MUTINY ON THE BOUNTY

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Kampf den diktatorischen Regimes!

Nach ständigen Lobgesängen auf diese Konzeptband, die es vermag, mit ihrem Postcore starke visuelle Eindrücke heraufzubeschwören, sich selbst aber schön im Hintergrund hält, wirft das neue Album „Trials“, produziert von Matt Bayles (der bereits ISIS und MASTODON zum richtigen Sound verholfen hat), nun so manche Frage auf. Das Quartett ist bereits seit 2004 aktiv, erhielt kürzlich den Ritterschlag in Form eines Auftritts auf dem SXSW in Austin, Texas. Soweit die Fakten. Nun galt es aber, die mystische Aura der Luxemburger zu knacken. Wer so innovativ ist und dessen Stil sich so rasant entwickelt, der hat doch was zu verbergen!? Drummer Sacha Schmitz war so freundlich, ein paar Geheimnisse auszuplaudern.

Es gibt heutzutage viele Bands, die auf visueller Ebene ihre Musik unterstützen. Seht ihr euch selbst als Band, deren Ansatz über den bloßen Klang hinausgeht? Ist so etwas planbar?


Wir experimentieren eben sehr viel mit verschiedenen Ideen und Klängen und versuchten auch nie, wie eine bestimmte andere Band zu klingen. Darüber hinaus machen wir nichts absichtlich. Unsere zwei Gitarristen sind einfach totale Soundeffekt- und Fußpedal-Nerds, sie investieren viel Zeit in diese Spielereien und flippen dann total aus, wenn sie etwas Neues entdeckt haben. Für das neue Album haben sie viel mit Loops gearbeitet und auch künstliche Klänge benutzt, wie Orgel- oder Piano-Effekte, die man sehr deutlich auf „Trials“ hören kann. Es gibt nur einige echte Keyboardsounds, die von unserem Produzenten Matt Bayles eingespielt wurden.

Hat eure Musik auch einen politischen Hintergrund? Schließlich heißt ein Song „Myanmar“ und ein anderer „North Korea“.

Beides sind ja instrumentale Nummern und sie haben keine implizite politische Bedeutung für uns. Wir versuchen eben immer, die Atmosphäre des Songs einzufangen, wenn wir ihn benennen. Als wir „North Korea“ schrieben, haben wir eine Dokumentation über Touristen gesehen, die dort Urlaub machten. Diese Besucher wurden die gesamte Zeit ihres Aufenthalts ständig observiert und es entstand eine unerträgliche Spannung, zugleich ekelte uns diese Bespitzelung an. In dem Song gibt es ähnliche Spannungsbögen und auch aufgrund der seltsamen Klanglandschaften nannten wir ihn dann „North Korea“. Zwischen „North Korea“ und „Myanmar“ gibt es musikalische Parallelen, also benannten wir den anderen Track auch nach einem diktatorischen Regime.

Viele Musiker engagieren einen bekannten Produzenten, um einen tollen Sound zu bekommen. Kritiker dieser Vorgehensweise sagen, es ersticke den bandeigenen Klang. Gibt es diese Gefahr eurer Meinung nach wirklich?

Ich kann da nur für uns sprechen und ich finde, dass „Trials“ keine Ähnlichkeiten zu den anderen Alben hat, die Matt bisher produzierte. Jeder Produzent hat seine Handschrift und natürlich auch Wiedererkennungsmerkmale, aber man muss dabei schon den individuellen Geist eines Albums am Leben erhalten. Außer Matt hatten wir bisher keinen anderen Produzenten, also weiß ich nicht, wie sie arbeiten, aber Matt hat versucht, unseren Sound zu erhalten, uns aber zugleich motiviert, die Songs so gut und tight wie möglich einzuspielen.

So manche Band pflegt heute leider gewisse Rockstar-Attitüden, ihr jedoch zum Glück nicht. Statt Bandfotos gibt es die Texte im Booklet, ihr wirkt geerdet. Wird man schnell egozentrisch, wenn man auf die Bühne geht und die Leute einen beklatschen?

Erstmal: Fotos von der Band im Booklet sind fürchterlich! Manche Bands generieren diese Rockstar-Attitüde, wenn sie auf der Bühne sind. Dann ist es wohl eher Teil der Show. Wir denken nicht daran, so etwas zu tun. Wir veranstalten seit zehn Jahren Indie-Shows in Luxemburg und arbeiten teilweise auch in Venues, da hat man natürlich eine andere Perspektive. Man weiß, was hinter, auf und vor der Bühne passiert. Während man die technischen Details klärt, ist kein Platz für aufgeblasene Egos, soviel steht fest.

Im „Artefacts“-Video spielt ihr Gitarre in den Wäldern und lauft durch den Schnee, in eurem Artwork finden sich ebenfalls Bäume; all dies scheint kein Zufall zu sein. Existiert ein Konzept, an das ihr euch bewusst haltet?

Alles, was wir tun, machen wir als Band. Wir diskutieren viel, treffen dann die Entscheidungen. Diese Stimmigkeit in den genannten Bereichen, die so nach Absicht aussieht, ist tatsächlich aber bloßer Zufall gewesen. Anfangs dachten wir über das Artwork für „Trials“ nach und wir wollten unbedingt mit dem Künstler Kit Mason arbeiten. Wir wussten, dass es etwas Unterkühltes, aber doch Organisches sein soll, um die Stimmung der Musik einzufangen, die sich bereits abzeichnete. Darüber hinaus wollten wir eher mit Fotos als mit Zeichnungen oder Gemälden arbeiten. Wir haben Kit dann gesagt, dass er doch auch mal ein paar Bilder aus dem Wald mailen könnte, und das war dann genau das Richtige für unser Cover. Einige Wochen später bekamen wir ein Video-Storyboard für „Artefacts“, unseren ersten Clip – und es passte einfach genau zum Artwork und fing die Stimmungen ein, die wir transportieren wollten. Ein glücklicher Zufall.