BANE

Foto

Zwei Dekaden Hardcore

Zwei Dekaden sind eine lange Zeit für eine Hardcore-Band. Prägende Vertreter der Endachtziger/Anfang-Neunziger-Youth-Crew-Ära wie CHAIN OF STRENGTH, SIDE BY SIDE, BURN oder INSIDE OUT waren extrem kurzlebig, die meisten Bands brachten es gerade mal auf eine 7“. BANE aus Worcester, Massachusetts formierten sich nur kurze Zeit, nachdem sich die Klassiker-Combos dieser Ära auflösten. Gitarrist Aaron Dalbec, der damals auch bei CONVERGE aktiv war, gründete die Band 1994. Höchst verdient genießen BANE mittlerweile längst selbst Klassikerstatus und wurden über die Jahre zu einer der wichtigsten Konstanten des US-Hardcore. Der Hoodie mit ihrem Trademark-Bandschriftzug ist wahrscheinlich noch immer einer der am meisten gesehenen Merch-Artikel auf Hardcore-Shows. Mit vier Platten und einer Handvoll Singles waren sie allerdings nie eine besonders veröffentlichungsstarke Band. Nach ein paar 7“s, die auf „Holding This Moment“ (1998) zusammengefasst sind und einem ersten Album, „It All Comes Down To This“ (1999), nahmen sie 2001 mit „Give Blood“ die vielleicht beste Hardcore-Platte der 2000er Jahre auf. Seit dem Nachfolger „The Note“ von 2005 sind ganze neun Jahre ins Land gezogen. Lange Zeit war man sich nicht mehr im Klaren darüber, ob überhaupt noch neues Material erscheinen würde. Die gute Nachricht: Mit „Don’t Wait Up“ erscheint dieser Tage via Equal Vision (USA) und End Hits Records (Europa) nun tatsächlich ein neues Album. Die schlechte Nachricht: Es wird auch das letzte sein. Ein paar Tage nachdem ich „Don’t Wait Up“ schließlich zum ersten Mal zu hören bekam, vereinbarte ich daher ein Web-Telefonat mit Sänger Aaron Bedard.

Aaron, als ich gestern versucht habe, dich zu erreichen, hast du mir geschrieben, es wäre gerade nicht gut, da du im Casino seist. Verdienst du dein Geld immer noch mit Pokern?


Ja, zumindest einen Teil. Ich hatte gerade ein paar gute Wochen damit. Richtig ernsthaft zum Geldverdienen betreibe ich das schon lange, seit bestimmt zehn oder zwölf Jahren, so dass ich mir damit zumindest teilweise mein Einkommen verdiene. Es ist in den USA mittlerweile illegal, online zu pokern, also spiele ich nicht mehr ganz so viel wie früher. Als es noch legal war, habe ich teilweise den ganzen Tag nichts anderes gemacht, aber mittlerweile muss ich in Casinos gehen, um zu spielen. Momentan verbringe ich ziemlich viel Zeit damit, ich war die letzten fünf Tage viermal im Casino.

Ich habe ein Interview mit dir gelesen, in dem du sagtest, dass du online einen Haufen Kohle verloren hast.

Es ist so, dass ich viel gewonnenes Spielgeld online in meinem Web-Account hatte. Dann hat das Justizministerium das Online-Pokern verboten und die Seiten alle vom Netz genommen. Ein paar tausend Dollar befanden sich zu dem Zeitpunkt blöderweise noch auf meinem meinem Account. Ein paar tausend Dollar, an die ich dann nicht mehr herangekommen bin und dadurch verloren habe.

Lass uns über euer neues Album sprechen. Es ist gleichzeitig auch das letzte BANE-Album. Wie nah sind wir eurer endgültigen Auflösung schon gekommen?

