DANSE SOCIETY

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The First Wave Of UK-Goth

Die Kleinstadt Barnsley im englischen South Yorkshire brachte zwei Bands hervor, die unterschiedlicher nicht hätten sein können: SAXON, die Mitbegründer der New Wave of British Heavy Metal, und THE DANSE SOCIETY, eine der herausragenden Bands im frühen UK-Goth. 1980 gegründet, zählten sie schnell gemeinsam mit PLAY DEAD, AUSGANG, THE MARCH VIOLETS, VIRGIN PRUNES, THE SKELETAL FAMILY und SISTERS OF MERCY zu den stilprägenden Bands ihres Genres. Insbesondere Sänger Steve Rawlings hatte eine charismatische Ausstrahlung, welche die Band prägte. THE DANSE SOCIETY spielten einen Sound, der durch den flächigen Einsatz dunkler Keyboardsounds gekennzeichnet war. Speziell die Songs aus den Jahren 1981 bis 1983 wie „Clock“, „Danse/move“, „Heaven is waiting“ und „The seduction“ standen für einen eigenwilligen Goth-Sound.

Später wechselte die Band zum Majorlabel Arista und veröffentlichte mit „Say it again“ (1985) einen sehr Club-kompatiblen Song, der von dem damals gerade erst an Popularität gewinnenden Team Stock, Aitken & Waterman produziert wurde. Das traf bei Fans der Band teilweise auf Unverständnis, denn die Produzenten waren sonst eher für kommerzielle Chartbands aktiv (später auch für BANANARAMA und Rick Astley) und hatten ein knappes Jahr zuvor „You spin me round“ von DEAD OR ALIVE produziert, was man „Say it again“ deutlich anhörte. Nach zwei Alben löste sich die Band 1987 auf und Steve Rawlings veröffentlichte noch unter dem Namen SOCIETY einige Songs, bevor er komplett in die USA – und von der Bildfläche – verschwand.

2009 fanden die restlichen Bandmitglieder zu einer Reunion zusammen und konnten nach langer Suche Steve Rawlings in Los Angeles ausfindig machen, der auch Interesse zeigte und für erste Aufnahmen nach Großbritannien reiste, um danach – nach gerade einem Song – wieder für die Band nicht mehr auffindbar in die USA zu entschwinden. Dennoch hielten die Gründungsmitglieder Paul Nash, David Whitaker und Paul Gilmartin an ihren Plänen fest. Mit Sängerin Maethelyiah von BLOODING MASK fand sich ein neues Bandmitglied und mittlerweile ist ihr zweites Album „Scary Tales“ im Februar 2013 erschienen. Zudem werden THE DANSE SOCIETY wieder auf Tour gehen. Schlagzeuger Paul Gilmartin und Gitarrist Paul Nash beantworteten einige Fragen.

Ihr habt gerade „Scary Tales“veröffentlicht, euer zweites Album seit der Reunion von 2010. Bist du zufrieden mit dem Ergebnis?

Paul Gilmartin:
Wir sind sehr glücklich mit den Songs. Wir haben es bei insgesamt sechs Songs belassen, das ist eine Art Referenz an unser Album „The Seduction“ von 1982. Natürlich hat sich auch die Produktions- und Aufnahmetechnik gegenüber früher stark verändert.

Paul Nash: Ich bin extrem zufrieden mit „Scary Tales“, eines unserer besten Alben, und ich sehe einfach die Entwicklung, die wir als Band gerade durchlaufen. Die Songs entstehen nun auch viel schneller dank der neuen Technik. Früher haben wir Wochen im Studio geprobt, bis die einzelnen Tracks fertig waren. Heute entwickeln sich die Song eher intuitiv aus dem unmittelbaren Gefühl heraus. Das eröffnet uns einen größeren kreativen Spielraum als früher und wir sind hier auch experimentierfreudiger geworden.

Was ist der große Unterscheid zu früher, wenn ihr im Studio seid?

