ALARMS & CONTROLS

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Zu mürrisch für Punk

ALARMS & CONTROLS legen mit „Clovis Points“ ihr Albumdebüt auf Dischord/Lovitt vor. Für alle diejenigen, die sich mit dem Post-Hardcore-Sound der Neunziger Jahre infiziert haben, sind zumindest zwei der Bandmitglieder keine Unbekannten. Vin Novara als Schlagzeuger von CROWNHATE RUIN und Chris Hamley als Gitarrist von CIRCUS LUPUS haben diese musikalische Ära mitgeprägt.

CROWNHATE RUIN und CIRCUS LUPUS haben sich in den Neunzigern aufgelöst. Was habt ihr nach dem Ende der Bands gemacht und was war eure Motivation, ALARMS & CONTROLS zu gründen?

Vin:
Nach CROWNHATE RUIN besuchte ich die Hochschule und erwarb einen Master im Fach Percussion. Ich konzentrierte mich dabei intensiv auf die Musik von John Cage und Steve Reich. Nach dem Abschluss des Studiums spielte ich bei CANYON, THE SORTS und OSWEGO. Durch den Tod meiner Frau war ich alleinerziehend und musste eine musikalische Pause einlegen, bis ich im Jahr 2010 wieder heiratete. Ich spielte dann bei der vorübergehend wiedervereinten 1.6 BAND. Die Motivation hat ihren Ursprung aus dem Zusammenwirken von Chris und mir bei der multimedialen Post-Rock-Oper „Nitrate Hymnal“ im Jahre 2003. Dem Projekt folgte der Versuch, gemeinsam Musik zu machen. Der Versuch wurde abgebrochen, als meine damalige Frau schwer erkrankte. Acht Jahre später, als Chris einen Verstärker bei mir abholte, überlegten wir wieder, gemeinsame Stücke zu schreiben. Nach einigen Monaten kam Michael Hoch dazu, der uns jedoch vor der Veröffentlichung von „Clovis Points“ verließ.

Chris: CIRCUS LUPUS haben sich in den frühen Neunzigern nach ihrer ersten und einzigen Europatour aufgelöst. Die verbliebenen Bandmitglieder spielten in der Band ANTIMONY weiter. Danach wurde ich von Andy Cole überredet, bei THE ORCHIDS, später MONORCHID mitzuspielen. Ich dachte, ich verlasse die Band und sie kommen gut ohne mich klar, aber sie haben sich nach meinem Ausscheiden aufgelöst. Wie Vin bereits erwähnte, haben wir uns bei der Rock-Oper kennen gelernt. Später kam Michael dazu, der aber seinen Magister machen wollte, also haben wir Arthur Noll gefragt, ob er mit uns spielen möchte.

Neue Bands auf Dischord werden oft in Fanzines oder Mailordern als „Post-Hardcore“ kategorisiert. Wenn ich eure Musik höre, denke ich an Siebziger-Progressive-Rock wie KING CRIMSON, YES und CAN, aber auch an FUGAZI. Was haltet ihr von der Bezeichnung Post-Hardcore und wie würdet ihr die Musik von ALARMS & CONTROLS beschreiben?

Vin:
Die Siebziger sind ohne Zweifel ein großer Einfluss für uns, YES für mich besonders. Ich mag FUGAZI seit langem, so dass auch sie mich mit Sicherheit beeinflusst haben. Es stimmt, dass Post-Hardcore die falsche Bezeichnung für uns ist. In unserer Musik sind wirklich trotz unserer Geschichte keine Spuren von Hardcore mehr. Wir sind zu aggressiv für Post-Rock und zu mürrisch für Punk. Aus unserer Sicht sind wir eine Rockband, deren Musik auf unterschiedlichen Einflüssen und Traditionen fußt.

Chris: Ich denke, dass Siebziger-Progressive-Rock und auch FUGAZI sehr große Einflüsse sind. Aber auch ganz viele andere Sachen zwischen diesen Stilen. Das Großartige an den progressiven Rockbands der Siebziger und späten Sechziger war, dass sie ernsthaft versucht haben, diese Kunstform weiterzubringen. Wahrscheinlich haben sie später realisiert, dass sie naiv und prätentiös waren, und klar, es sind viele auf die Schnauze gefallen, aber es gibt auch ein paar großartige erfolgreiche Beispiele. Aber ich denke, man kann die Bands, in denen wir in den Neunzigern gespielt haben, als Post-Hardcore bezeichnen, vielleicht sogar als Post-Punk. Ich hatte niemals eine Vorliebe für klassischen Hardcore, aber im Allgemeinen für jede Art von Außenseitermusik, die mein Interesse weckte und mich emotional und intellektuell anzog. Ich bin überzeugt, dass ich mich bereits mit einer Version von Punk identifiziert habe, bevor ich überhaupt von diesem Begriff gehört hatte. Unsere Musik würde ich bezeichnen als „(post-[party and synthesizer-based]) {noise/art-reconstructionist/integrationist} maximalism“.

„Clovis Points“ ist eine Kooperation von Dischord und Lovitt Records. Könnt ihr mir etwas zu den Hintergründen sagen, warum die Platte als Split-Release erscheint?

Chris:
Wir sind nicht in der Lage, permanent zu touren, und sind immer noch dabei, uns auf lokaler Ebene zu etablieren. Wir sind sehr glücklich, dass wir diesen Vertrag haben und auf uns achtgegeben wird. Ich denke, wenn wir etablierter wären und mehr Konzerte spielen könnten, hätte es eine reine Dischord-Veröffentlichung werden können, aber ich sehe keinen Nachteil in dem Split-Release. Lovitt ist auch ein guter Name und das Label hat uns genauso geprägt. So haben wir zwei gute Namen, die für uns bürgen.