Idealerweise haben wir mindestens noch über ein Jahr. Wir haben die neue Platte ja aus dem Grund gemacht, dass wir weiterhin mit der Band touren wollen. Um es durch das Jahr 2014 zu schaffen und in den Augen der Hardcore-Kids relevant zu bleiben, fanden wir aber, dass wir neues Material brauchten. Der Plan ist momentan, 2015 noch so lange damit zu touren, wie es uns sinnvoll erscheint. Wir wissen noch nicht, was passiert, wenn die Platte rauskommt, wie die Leute darauf reagieren werden. Aber wenn es gut läuft, dann kann ich mir auch gut vorstellen, dass es uns noch über das ganze nächste Jahr hinaus geben wird.

Über eine Abschiedstour habt ihr also noch nicht gesprochen?

Ich bin mir sicher, dass wir all das machen werden, aber die Zeit ist noch nicht reif, um darüber nachzudenken. Ende dieses Jahres können wir da vielleicht schon mehr sagen. Wir wissen momentan einfach nicht, welche Möglichkeiten sich uns mit der neuen Platte bieten, und was auf uns zukommt. Die Band ist zum derzeitigen Zeitpunkt aktiver denn je, wir fühlen uns super, wir sind gespannt, was noch passiert. Momentan haben wir noch keinen Stichtag für unser Ende, aber es rückt näher.

Stört es dich, dass ihr oft als Oldschool-Hardcore-Band genannt wurdet? Ich finde, das wird euch nicht sehr gerecht. Denn selbst eine Band wie BURN, die für euch anfangs sehr wichtig war, fällt schon deutlich aus diesem Rahmen. Bei Oldschool-Hardcore denke ich eher an MINOR THREAT und UNIFORM CHOICE.

Es stört mich nicht direkt, denn für viele Leute ist es wohl bequemer, Bands ein Etikett zu geben und sie in kleine, klar definierte Fächer zu stecken. So identifizieren sich die Kids eben oft mit Bands. Ich verstehe auch, dass wir durch unsere Ästhetik so rüberkommen, als wären wir eine traditionelle Youth-Crew-Band und manche Songs sind schon auch an diesen Sound angelehnt. Wenn die Leute sich jedoch mehr Zeit nehmen würden, würden sie erkennen, dass wir musikalisch immer weiter gegangen sind und nicht so einfach in einer Sparte abgestellt werden können. Gleichzeitig stört mich das aber nicht, denn ich liebe diesen Sound und diese Ära von Hardcore. Als wir die Band gründeten, war sie definitiv ein Bestandteil dessen, was wir sein wollten. Aber ja, wir waren nie eine Posi-Band, und für mich war es auch immer amüsant zu hören, was für komische Sachen die Leute oft über uns gesagt haben, aber so ist das eben.

Wo wir schon beim Thema Youth Crew sind. Ich habe in dem Buch „Burning Fight“ einen Satz gelesen, da nennt jemand Straight Edge „a quasi-monastic existence that really doesn’t apply to the outside world“ ...

„Monastic“ – was soll das denn bedeuten?


Nun, mit „klösterlich“ meint derjenige wohl eine enthaltsame Lebensweise, wie sie Straight Edge nun mal auch ist, und meint, dass sie außerhalb der Szene oft nicht kompatibel ist.