Paul Gilmartin:
Du wirst es nicht glauben, aber einige Dinge haben sich einfach nicht verändert. Im Grunde sind wir immer noch wie Kinder im Spielzeugladen – neugierig, und wir lassen uns ständig überraschen. Der Hauptunterschied zu früher ist allerdings, dass wir keinen Produzenten haben und nicht alle zur gleichen Zeit im Studio sind, abgesehen vom finalen Abmischen der Songs. Das geht natürlich nur als Kollektiv. Für uns funktioniert dieser Prozess ganz gut und wir sind immer wieder überrascht, wer welche Beiträge und Ideen zu den Songs beisteuert. Um ehrlich zu sein, vermisse ich auch diese Art von Aufnahmen nicht, bei denen man monatelang im Studio abhängt und nie das Tageslicht sieht.

Mit Maethelyiah habt ihr einen mutigen Schritt weg von einer männlichen zu einer weiblichen Stimme gewagt. Gab es keine Diskussion, die ursprüngliche Bandkonstellation mit einem Sänger beizubehalten? Steve Rawlings war ja zu Beginn der Reunion auch kurz involviert.

Paul Gilmartin:
Wenn ich zurückschaue, kann ich mich nicht an eine solche Diskussion erinnern. Paul, Dave und ich waren zunächst sehr glücklich darüber, dass Steve wieder dabei war. Aber uns schien es so, dass er nicht richtig bei der Sache war, ihm etwas der Enthusiasmus fehlte. Und deshalb hat er auch nur bei einem Song gesungen. Unglücklicherweise hat es an dieser Stelle dann wieder mit Steve geendet. Aber wir mussten und wollten nach vorne schauen, wollten offen sein für andere Sänger. Wir waren sehr froh, dass wir mit Maethelyiah so eine großartige Sängerin gefunden hatten, die dann auch bis auf diesen einen Song auf sämtlichen Songs vom Album „Change Of Skin“ zu hören ist. Natürlich war das neu für uns und anders als mit Steve, aber es war eine Neuanfang und auch irgendwie aufregend. Die einzige Diskussion, die wir tatsächlich geführt haben, war die, ob wir am Bandnamen THE DANSE SOCIETY festhalten sollten oder einen neuen wählen sollten. Wir waren aber der Auffassung, dass es eigentlich nur mit dem alten Bandnamen wirklich funktionieren konnte. Letztendlich sind wir bei unserem ursprünglichen Namen geblieben, und warum auch nicht. Ich bin davon überzeugt, dass wir dem auch gerecht werden, auch wenn ich nachvollziehen kann, dass es einige Puristen und Hardliner gibt, die nicht dieser Auffassung sind. Wie du schon erwähnt hast, ist es nicht das Gleiche wie mit Steve, aber wir sind wieder eine Band und das ist ein gutes Gefühl. Wir haben uns einfach auch weiterentwickelt und der Beitrag von Maeth zur Band hat uns das ermöglicht und wir können Elemente aus der Vergangenheit mit neuen musikalischen Dimensionen verbinden.

Paul Nash: Zunächst war ich sehr enttäuscht, dass Steve lediglich für einen Track vorbeigekommen war und dann wieder verschwand. Steve war nie ein großes Kommunikationstalent, aber ohne jedweden Kommentar nach dem ersten Treffen wieder zu verschwinden, war etwas heftig. Dennoch denke ich, dass er uns quasi einen Gefallen getan hat, da wir ohne seine Aktion niemals mit Maeth in Kontakt gekommen wären. Der Beitrag von Maeth zum Sound der Band ist großartig und ich schätze sie als Sängerin sehr. Keine Ahnung, was Steve heute macht, aber ich vermute, er hat keinen Bezug mehr zum Leben als Musiker. Ich wünsche ihm alles Gute. Was Steve damals mit SOCIETY versucht hat, war für mich nichts anders als ein Rip-Off von BIG AUDIO DYNAMITE und unter kreativen Gesichtspunkten nicht begeisternd. Wenn ich heute zurückschaue, finde ich das alles etwas befremdlich, denn Steve war derjenige, der den dunklen Sound in unsere Songs gebracht hatte, und ich war eigentlich mehr daran interessiert, „Dance“-kompatible Songs zu schreiben.

