MIKROKOSMOS23

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MIKROKOSMOS23 können inzwischen schon auf drei Alben, die unterschiedlicher kaum sein könnten, und auch drei verschiedene Labels zurückblicken. Da ist die Suche nach dem roten Faden gar nicht so einfach. Sich nicht wiederholen, immer was anderes austesten, Neues finden – so ähnlich könnte das doch aussehen. Was ihnen bei den Aufnahmen zu „Alles lebt. Alles bleibt.“ so durch den Kopf gegangen ist, das weiß Sänger Peter Löwe zu berichten.

Peter, wie ist die Zusammenarbeit mit Unter Schafen zustande gekommen?


Wir haben das Album 2011 aufgenommen, also schon vor längerer Zeit, und konnten nach dem Aus bei Unterm Durchschnitt schon eine fast fertige Platte vorweisen. Wir sind dann ziemlich schnell bei Unter Schafen gelandet. Das ist eine angenehme Sache, weil das Label in ziemlich verschiedene Richtungen geht. Den finalen Ausschlag hat Kurt Ebelhäuser gegeben, der unsere Platte wieder mit uns aufgenommen hat. BLACKMAIL bringen ihr neues Album ja auch da raus.

Ihr habt mit dem neuen Album wieder einen großen musikalischen Schritt gemacht. Ist das etwas, was ihr euch beim Schreiben neuer Songs fest vornehmt?

So krass würde ich das nicht sagen. Die Lieder schreibt man ja schon, bevor man ins Studio geht, und kann eine Richtung erkennen und da war schon unsere Absicht, nicht auf der Stelle treten zu wollen. So richtig hat sich das aber erst im Studio entwickelt. Wir wollten uns alles offenhalten. „Memorandum“ war recht punkig und es war interessant für uns, in welche Richtungen man noch gehen kann, und zu sehen, wie es funktioniert. Bei der Studioarbeit muss man immer schauen, was man zulässt, und früher haben wir uns im Vorfeld auf eine bestimmt Umsetzung versteift. Eigentlich ist es aber viel interessanter, neue Sachen zuzulassen. So lebt alles mehr vom Prozess des Schreibens.

Wie hat sich der Besetzungswechsel ausgewirkt?

Steffen, unser neuer Bassist, war bei den Aufnahmen noch nicht dabei, wir haben die Platte zu dritt geschrieben. Im Studio hat Carlos von BLACKMAIL den Bass eingespielt. Aber es funktioniert gut mit Steffen. Toni kann man natürlich nicht ersetzen und Steffen ist ganz anders, aber es passt trotzdem sehr gut.

Mir kommt die Grundstimmung der neuen Platte weniger wütend vor.

Wenn man schnelle Lieder spielt, die nach vorne gehen, ist das natürlich immer ein Ausdruck von Wut, und wenn man sich anders orientiert, kommt das dementsprechend anders rüber. Aber ich glaube, textlich und von der Spannung der einzelnen Songs her wirkt es auch nicht wie ein besonders optimistisches Album. Ich texte jetzt aber generell nicht konzeptionell, sondern es kommt raus, was raus kommt. Textlich vermittelt es schon eine angepisste Stimmung, zum Beispiel bei „Orte ohne Boden“. Es sind auch einfach sehr unterschiedliche Lieder auf dem Album. Wut ist ein schönes Stilmittel in der Musik und ich hoffe, das ist nicht zu kurz gekommen. Ich halte uns nicht für eine angepisste Band. Aber stimmt, Verzweiflung ist viel drin und durch die musikalischen Einflüsse kommt sie auch gut rüber. Ein großer Unterschied zu vorher war, dass ich mich bei dieser Platte musikalisch zurückgehalten habe. Nicht zuletzt, weil ich mir beim Skateboardfahren den Arm gebrochen habe und zwei Monate keine Gitarre spielen konnte. Matze hat dafür zum ersten Mal richtig viel musikalisch beigesteuert. Und unsere Einflüsse sind sowieso total unterschiedlich. Ich komme mehr aus der Punk-Ecke, Matze steht sehr auf Indie-Zeug und Tom mag auch gerne mal alles zwischen Pop und Postcore-Kram. Man weiß vorher nie, woher der meiste Einfluss kommt, das ist von Song zu Song anders.

Das Cover von „Alles lebt. Alles bleibt.“ wirkt wie eine Visualisierung von völliger Tristesse und das steht ja so ein bisschen im Widerspruch zum Titel. Wie kann man das deuten?

Ich sehe auf jeden Fall einen Bezug zwischen dem Cover und den Songs. Wenn man in das Gesicht dieser Dame auf dem Cover guckt, weiß man gar nicht,was in ihr vorgeht. Das ist sehr interessant. Da sieht man Wut, Verzweiflung, aber auch so einen starren Durchhalte-Blick. Das ist ein ganz krasses Bild. Wir haben das in einem Blog gefunden. Der Titel kann verschieden gedeutet werden. Zum Beispiel in Bezug auf den Ausstieg von Toni. Da wussten wie erst gar nicht, wie es weitergeht. Es steht da parolenhaft fürs Weitermachen. Und in Bezug auf die Lieder deute ich das so, dass wenn etwas bleibt, muss das ja nichts Gutes sein. Das kann man verschieden sehen.

Das Motiv von Mauern und Wänden kehrt häufiger wieder. In „Alles gegen Wände“ und „Orte ohne Boden“ scheint aber auch so eine Art Aufbruchsstimmung durch.

Das sind Grundthemen auf diesem Album. Da wäre zum Beispiel die Zukunftsangst: Man wird nach der Schule so ins Leben geschissen und du sollst irgendwie werden, wie alle es von dir erwarten. Da kommt auch dieses „Alles gegen Wände“-Motiv her. Und ja, wir sind gerade in einer Art Sturm-und-Drang-Phase, weil wir ja das letzte Jahr so gut wie keine Konzerte gespielt haben. Jetzt wollen wir alles mitnehmen und möglichst viel erleben. Es gibt diese Band ja auch schon seit sehr langer Zeit, ich war damals 14. Und die Band war immer das wichtigste. Alle Energie hab ich da reingesteckt. Und es ist toll, dass es mit meinen 23 Jahren immer noch so ist.