Okay, ich verstehe. Na ja, weißt du, Straight Edge ist ein Teil von mir, wie es mein Arm oder irgendein anderer Körperteil ist. Ich trage das nicht mehr so nach außen wie zu der Zeit, als ich jünger war, und ich fühle mich dadurch nicht mehr zwangsläufig mit irgendeiner Community verbunden, so wie früher. Das ist tief in mir drin und ich verbringe keinerlei Zeit mehr damit, darüber nachzudenken, wie ich wohl als Edger in die Gesellschaft passe oder wie das für mich als Typ über vierzig noch funktioniert. Mit zunehmendem Alter wird es einfacher, Etikettierungen abzulehnen. Sie verlieren an Bedeutung. Als jemand, der Alkohol und Drogen immer noch ablehnt, bin ich aber bis heute sehr von der Idee angetan. Ein Teil von mir ist immer noch total begeistert, wenn ich heute Kids mit drei X an den Händen sehe, die ihre Band eine Straight-Edge-Band nennen. Ich kann es nachvollziehen, wie es als Jugendlicher ist, von dieser rebellischen Bewegung so fasziniert zu sein. Ich liebe es, dass Straight Edge noch existiert. Aber ich wäre nie in der Lage, einen intellektuellen Satz darüber loszulassen, was Straight Edge bedeutet oder nicht bedeutet, weil ich einfach nicht mehr darüber nachdenke. Es ist einfach, was ich bin.

Wie bist du auf diese Bewegung aufmerksam geworden?

Über MINOR THREAT. Das ist wohl die Antwort, die du von Leuten meines Alters am meisten hören wirst. Ich war jung und hörte Punkrock. Ich war einmal besoffen und habe einmal Gras geraucht. Das fühlte sich für mich aber nicht gut an. Der Typ, mit dem ich damals Gras ausprobiert, war jemand, der schon in der Szene etabliert war, von der ich noch recht eingeschüchtert war. Er war eine Person, zu der ich aufgesehen habe, der eine Menge Bands kannte, von denen ich keinen blassen Schimmer hatte. Er hat mich zu Shows mitgenommen und mir eine Menge gezeigt. Ich war damals 15 und gestand ihm meine Sorge, nicht zu wissen, wie ich es durch meine Teenagerjahre schaffen sollte, da ich es dieses eine Mal gehasst hatte, besoffen gewesen zu sein. Er empfahl mir, ich solle mir MINOR THREAT anhören und mich mit dieser Bewegung beschäftigen, die sich Straight Edge nenne. Damals war ich noch nicht in der Lage, die Sache intellektuell zu durchleuchten, aber ich mochte die Idee, dass da was war, woran ich mich festhalten konnte, und es etwas gab, womit ich mich identifizieren konnte. Etwas, das mir Zugang zu dieser Community verschaffen könnte. MINOR THEAT waren sehr zugänglich für mich, es war nicht schwer, sich in sie zu verlieben. Das führte zu UNIFORM CHOICE und das wiederum zu YOUTH OF TODAY und so weiter. Es passierte viel damals, ich hatte ein gutes Timing.

Du hast dich aber auch schon kritisch mit Straight Edge auseinandergesetzt. Im Song „Wasted on the youth“ auf „The Note“ nennst du es in einer Zeile „eine vorherbestimmte Liste von Regeln“ für junge Leute.

Der Song hat ein paar meiner Freunde verärgert, die Straight Edge extrem ernst nehmen und ich musste mich sehr verteidigen, als die Platte erschien. Den Text habe ich auch in dem Bewusstsein geschrieben, damit ein bisschen Staub aufzuwirbeln. Ich wollte die Leute dazu bringen, sich ein bisschen mehr über diese Bezeichnungen Gedanken zu machen. Ich finde es einfach gut, sich grundsätzlich ein paar Gedanken über die Dinge zu machen, die man sonst als Wahrheit hinnimmt. Es kann deine Überzeugung auch stärken, wenn du Sachen ab und an mal von einer anderen Seite betrachtest und bereit bist, sie in Frage zu stellen. Aber ja, das war ein kontroverser Text und viele meiner Freunde waren nicht glücklich damit.

Patrick Kindlon, der Sänger von SELF DEFENSE FAMILY, erzählt in einem Interview, dass ihr mal zusammen eine Show in einem Stripclub gespielt habt. Wie kam es dazu?