Habt ihr überhaupt keinen Kontakt mehr zu Steve?

Paul Gilmartin:
Ich habe keine Ahnung, was er gegenwärtig macht, aber er hat mich als Freund auf Facebook gestrichen. Und ich habe ihn nicht erreicht, damit wir uns direkt darüber unterhalten könnten. Vielleicht bin ich hier zu offen und werde das einmal bereuen, aber ich hoffe dennoch, dass wir uns als Freunde wieder treffen.

1985 habt ihr den fulminanten Song „Say it again“ veröffentlicht, der von dem Erfolgsteam Stock, Aitken & Waterman produziert wurde. Das hat bei einigen Fans für Verwirrung gesorgt. Wieso habt ihr euch dazu entschieden? War es Absicht, sich als Band bewusst in Richtung Charts zu entwickeln?

Paul Gilmartin:
Zunächst einmal freut es mich, dass du den Song magst, denn den wenigsten gefiel er. Wir sind hier als Band wirklich ein Risiko eingegangen. Und ja, es war im gewissen Sinne auch ein Sellout, wie von einigen Fans kritisiert, aber wir sind diesen Kompromiss eingegangen und haben dies als richtigen Weg empfunden. Die Leute haben damals nicht verstanden, dass wir gar keine andere Möglichkeit hatten. Unser damaliges Label Arista hatte mehr oder weniger aufgehört, uns zu unterstützen und für uns zu arbeiten, und wir dachten, dass sich das ändert , wenn wir ihnen ein Hit liefern. Naiv, wie wir waren, hatten wir damals geglaubt, das Label hätte verstanden, dass wir anders und eben sehr speziell waren und keinen Hit haben müssten. Dem war aber nicht so. Wir brauchten dringend einen Hit, um als Band zu überleben. Wir haben damals auf unseren Manager gehört und haben „Say it again“ in der Annahme geschrieben, dass er eine würdige B-Seite für eine Single sein könnte. Damals habe wir kommerziellen Erfolg nicht als schlecht angesehen, um auch weiter unser Ding machen zu können. Und vergiss bitte nicht, dass man als Musiker auch ein gewisses Ego hat. Wer wollte damals nicht auch bei „Top of the Pops“ im Fernsehen mit einem eigenen Hit auftreten? „Say it again“ hatte sehr viel Erfolg und verkaufte sich gut in den USA, aber seltsamerweise nicht in Großbritannien.

Ihr veröffentlicht heutzutage über euer eigenes Label Society Records.

Paul Gilmartin:
Derzeit haben wir keine konkreten Pläne, mit einem Label zusammenzuarbeiten, aber stehen Angeboten aus dieser Richtung offen gegenüber. Wir müssen auch erst einmal abwarten, wie das aktuelle Album „Scarey Tales“ so läuft. Momentan machen wir die gesamte Labelarbeit selbst, aber man stößt da auch an seine Grenzen.

Ihr spielt wieder Konzerte, seid unter anderem mit THE SKELETAL FAMILY und CLAN OF XYMOX aufgetreten. Wie hat das Publikum bisher auf neue Songs reagiert und wie auf die alten Songs, nun von Maethelyiah gesungen?

Paul Gilmartin:
Unser erstes Comeback-Konzert mit Maeth war im Mai 2012 auf dem Wave Gotik Treffen in Leipzig. Die Reaktion des Publikums war wirklich großartig. Wir wussten nicht so recht, was wir erwarten konnten. Es war das erste Mal seit der „Heaven is Waiting“-Tour vor 25 Jahren, dass wir in Deutschland gespielt haben und wieder gemeinsam auf der Bühne standen. Sowohl die neuen als auch alten Songs sind vom Publikum gut aufgenommen worden. Wir sind einfach auf die Bühne und haben unser Ding gemacht und gerockt. Wir können damit wirklich an unsere besten Zeiten anknüpfen.