DICTATORS NYC

Foto

Für immer Dictators!

Die New Yorker Rockmusik-Szene der frühen Siebziger brachte so einige Bands hervor, die in ihren Ursprüngen nicht Punk waren – weil es „den“ Punk vor 1977 noch gar nicht gab. Man denke an die RAMONES, an BLONDIE, an SUICIDE, an NEW YORK DOLLS – und eben die 1973 gegründeten THE DICTATORS. Zwischen 1973 und 1979 versuchten die einen Teil des Kuchens abzubekommen, standen aber immer im Schatten der „Großen“ und mussten sich so mit dem Geheimtipp-Status zufriedengeben. Aktuell wollen es die New Yorker noch einmal wissen und kommen im Sommer 2014 auf Europatour und treten mit dem Namenszusatz „NYC“ auf, denn Gründungsmitglied Andy Shernoff ist nun nicht mehr mit dabei, dafür Daniel Rey, der alte RAMONES-Wegbegleiter, sowie die altgedienten „Diktatoren“ Richard „Handsome Dick“ Manitoba, Ross „The Boss“ Friedman und J.P. „Thunderbolt“ Patterson sowie Dean Rispler. Ich sprach mit Ross und Dick.

Euer Bandname hat mich immer schon fasziniert. Diktatoren sind doch eigentlich nichts Nettes, oder?


Dick: Wer sagt denn, dass wir nett sein wollten? In meiner Erinnerung, die allmählich schwächer wird, weil das alles so lange her ist, hatten wir unzählige Namensideen, warfen uns die beklopptesten Vorschläge an den Kopf, und irgendwann war „Dictators“ dabei und wir waren sofort begeistert. „Dictators“ klingt einerseits ernst und hart, andererseits aber auch irgendwie lustig. Und das beschrieb uns ziemlich gut. Wir wollten als Rockband ernst genommen werden, aber wir waren auch humorvolle Typen. Und so war THE DICTATORS der perfekte Name: er sieht auch gedruckt gut aus, er ist stark und man kann einen gewissen Humor darin erkennen.

War da auch ein politischer Aspekt?

Dick: Null. Wir hatten ja auch den Song „Master race rock“ ...

.. also „Herrenrassen-Rock“.

Dick: ... und das als Band, deren Mitglieder einen jüdischen Familienhintergrund haben, hahaha. Heutzutage fühlen sich die Leute ja gleich wegen jeder Kleinigkeit auf den Schlips getreten, aber damals war Punkrock einfach ein gutes Mittel, um Aufmerksamkeit – wenn auch negative – zu bekommen. Punkrock war damals eine Jugendkultur, ein Teenager-Ding, das um die ganze Welt ging. Es war eine „master race of teenagers“, und es war für uns die wichtigste Sache überhaupt.

Es gibt ein kluges Buch über die New Yorker Musikszene, „Heebee-Jeebees at CBGB’s“, in dem es um den speziellen Einfluss jüdischer Musiker und Künstler auf die Musikszene der Siebziger geht und auch um deren speziellen Humor. Gerade durch die Punk-Geschichte zieht sich ja auch ein humorvoll-provokanter Umgang mit der Nazi-Thematik.

Ross: Wenn man auf einer Bühne steht, muss man sich immer darüber im Klaren sein, dass man von diesen hunderten Leuten im Publikum, mit den unterschiedlichsten kulturellen Hintergründen, immer eine ganze Bandbreite an Reaktionen bekommen wird, von „Lustig, das gefällt mir!“ bis „Das finde ich beleidigend!“, von „Diese Typen sind Arschlöcher!“ bis „Die sind brillant!“ Es ist also immer eine Herausforderung, mit seinem Humor kulturelle und geografische Grenzen zu überschreiten und von allen verstanden zu werden – manche verstehen dich, andere nicht. Aber unser Humor war nie verletzend gemeint.

Dick: Damals in den Siebzigern hatten wir keine Probleme damit, da gab es keine Rechten in der Szene, die uns missverstehen wollten. Das kam in sehr geringem Umfang erst in den Achtzigern mit der Hardcore-Szene.

