BLANK REALM

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Punkrock in ... BRISBANE

In Australiens Punk- und Indie-Szene brodelt es wieder. Endlich, nach einer längeren Flaute. BLANK REALM haben sowohl den Tiefpunkt als auch den Aufstieg ihrer Band durchlebt und steuern mit dem flirrenden „Colour Noise“ ihres aktuellen Albums „Go Easy“ einen Teil zum Neustart bei. Über eigene und fremde Aktivitäten in seiner Homebase Brisbane berichtet Daniel Spencer, Drummer und Sänger der Band.

Derzeit sind im Bereich Punk/Indie ja einige vielversprechende Sachen aus Brisbane am Start. Wie kommt’s?


Verglichen mit Melbourne und Sydney ist Brisbane ja recht beschaulich. Brisbane ist eher eine Touristenstadt, die Leute kommen hierher, um an den Strand zu gehen. In Sachen Musik ist da eigentlich nicht übermäßig viel los. Es gibt nicht so viele Clubs oder andere Auftrittsmöglichkeiten wie in den größeren Städten. Deswegen werden auch viele Shows in ganz normalen Wohnhäusern, in kleinen Kunstgalerien und solche Geschichten gespielt. Es gibt aber eine sehr aktive D.I.Y.-Szene, der es mittlerweile tatsächlich gelungen ist, auch internationale Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Bands wie KITCHEN’S FLOOR, PER PURPOSE oder auch das Bedroom Suck Label haben dazu entscheidend beigetragen. Es ist überschaubar hier, aber die Leute sind halt sehr enthusiastisch.

Es ist alles also schon etwas familiärer.

Ja, Brisbane ist eine dieser Städte, in der innerhalb einer gewissen Szene jeder jeden kennt. Und es gibt einfach nicht so viele Leute, die Punk, Indie oder irgendeine andere Art seltsamer Musik machen, einen Mix aus verschiedenen Genres halt. Deswegen ist es hier so, dass Leute, die Dance Music hören, auch schon mal auf eine Rock-Show gehen. Das ist dann alles ziemlich bunt durchmischt.

Wie lange bist du selbst schon mit dabei?

Als Musikkonsument schon fast immer, damit habe ich so mit etwa neun Jahren angefangen, wenn ich mich recht erinnere, mit dem Soundtrack zu „Young Einstein“, haha. Da waren einige richtig gute australische Bands drauf, zum Beispiel SAINTS, STEMS und MENTAL AS ANYTHING. Das war dann auch die früheste australische Achtziger-Jahre-Musik, mit der ich mich wirklich auseinandergesetzt habe. Bei BLANK REALM spiele ich jetzt ungefähr seit acht Jahren, da hat sich natürlich im Laufe der Zeit auch viel verändert. Wir waren ursprünglich eher eine abstrakte Experimental-Band, inzwischen gehen wir doch verhältnismäßig stark in die poppige Richtung.

Seid ihr mittlerweile eine Popband?

Na ja, ich weiß nicht genau, wie ich das nennen soll, das ist schwer zu kategorisieren. Wir spielen wohl eher eine Art psychedelischen Noise mit einem leicht poppigen Einschlag. „Go Easy“ ist schon unser poppigstes Album, aber immer noch recht LoFi. Die Songs darauf haben sich im Laufe eines Jahres angesammelt. Die haben wir zuerst ganz oft live gespielt, bevor sie mit unserem eigenen Equipment aufgenommen wurden, ohne Studio und Produzent.

Spiegelt eure Entwicklung die der gesamten australischen Szene wider?

Ja, irgendwie ist das schon so. Das spielt sich jetzt für viele von uns in wesentlich größeren Dimensionen ab, es kommen mehr Leute zu unseren Shows, wenn wir in Australien touren, wir werden für größere Venues gebucht und so. Zu unseren rein experimentellen Noise-Zeiten war das ganz anders. Das spricht mit halbwegs eingängigen Songs und Riffs nun einfach eine breitere Masse an. Jetzt stehen auch im Laufe des Jahres Touren in den USA und in Europa an. Das war vorher nicht nur für BLANK REALM, sondern auch für viele unserer Kollegen kaum vorstellbar.

Die australische Musik geht demnach rosigen Zeiten entgegen.

Ich denke schon. Seit ein paar Jahren ist das jetzt eine richtig gute Zeit. Bands wie ROYAL HEADACHE, EDDY CURRENT SUPPRESSION RING oder TOTAL CONTROL ziehen viel Aufmerksamkeit auf sich. Es gibt sicherlich immer wieder ähnliche Entwicklu±ngen in den USA oder in Europa. Ich weiß auch gar nicht, wie ich den australischen Sound beschreiben sollte, der ist einfach zu vielfältig. Wichtig ist wohl eher die Begeisterung und Hingabe, mit der die Leute sich ins Zeug legen. Und das ist gerade der Fall in Australien. Da ist im Moment viel Gutes am Start.

Was für Bands kannst du aktuell aus Brisbane empfehlen?

Auf jeden Fall KITCHEN’S FLOOR, CURED PINK, die MARTYR PRIVATES. Es gibt schon ziemlich viele gute, kleine Bands. Ein Freund von uns hat gerade einen Online-Mailorder namens Eternal Soundcheck gegründet, in dem er australische Zines, Tapes, Vinyl etc. verkauft. Wer einen Einblick in die australische Szene gewinnen will, sollte da mal vorbeischauen. Dann gibt es da noch das Label Bedroom Suck, das Joe in einem Vorort von Brisbane von zu Hause aus betreibt. Früher gab es auch noch ein richtig gut gemachtes Fanzine namens Negative Guestlist, aber der Macher, ein guter Freund von uns, ist leider vor etwa einem Jahr gestorben. Er hat über Sachen geschrieben, auf die sonst niemand gekommen wäre, auch viele längst vergessene Dinge ausgegraben und wieder populär gemacht. Negative Guestlist hatte wirklich einen großen Einfluss auf die Szene in Brisbane und teilweise auch darüber hinaus. Im Moment gibt es nichts Vergleichbares, wahrscheinlich traut sich da keiner heran, weil die Messlatte so hoch liegt. Vielleicht braucht das noch ein wenig Zeit. Außerdem hat er auch ein kleines Label mit dem gleichen Namen betrieben. Er hat wirklich eine große Lücke hinterlassen.