Wir haben auf einem großen Outdoor-Festival namens Krazy Fest in Louisville gespielt. Das gab es in den späten Neunzigern und Anfang der 2000er Jahre, dann verschwand es für einige Zeit. Das erste Mal, als es nach einigen Jahren wieder ein Fest dort gab, spielten wir und seine Band auch dort. Irgendwann kam Patrick zu unserem Gitarristen Zach und sagte, er würde mal durch diese kleine Straße gehen, in der es nichts als Stripclubs gab, und einen dazu bringen, ihn dort eine Aftershowparty organisieren zu lassen. Patrick fragte uns, ob wir uns vorstellen könnten, dort zu spielen, und wie wir nun mal sind, haben wir sofort zugesagt. Die Sache machte unter den Festival-Besuchern dann schnell die Runde.

Hatte Patrick schon länger die Idee, mal in einem Stripclub zu spielen, oder hat er nur keine andere Location gefunden?

Ich glaube es war schon seine Intention, auf einer Bühne zu spielen, auf der vielleicht auch noch Stripperinnen tanzen würden. Louisville ist eine teilweise heruntergekommene, unwirtliche Stadt. Es gibt dort ein paar ziemlich schäbige Viertel. Ich glaube, das war es letztlich, wonach Patrick gesucht hat. Er ist ein wilder Typ. Ich weiß auch nicht, warum er das genau wollte, aber es ist ihm letztendlich gelungen. Irgendwann ging ein Flyer dafür rum, mit BANE, MAKE DO AND MEND und SELF DEFENSE FAMILY. Also wir dann dort hinfuhren, sahen wir nichts als pures Chaos. In der kleinen Straße standen überall kreuz und quer Autos. Auf dem Vordach – wer auch immer den Club geführt hat, wollte noch ein bisschen Werbung machen – stand unser Bandname falsch angeschrieben: DANE. Der Club hatte ungefähr die Größe eines Schuhkartons, wirklich winzig. Als wir da reingingen, skandierte der ganze Raum „Dane!“, haha. Wir spielten nach den Mini-Sets von MAKE DO AND MEND und SELF DEFENSE FAMILY. Ein paar Stripperinnen waren noch auf der Bühne und die Leute sprangen von der Bar in die Menge, in diesem winzigen, restlos überfüllten Laden. Auch nach der Show gab es noch Chaos, Autos wurden abgeschleppt, es hat sich ziemlich bald alles aufgelöst. Wir sind keine Band, die nicht aus Spaß in einem Stripclub abhängen würde, aber ich glaube wir sind ziemlich bald wieder von dort abgehauen. Ich habe mittlerweile Leute gesehen, die sich als Erinnerung DANE-Tattoos haben stechen lassen. Es war eine sehr erinnerungswürdige Nacht, die dem verrückten Hirn Patrick Kindlons entsprang.

Er erscheint mir sowieso als überaus sexueller Typ.

Absolut. Er ist sehr interessiert an dieser dunklen Seite der Menschen. Nein, ich will es nicht „dunkel“ nennen. Besser gesagt: Er macht diese Seite an sich und anderen zum Thema, über die die Leute selbst nicht gerne reden oder die sie vor anderen verschließen und sich schämen. Patrick nimmt diese Sache selbstbewusst an und thematisiert sie. Ich liebe den Kerl. Er ist sehr, sehr mutig.

Findest du es provokant, was er macht?

Ich denke schon. Jedes Mal, wenn er etwas sagt, sei es über Social Media oder als Ansagen auf der Bühne, kann sich dieser Typ wirklich meiner ungeteilten Aufmerksamkeit sicher sein. Wenn er etwas sagt, höre ich zu – und es gibt nicht viele Leute auf dieser Welt, über die ich das sagen kann. Teilweise auch deshalb, weil du nie weißt, zu was es bei ihm führt. Das entspricht wohl der ursprünglichen Definition von „provokant“. Das mag ich an ihm. Ich glaube nicht, dass er das nur macht, um Aufmerksamkeit zu erregen oder zu schockieren. Ich denke schon, dass er eine Agenda hat, er will Sachen verändern und Leute wachrütteln. Meiner Meinung nach ist dieser Typ verdammt noch mal ziemlich Punk.