Ross: Dieses „Nazi-Punk“-Ding kam doch auch erst in den Neunzigern, wenn ich mich recht erinnere, als irgendwelche Rechten anfingen, Bands mit entsprechenden Bullshit-Texten zu gründen. Für uns hatte Rock’n’Roll damals in den Siebzigern nichts mit Politik zu tun.

Dick: Genau, uns ging es darum, Spaß zu haben und die Welt um uns herum zu kommentieren. Es ging uns nicht darum, stellvertretend für die ganze Welt auf die Bühne zu treten, sondern als die paar Typen, die in dieser Welt leben. Und diese Typen konnten es kaum glauben, dass man ihnen Geld gab, um auf dieser Bühne Rock’n’Roll zu spielen und dafür auch noch bejubelt zu werden. Worüber sollten wir uns also beklagen?

Für viele Rock’n’Roll-Bands bedeutet Spaß zu haben den Einsatz von Drogen und Alkohol, man denke nur an die NEW YORK DOLLS ...

Ross: Ein paar Bandmitglieder haben in den Siebzigern auf jeden Fall ihre Erfahrungen in dieser Hinsicht gemacht, aber zum Glück haben wir keine Opfer zu beklagen. Wir haben alle überlebt und sind bei guter Gesundheit. Wir freuen uns, dass wir zusammen in dieser Band spielen können, und das merkt man unseren Konzerten an, und so haben auch die Leute Spaß. Das ist alles, was uns wichtig ist. Und wir passen auf uns auf.

Dick: Ohne übermäßig die Klischees zu strapazieren, die man vielleicht erwartet, wenn ein alter Rock’n’Roller über das Thema Drogen sprechen soll, bringt für mich folgender Satz das Thema am besten auf den Punkt: „Wenn der Mensch neun Leben hat, habe ich acht schon verbraucht.“ Dieses letzte, das ich noch habe, schätze ich sehr und so passe ich gut auf mich auf.

Wenn man über Bands wie STOOGES, NEW YORK DOLLS oder DICTATORS spricht oder schreibt, ist schnell der Begriff „Protopunk“ zur Hand. Rückblickend macht der sicher Sinn, aber zu eurer Zeit werdet ihr den kaum verwendet haben. Wart ihr einfach nur eine Rockband?

Dick: Im Grunde genommen ja. Aber wir waren durchaus selbstbewusst und wussten schon, dass da gerade irgendwas passiert. Die Bowery, jener Stadtteil, der heute längst zu einem Ausgehviertel für die Reichen geworden ist, war damals ein Viertel für die Armen, voller billiger Secondhandklamottenläden, Alkohol und Drogen – wer immer von zu Hause abgehauen war und sich ohne Geld in New York durchschlagen musste, hauste dort. Und auch in den Jahrzehnten davor war die Bowery so was wie der „Wilde Westen“ von New York gewesen – wenn man da jemanden umbrachte, fiel das keinem auf. Heute ist die Bowery voller Millionen Dollar teurer Etablissements, eine Entwicklung wie in so vielen Städten der Welt. Damals in den Siebzigern war die Bowery unser Stadtteil, wir waren ein paar Kids, die zusammen Spaß haben wollten. Als dann immer öfter irgendwelche Plattenfirmentypen in ihren schicken Limousinen zu unseren Konzerten kamen, wussten wir, dass da irgendwas läuft. Aber nur, weil man sich mittendrin befindet und merkt, dass da was läuft, bedeutet das ja nicht, dass man sich dessen ständig bewusst ist. Wir waren einfach nur ein paar Kids, die Musik machten, high waren und auf Spaß aus. Die Selbstwahrnehmung, was da gerade passierte, die fehlte uns. Stattdessen kosteten wir unser Leben aus. Jahre später schreiben dann Leute über diese Zeit und man stellt ganz überrascht fest, dass man ein Teil von all dem war. Aber so ist das eben, so schreibt man Geschichte. Geschichte schreibt man eben nicht aktiv, wenn man selbst Teil davon ist.

Ross: Wir haben uns nie als Punk-, als Protopunk-, Punk-Metal- oder was auch immer für eine Band gesehen. Wir waren eine Rock’n’Roll-Band.

Dick: ... aber eine aus der Punk-Szene. Wir hatten sehr starke Punk-Aspekte in Sachen Einstellung und Rotzigkeit. Und: Bei uns konnten alle ihre Instrumente spielen, im Gegensatz zu vielen der Punkbands. Aber das spielte eigentlich keine Rolle, denn einige der Bands, die gar nicht spielen konnten, waren großartig.

