist sicherlich nicht der größte Techniker unter den Schlagzeugern unserer Zeit, hat aber mit seinem Stil sicherlich hunderte von Hardcore-Drummern maßgeblich inspiriert. Höchste Zeit also, ihn zu seiner musikalischen Passion zu befragen.

Troy, wie ging es vor Jahrzehnten mit dir und dem Trommeln los?

Eigentlich ganz klassisch. Ich habe so ziemlich auf allem rumgetrommelt, was bei uns zu Hause zu finden war. Hauptsächlich auf Tupperware und so Plastikzeugs, aber natürlich auch mit Löffeln auf Töpfen und allen anderen Dingen, die in der Küche frei herumlagen. Meine Eltern waren sehr locker. Das ging sogar soweit, dass mein Vater mir – später als ich ein Teenager war – meinen ersten Iro geschnitten hat.

Wann wurde dir klar, dass du wirklich Schlagzeuger werden wolltest?

Oh, das war so mit 16 Jahren. Ich habe damals mit meinem Vater in der Landschaftspflege gearbeitet und habe mir das Geld für mein erstes Schlagzeug verdient. Das hat damals 460 Dollar gekostet und ich hatte eigentlich keine Ahnung, wie man darauf spielt. Also habe ich einfach angefangen und es ging von Tag zu Tag besser. Wir haben uns dann immer mit Freunden getroffen und haben unsere erste Hardcore-Punkband namens URBAN ASSAULT in der Gegend vom Lake Tahoe gegründet. 1981 habe ich dann Kevin und Steve in Reno getroffen und in den folgenden Jahren haben URBAN ASSAULT, 7 SECONDS und viele andere Band aus der Szene in Reno eine Menge Shows zusammen gespielt. 1984 war ich dann der Drummer von 7 SECONDS und wir gingen auf unsere erste USA-Tour. Damals war ich 21 und ich liebte das, was wir da taten. Mir war klar, dass ich eigentlich nichts anderes machen wollte, und 30 Jahre später bin ich immer noch dabei.

Kommst du aus einer musikalischen Familie?

Nein, das kann man so nicht sagen. Meine Familie hat mich immer unterstützt in dem, was ich tat, aber musikalisch waren meine Eltern selber nicht. Mein Vater hat mich begleitet, als ich mein erstes Schlagzeug kaufte, aber die Kohle hatte ich selbst zusammengespart. Mein Bruder hat auf der Highschool ein bisschen Saxophon gespielt, aber das war es auch schon. Ich bin zur Musik gekommen, als ich das ganze frühe Punk-Zeug zu hören bekam. Das hat mich damals wirklich begeistert, weil es so total anders war, als der Rock’n’Roll-Kram, den man sonst so im Radio zu hören bekam. Meine musikalische Familie waren dann schon eher Kevin und Steve, weil die Musik mich wirklich vorwärts trieb. Die Inhalte waren wichtig und wir hatten – und haben – eine Botschaft zu vermitteln. Die Kombination aus sinnvollen Texten, vermittelt durch die Aggressivität in der Musik, war für mich der Grund, warum ich mich in der Band sofort zu Hause fühlte. Ich hatte wirklich das Gefühl, Teil von etwas Großartigem zu sein. Und ich glaube, heute ist die Botschaft wichtiger als je zuvor, denn wenn man sich das politische Chaos genau anschaut, durch das die USA gerade hindurch schlingern, wird einem wirklich übel. Vielleicht schaffen wir es auch heute noch, wenigstens ein paar Kids positiv zu beeinflussen.

Welche Art von Musik hast du gehört, bevor du mit Punk in Berührung kamst?

Während der Highschool bin ich mit dem ganzen Zeug aufgewachsen, das man so im Radio hört. Dann bin ich irgendwann mit dem Untergrund in Berührung gekommen und habe mich an den Wochenenden auf Underground-Shows herumgetrieben. Da gab es dann die SEX PISTOLS oder die RAMONES zu hören und das war einfach nur großartig. Das ganze Uraltzeug war damals so komplett anders und konnte wirklich noch Dinge verändern und die Jugend antreiben.

Als „The Crew“ 1984 erschien, konntet ihr noch nicht wissen, was diese Platte auslösen würde. Wie war damals dein persönlicher Eindruck, als die Platte fertig war?

Also zunächst mal waren wir sehr glücklich, dass wir die Platte aufgenommen hatten und alles gesagt hatten, was wir damals sagen wollten. Du hast natürlich Recht, dass wir keine Ahnung hatten, wie erfolgreich diese Platte einmal werden würde, denn uns gab sie damals einfach die Möglichkeit, etwas vorzeigen und dann auf Tour gehen zu können. Mehr kann ich dazu gar nicht sagen, denn wir waren wirklich junge Burschen, die an das geglaubt haben, was sie taten, und das noch heute tun. Ich glaube, „I still believe“ drückt dieses Gefühl sehr gut aus.

Hast du jemals Unterricht gehabt oder hast du dir alle Rhythmen selbst beigebracht?