Mit einem anderen Freund der Band, Jay Maas, habt ihr aufgenommen und mit DEFEATER wart ihr auch auf Tour, richtig?

Ja, das war die letzte richtige US-Tour. Wir waren einen Monat unterwegs mit unseren Kumpels DEAD END PATH und MILES AWAY. DEFEATER stießen erst nach einer Woche hinzu, da sie Probleme mit ihrem Van hatten. Jay Maas kannten wir schon lange vor der Tour, er hat früher zwei 7“s für uns aufgenommen und in der Zwischenzeit auch ein paar Sachen, die auf Compilations erschienen sind. Wir sind also schon länger gut befreundet und fühlen uns wohl mit ihm. Er kennt unseren Sound, es gab also keinen Zweifel, dass wir „Don’t Wait Up“ mit ihm einspielen würden. Ich finde, die Platte klingt fantastisch.

Ich mag den dritten Song sehr. Der Part, wo diese düstere Basslinie ins Spiel kommt und der ROTTING OUT-Sänger einsetzt, klingt ziemlich böse.

Ich mag den auch sehr gerne. Es ist Zach, unser Gitarrist, der unsere musikalischen Grenzen sprengt. Er schreibt die kreativsten und mutigsten Songs bei uns. „Young and the restless“ und „End with an ellipsis“ sind zum Beispiel von ihm. Die untypischen BANE-Songs. Wir zählen auf ihn, wenn es um überraschende Sachen geht. Als wir die Platte schrieben, waren die ersten Stücke alle recht typische Hardcore-Tracks, die so auch auf unsere ersten 7“s hätten passen können. Ich wurde schon nervös und dachte: „Zach, wo bleibt dein Song, du weißt, jetzt geht’s um alles.“ Er gestand mir, dass er sich unter Druck gesetzt fühlte, noch mal einen solch emotionalen Song hinkriegen zu müssen. Irgendwann kam er zur Probe mit diesem wirklich sehr schönen Riff – endlich! Ich war erleichtert und total stolz auf ihn. Musikalisch ist die Nummer schon sonderbar: Eine Menge großartiger Sänger haben ihren Gastauftritt in nur einem Track. Er ist generell sehr untypisch für BANE und musikalisch kaum ein Hardcore-Song.

Den Eindruck hatte ich gar nicht unbedingt. Findest du echt?

Na ja, die Backingvocals, der Mittelteil und diese treibende Basslinie, von der du gesprochen hast, machen ihn schon irgendwie wieder zu einem Hardcore-Song. Aber das Anfangsriff könnte von BLINK-182 stammen. Sehr untypisch für uns auf jeden Fall. Aber es war genau das, was wir erwartet hatten. Wir sind sehr glücklich darüber. Das ist der vielleicht emotionalste Song auf der Platte oder generell einer unser emotionalsten.

Du thematisierst auf der neuen Platte, dass du als Kind sexuell missbraucht wurdest. Das Preface zum Song „Wrong planet“ beginnt mit den folgenden Worten: „When I was very young, my father’s father molested me, my brother, our cousins and probably every other child he could get his hands on …“. Ich wusste nicht, ob ich dich darauf ansprechen soll, habe mir aber sagen lassen, dass du darüber zu sprechen bereit bist.

Ich denke, ich muss jetzt bereit sein, darüber zu sprechen, da ich es auf der Platte thematisiere, obwohl es etwas ist, worüber ich mein ganzes Leben geschwiegen habe. Aber ich habe mich entschieden, mit unserer letzten Platte etwas wirklich Mutiges und Wahrhaftiges zu sagen. Es wird das erste Mal sein, dass ich darüber öffentlich spreche, aber ich habe keine Angst davor. Ich weiß, wenn die Platte rauskommt, werden Fans oder Leute, die etwas ähnliches durchlebt haben, mit mir reden wollen. Es wird nicht leicht sein für mich und es ist nichts, worüber ich mich gerne äußern werde, aber ich habe diesen Text geschrieben, um auch für andere ein Tor zu öffnen.