Menschen, die das New York jener Jahre, die ihr eben beschrieben habt, nicht selbst miterlebt haben, stellen sich die Stadt sicher so düster und verzweifelt vor, wie sie in „Taxi Driver“ gezeigt wird. Ein realistisches Bild?

Dick: Ach, das war doch ein Film! Und düster und verzweifelt ist die Stadt auch heute noch. So ein Film pauschalisiert, wie sich etwas anfühlte. Klar, der Präsident hatte New York damals den Geldhahn zugedreht, New York war pleite. Klar, da war Dunkelheit, aber auch Licht. Wenn du 19, 20 bist, dann ist das eine spannende Zeit, du hast Spaß, genießt das Leben, auch in dunklen Zeiten. Das war damals auch die Zeit des Serienkillers Son of Sam, der Menschen umbrachte, während sie auf dem Autorücksitz Sex hatten. Wenn man einen Film macht, in dem behauptet wird, das sei repräsentativ für das New York jener Jahre, dann wird der natürlich sehr düster. Aber man hätte auch einen Film drehen können über CBGBs und Max’ Kansas City zur gleichen Zeit, über hundert Bands, die in einer neuen Szene explodierten, dann wäre das ein strahlender Film geworden. Einen Film zu drehen und zu glauben, damit könne man zeigen, wie eine Stadt so ist, das geht doch gar nicht. Und dass gute Kunst nur vor einem düsteren Hintergrund entstehen kann, das glaube ich nicht. In unseren Songs von damals geht es um Liebe – entweder darum, wie gut sich Liebe anfühlt, wie schön sie ist, oder darum, wie beschissen es sich anfühlt, wenn Liebe enttäuscht wird.

Ross: Ich bin der Meinung, dass es eine Szene, wie wir sie damals in den Siebzigern erlebt haben, mit so einer hohen Konzentration erstaunlicher Bands, hier in New York nicht wieder geben wird. Gut, man kann nie wissen, aber das war alles so chaotisch damals, mit Bands wie TELEVISION und BLONDIE, NEW YORK DOLLS und RAMONES zur gleichen Zeit.

Dick: Aber es gab zuvor schon die British Invasion, die Psychedelic-Szene von San Francisco und so weiter. So was kann man nicht kommen sehen, und wenn es kommt, sieht es anders aus, als man denkt, aber es ist nicht ausgeschlossen. Es gibt immer neue Generationen von Kids, die ihre ganz eigenen Vorstellungen und Ideen haben.

Ihr nennt euch heute THE DICTATORS NYC, habt an euren alten Bandnamen ein NYC für „New York City“ angehängt. Warum?

Dick: Also wir mussten das nicht tun, das vorab. Wir hätten weiterhin als THE DICTATORS auftreten können. Aber wir hatten uns mal klare Grenzen gesetzt, was wir tun und was nicht. Andy hatte keine Lust mitzumachen, er wollte sich seiner Solokarriere widmen, und Scott, der mit seinen DEL-LORDS beschäftigt ist, gab uns zwar sein Okay, aber da es eben nicht die Originalbesetzung ist, wollten wir das unter dem Namen THE DICTATORS nicht machen. Um eine Unterscheidung zwischen der Original-Band und der neuen Inkarnation der DICTATORS zu ermöglichen, in der drei Originalmitglieder spielen, entschieden wir uns für das angehängte NYC. So kann jeder selbst entscheiden, ob er nicht aufs Konzert gehen will, weil er das nicht cool findet, oder ob er uns eine Chance gibt. Und ganz ehrlich, unsere Band ist richtig gut, unsere Shows sind ein großer Spaß.

THE DICTATORS waren immer eine Band in der Grenzregion von Punk und Rock/Metal – zwei Brüder, die sich nicht immer wohlgesinnt waren und sind. Das zeigt sich auch daran, dass Ross nach den DICTATORS zusammen mit Joey DeMaio MANOWAR gegründet hat.