Eigentlich habe ich mir fast alles selbst beigebracht. Allerdings habe ich mir ungefähr 15 Jahre später ein paar rudimentäre Grundlagen erklären lassen, nur um mich selbst weiter verbessern zu können. Ich hatte das Gefühl, an einem bestimmten Punkt nicht mehr weiterzukommen und habe mich dann mit Freunden getroffen, Tips ausgetauscht und verschiedene Grooves geübt. Mit anderen zusammen zu üben war dann schon eine tolle Erfahrung, die mir persönlich viel gebracht hat. Ansonsten habe ich eigentlich immer zu den Platten gespielt, die ich mochte, und habe mich dann einfach gefreut, wenn mir ein neues Fill-In gelungen war. Als wir mit der Band anfingen, gab es ja auch nicht viele Bands, die so schnell spielten wie wir, und wir mussten durch häufiges Üben zusehen, dass wir besser wurden und die Songs beherrschen konnten. Für diese Art von Musik gab es keinen Unterricht in der Schule. Nein, wir mussten uns schon alles selbst beibringen, um weiterzukommen. Als wir 1982/83 anfingen, an den Songs für „The Crew“ zu arbeiten, hatten wir unser Leben komplett auf unsere Musik fokussiert. Die Texte und die Botschaft dahinter waren uns so wichtig, dass wir wirklich wie eine zusammen geschweißte Einheit funktionierten. Da kam es nicht so sehr auf das einzelne Instrument an, sondern nur auf die Gesamtheit der Band.

Gab es andere Drummer aus der Zeit, bei denen du dir Sachen abgeschaut hast?

Byron McMackin von PENNYWISE oder Lucky Lehrer, der auf der ersten CIRCLE JERKS-Platte gespielt hat, waren schon großartig und machten mich schon ein bisschen nervös, aber eigentlich waren wir so auf uns selbst fixiert, dass ich mich lieber um mein eigenes Spielen als um das von anderen gekümmert habe. Als 15-jähriger Teenager freut man sich natürlich, wenn einem mal ein KISS-Drumsolo gelingt oder man ein Fill-In von John Bonham kopiert, aber das war eher die Ausnahme, weil es natürlich nichts mit Hardcore zu tun hat. Beim Hardcore ist es eher die Message, die dir direkt ins Gesicht geblasen wird, und der Drummer spielt dazu einen geraden Viervierteltakt mit 80 Meilen pro Stunde und dann ist der Song auch schon fertig. Viel Zeit für irgendwelche tollen Fills oder Tricks bleibt dir also nicht. Es gibt ein paar tolle Hardcore-Drummer, die das können, aber ich war immer froh, wenn ich die Songs sauber zu Ende gebracht hatte. Ich werde im September 49 und kann mit Stolz sagen: Hurra, ich kann jetzt endlich auch ein paar Fills spielen. Damit bin ich glücklich und zufrieden, denn beim Hardcore geht es ja zum Glück nicht um Konkurrenz zwischen Musikern, sondern um die Bewegung als Ganzes. Da ist es also ganz egal, dass es tausende von großartigen Drummern gibt, die bessere Breaks spielen können als ich.

Der Trick bei 7 SECONDS war ja auch immer, dass es nie irgendwelche Intros zu den Songs gab, oder?

Ja, da hast du völlig Recht. Ein Vorschlag auf die Snare und los ging der Song. Für meine Fähigkeiten ist das auch genau richtig so. Keine Soli, keine Gimmicks, die wir sowieso nicht hätten spielen können. Im Laufe der Jahre sind wir natürlich besser geworden und man hört bei den späteren Platten schon mal ein paar Dinge, die es früher nicht gab. Ich versuche jetzt schon, mit anderen Akzentuierungen zu arbeiten oder Parts im Song unterschiedlich zu betonen. Das kommt über die Jahre einfach hinzu. Ich liebe es auch, jetzt mehr Backing Vocals zu singen, und muss das dann natürlich mit dem Trommeln unter einen Hut bekommen. Aber letztlich geht es immer um die Energie in den Songs.

Ihr seid nach 30 Jahren immer noch dabei und es gibt eigentlich nichts Schlimmeres als Bands, die ihre alten Songs von Jahr zu Jahr langsamer spielen. Wie siehst du das Problem alternder Punkbands?

Haha, das stimmt genau, aber ich für meinen Teil arbeite sehr hart daran, das Tempo der Songs immer noch halten zu können. Ich möchte nie ein zauseliger Altpunk sein, der mit dem Timing seiner Songs Schwierigkeiten bekommt. Wenn das so wäre, würden wir hoffentlich sofort mit der Band aufhören. Es ist natürlich nicht immer ganz einfach, denn ich habe auch zwei Kinder, um die ich mich kümmern muss. Mein Sohn ist jetzt 22 und meine Tochter ist 18 und die beiden halten mich schon gut auf Trab. Insbesondere bei meinem Sohn muss ich gut aufpassen, denn der spielt auch Schlagzeug und ich will mir natürlich nicht sagen lassen: „Hey, alter Mann, kannst du nicht schneller spielen?“ Nein, ich arbeite wirklich hart, um meine Form zu halten, und hoffe, dass ich das hier noch weitere 40 Jahre machen kann, haha. Ich mache also viel Gymnastik und gehe Schwimmen, um fit zu bleiben. Ich mache sehr viel Stretching und Kevin und ich machen auf Tour viel Seilspringen, um uns ein bisschen körperliche Fitness zu bewahren. Und nein, zum Glück fühle ich mich noch nicht alt. Ich besuche bei uns zu Hause so viele Konzerte wie möglich, um so gut wie es irgend geht auf dem Laufenden zu bleiben, aber manchmal hat die Familie eben Vorrang.

Wann können wir mit einem neuen 7 SECONDS-Album rechnen?

Wir haben noch keinen wirklichen Plan, wann wir ein neues Album veröffentlichen werden. Es gibt natürlich schon viele neue Songs und Ideen für neue Songs, aber wir setzen uns da nicht unter Druck. Eine neue Platte wird kommen, aber wann das sein wird, kann ich heute noch nicht mit Sicherheit sagen. Wir warten einfach ab und irgendwann wird es soweit sein.