Ist es das erste Mal, dass du überhaupt mit jemandem darüber sprichst?

Davon wussten vielleicht vier Menschen, bevor ich den Song geschrieben habe. Zwei Freundinnen, mit denen ich zusammen war, und ein paar Familienmitglieder. Manchmal habe ich mit meinem Bruder darüber geredet. Ich konnte auf jeden Fall nie gut damit umgehen und habe mich eher still und alleine damit auseinandergesetzt. Ich habe den Song im November geschrieben, als wir in Europa auf Tour waren, und es bedeutete, dass ich es der Band erzählen musste. Ich wollte offensiv damit umgehen. Ich habe ihnen gesagt, dass es darum geht, dass ich als Kind sexuell missbraucht wurde, und gefragt, ob jeder damit umzugehen wisse – auch damit, was die Sache nachher mit sich bringen wird, wenn die Platte raus ist. Wie zu erwarten waren sie großartig, sehr unterstützend, und stolz auf mich. Seitdem ich den Song geschrieben habe, habe ich auch mit Jay Maas darüber gesprochen, mit ein paar Freunden und tatsächlich hatte ich heute meine erste Therapiesitzung seit über zwanzig Jahren. Ich fühle mich jetzt eher bereit, mich damit auseinanderzusetzen. Den Song zu schreiben, war ein erster, wichtiger Schritt.

Was war denn deine größte Befürchtung dabei?

Am meisten fürchtest du, von den Menschen plötzlich in einem anderen Licht zu erscheinen. Vielleicht ist es ja töricht, sich darüber Gedanken zu machen. Aber es führt einfach kein Weg daran vorbei, dass sie dich nie wieder wie vorher betrachten werden, und das macht natürlich keinen Spaß. Das ist hart. Aber ich dachte, dass es das Risiko wert sei, wenn ich dadurch die Chance hätte, Leute zu erreichen, die vielleicht von denselben Dämonen heimgesucht werden und sich dadurch sehr alleine fühlen. Ich hatte einfach das überwältigende Gefühl, dass ich mit der letzten Platte etwas Mutiges sagen möchte. Dass ich dieses Mal sogar mich selbst überraschen will. Aber ich wusste, dass es bei weitem das Schwierigste sein würde, worüber ich je geschrieben habe. Um ehrlich zu sein, war ich mir nicht sicher, ob ich wirklich in der Lage sein würde, das durchzuziehen. Doch dann wurde der Song so gut, die Musik schrie förmlich nach einem Text mit solch einer emotionalen Tiefe. Dann dachte ich mir: Okay, ich mache das jetzt und danach werden wir sehen, was passiert!

Aaron, ich danke dir vielmals für deine Offenheit, das weiß ich sehr zu schätzen. Vielleicht sehen wir uns ja dieses Jahr auf dem Fluff Fest. Ich habe euch da 2008 schon mal gesehen, und das war wirklich ein großartiges Konzert!

Du warst da? Großartig! Das war echt eines der fünf besten BANE-Konzerte überhaupt. Es war das erste Mal, dass wir da waren, und es hatte – auch von unserem Set abgesehen – echt einen magischen Vibe. Ich war noch auf keinem Festival, das sich so gemeinschaftlich anfühlte. Man hat das Gefühl, dass die Leute alle aus dem selben Grund gekommen sind und einfach glücklich sind, da zu sein. Das Fluff Fest noch einmal zu spielen, stand die ganze Zeit ganz oben auf der Liste, die wir noch abhaken wollen, bevor wir uns endgültig auflösen. Ich bin überglücklich, dass wir dieses Jahr dabeisein werden.