Ross: Ich habe da nie einen Unterschied gemacht, bin mit „heavy music“ aufgewachsen. Die DICTATORS waren tatsächlich immer eine Spur zu metallisch für die Punk-Kids und zu punkig für die Metal-Kids. Die DICTATORS haben einfach so ein gewisses Metal-Gen in ihre Musik, und ich spiele heute nicht anders als früher bei den DICTATORS und MANOWAR. Ich ändere die Spielweise ein bisschen, aber es ist immer mein Style. Dean, unser Bassist, spielt auch noch bei MURPHY’S LAW, aber auch in Black-Metal-Bands. Wir haben alle noch andere Bands, und ob man das nun Punk, Rock oder Garage nennt, ist egal.

Dick: Wenn in einer Band über 35 Jahre alle immer bestens miteinander auskommen würden, wäre das die Ausnahme von der Regel. Aber die aktuelle Besetzung ist so eine Ausnahme von der Regel, wir kommen alle sehr gut miteinander klar und haben immer viel Spaß, wenn wir zusammen sind – wir lachen viel. Und ich finde, das merkt man einer Band an. Wir feiern auf der Bühne eine Party und das Publikum ist eingeladen. Wenn die Leute sehen, dass die Band Spaß hat und gut spielt, dann wollen sie auch Spaß haben. Ross und ich hätten viele Gründe, nicht miteinander klarzukommen: Wir sind Fans verschiedener Baseball-Teams, wir haben ziemlich gegensätzliche politische Ansichten und so weiter, aber wenn wir zusammen Musik machen, sind wir Freunde, Brüder, wir lieben uns. Die Menschheit verbindet viel mehr als politische Standpunkte oder welche Sportmannschaft man abfeiert.

Ross: Ich freue mich immer unglaublich auf die DICTATORS-Konzerte! Ich spiele seit Ewigkeiten Gitarre, bin seit Jahrzehnten in professionellen Bands, aber ich hatte noch nie so viel Spaß in einer Band wie jetzt bei den DICTATORS!

Woran liegt das?

Dick: Das ist eine Frage, die man nicht beantworten kann. Wir saßen neulich bei unserem Drummer J.P. zusammen, und „Little Steven“ Van Zandt, für den ich auch eine Radioshow mache, stellte fest, dass es bei Bands eine gewisse Magie gibt, die man nicht erklären kann. Wie konnten die BEATLES überhaupt existieren? Warum die ROLLING STONES? So eine Frage kann man nicht beantworten! Jagger solo? Pfff ... Paul und John machten solo ein paar nette Sachen, aber die Power, die Magie der BEATLES hatte das nicht. Und so eine Magie besteht auch bei uns: Ich als Sänger, Ross als Gitarrist, J.P. als Drummer, Daniel, der die RAMONES produziert und verstanden hat wie kein anderer, an der zweiten Gitarre und Dean als Bassist – das ist etwas Besonderes. Wir haben es geschafft, die Magie der DICTATORS zu bewahren.

Apropos „die Magie bewahren“: Denkt ihr über eine neue Platte nach? „D.F.F.D.“, euer erstes Album nach den drei Seventies-Klassikern, ist ja auch schon 2001 erschienen ...

Dick: Wir haben immer so gehandhabt, dass einer mit einer Idee ankam und dann alle zusammen an dem Song arbeiteten. Wir wissen, dass wir neue Songs nicht erzwingen können, dann wird das nichts. In letzter Zeit haben wir aber nun tatsächlich ein paar neue Ideen gehabt: Ich arbeite mit einer Gitarristin und Sängerin namens Palmyra Delran, die mal in der All-Girl-Punkband THE FRIGGS war. Ich habe ihre Sachen in meiner Radioshow gespielt, und so kamen wir in Kontakt. Die hat unglaublich viele Songideen, und zusammen mit meinen Text- und Songideen haben wir jetzt eine Reihe von „Song-Embryos“ entwickelt, so vier, fünf, die wir jetzt nach und nach mit den DICTATORS NYC weiterentwickeln, damit sie zu DICTATORS-Songs werden. Ich schätze, dass wir spätestens in einem halben Jahr eine 4-Track-7“ am Start haben werden.

Vielleicht passend zur Deutschlandtour im August ... Ist ja eine Weile her, dass ihr hier gespielt habt.

Dick: Haha, ja, das war 1977! Damals lief die Fahndung nach der Baader-Meinhof-Gang auf Hochtouren, und so hielt die Polizei unser Auto an, die Maschinenpistolen im Anschlag, ein Hubschrauber über uns, und zog uns alle raus, hahaha. Keiner von denen sprach Englisch, wir dachten, die bringen uns um. Die brachten uns auf die Wache und letztlich konnte unser Konzertveranstalter das alles aufklären.

Ross: Ich war seitdem aber noch oft in Deutschland – MANOWAR hatten den größten Erfolg in Deutschland. Und dann gab es noch mein Soloprojekt, die ROSS THE BOSS BAND mit drei deutschen Musikern, auf einem deutschen Label. Ich glaube, dass wir in Deutschland gut ankommen werden, denn ich wurde in Deutschland ständig gefragt, wann denn die DICTATORS mal wieder auf Tour kommen.

„Who will save rock’n’roll?“ Ihr natürlich!

Dick: Hahaha, nein, irgendwelche Kids. Aber wir zeigen ihnen, wie es geht.

Ross, nicht nur nach Deutschland hast du gute Verbindungen, sondern auch nach Frankreich. Nach den DICTATORS hast du in der legendären französischen Rockband SHAKIN’ STREET gespielt. Damals gab es dort eine recht aktive, international vernetzte Szene, heute kaum noch.

Ross: Ich kam 1979 nach Frankreich, und die Szene war dort damals noch recht klein, es gab etwa noch TELEPHONE, LITTLE BOB und TRUST – und eben SHAKIN’ STREET. Die hatten einen Deal mit CBS, sie waren auf Tour mit BLACK SABBATH, aber später starb die Rock-Szene dort weitgehend aus – keine Ahnung warum. Na, und ich ging nach SHAKIN’ STREET zurück in die USA und gründete MANOWAR.

Was macht ihr aktuell sonst noch so?

Dick: Ross ist eine männliche Prostituierte, hahaha.

Ross: Ich habe noch eine Metal-Band namens DEATHDEALER, ich spiele mit den METAL ALL STARS, habe zusammen mit meiner Frau eine Baseball-Schule in Queens namens The Cage, und natürlich die DICTATORS. Das ist mein Leben, ich könnte nicht glücklicher sein.

Dick: Ich habe seit 15 Jahren eine Bar in Manhattan, Manitoba’s, und da kommen auch viele Deutsche hin. Die Adresse ist 99 Avenue B, zwischen 6th und 7th Street, und meine Frau Zoe kümmert sich darum, dass der Laden läuft, denn ich bin ein schlechter Geschäftsmann. Es ist eine nette, kleine Nachbarschaftskneipe, und die Wände sind tapeziert mit hunderten Rock’n’Roll-Fotos – es ist beinahe wie ein kleines Museum. Es ist echt ein kleiner Laden, aber es kommen Leute aus aller Welt und sie fühlen sich da zu Hause. Und seit zehn Jahren schon mache ich vier Tage die Woche eine Radioshow für „Little Steven’s Underground Garage“. Und mein Sohn Jake, er ist elf, braucht mich natürlich auch. Der saugt 90% meiner Energie auf, haha, und die restlichen 10% gebe ich den DICTATORS. Ich bin froh, dass ich immer noch die Zeit und die Kraft dazu habe, in einer Rock’n’Roll-Band zu spielen.

Weiß Jake, was sein Vater so treibt ...?

Dick: Also um so richtig zu kapieren, was ich in meiner wilden Zeit so getrieben habe, ist er noch zu jung. Er weiß nur, dass Daddy keine Drogen nimmt und auch nicht trinkt. Wenn er 18 ist, erzähle ich ihm gerne alles, was er wissen will, aber jetzt muss er das nicht wissen. Er hat aber ein gutes Ohr für Musik, ich spiele ihm die BEATLES vor, Frank Sinatra, Otis Redding, THE WHO, THE KINKS, und versuche ihm eine gute musikalische Erziehung zu geben. Aber er mag keine Jeans, keine schwarzen Lederjacken, keinen Rock’n’Roll, sondern ... Rap. Eminem, Jay-Z und all so was. Aber okay, wenn das sein Ding ist, was soll ich da tun? Ich bin nicht die Art von Vater, der will, dass sein Kind ein Abbild seiner selbst ist.