TAKING BACK SUNDAY

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Glücksversprechen von einst fast Ausgebrannten

Wer TAKING BACK SUNDAY nicht mit Emo in Verbindung bringt, ist entweder an der Band nicht interessiert oder bedarf einfach einer Aufklärung, wann welche Band ein Genre geprägt hat. Sicherlich, man könnte diesem Unwissenden auch keinen Vorwurf machen, würde er einwerfen, dass eben diese Amerikaner eigentlich doch eine Rockband seien, die sich sehr gut auch im Mainstream zu Hause fühlen dürfte. Jedoch muss man auch hier wissen, dass ein Album wie „Tell All Your Friends“ jenem Emo-Genre erst die Tür zum Mainstream-Publikum geöffnet hat. Anlässlich des neuen Albums „Happiness Is ... “ sprechen Sänger Adam Lazzara und Gitarrist/Sänger John Nolan über eine Band, die im Grunde immer noch nicht wirklich angekommen ist, und Erwartungshaltungen, an denen andere vielleicht längst zerbrochen wären.

„Wenn ich eine wirklich kritische Meinung zu unserer Musik hören will, dann frage ich meine Frau. Die interessiert sich nämlich weder für Hardcore, Emo, Punkrock noch Metal. Sie sagt mir, ob ein Song, an dem wir sehr lange gearbeitet haben, und in dem all unsere Gefühle und Gedanken stecken, nur okay, scheiße oder doch ganz gut ist“, erklärt Sänger Adam mit einem Lächeln im Gesicht. „Wenn sie sich schon Zeit beim Überlegen lässt, werde ich vor Nervosität schier verrückt.“ Dafür, dass sie neben ein paar anderen Bands wie THURSDAY, THRICE, JIMMY EAT WORLD oder ALEXISONFIRE ein ganzes Genre geprägt und eigentlich alle Entwicklungsstufen des Emo mitgenommen haben, tritt die Band um den charismatischen Sänger sehr bodenständig auf.

Begonnen hat es wie bei vielen mit einem Demo, das sie selbst finanziert und mit einem befreundeten Tontechniker in dessen Garage aufgenommen haben. Über die üblichen Verdächtigen, angefangen bei Victory Records, mit denen wie A DAY TO REMEMBER auch TAKING BACK SUNDAY diverse unüberbrückbare Schwierigkeiten hatten, bis hin zu einem Majorlabel wie Warner Music, über Chartsplatzierungen in Amerika, Akustikshows, einem Best-Of-Album sowie anderen Gelddruckformaten sind sie nun wieder bei einem scheinbar kleinen Label angekommen. Hopeless Records hat sich im letzten Jahr gleich mehrerer Veteranen des Emo angenommen, etwa auch THE USED.

Dass sich diese Entwicklung irgendwann auch auf die Musik der Band auswirken würde, war für Hörer der ersten Platten eigentlich anzunehmen. Der erste Schritt in die richtige Richtung wurde schon mit der Rückkehr von John Nolan und Bassist Shaun Cooper gemacht und eindrucksvoll auf dem 2011 erschienenen Album „Taking Back Sunday“ dokumentiert. Zwar wurde der charakteristische zweistimmige Gesang nicht wirklich wiederbelebt, dafür zeigen die Songs wieder mehr Ecken und Kanten.

„Wir haben das Glück, dass wir alle in der Band an den Songs arbeiten. Es gibt also keinen einzelnen Songwriter, der die Stimmung eines Albums prägt. Genauso wenig gab es von Labelseite jemanden, der uns unter Druck gesetzt hat“, versucht John Nolan den Entwicklungsprozess eines TAKING BACK SUNDAY-Albums zu beschreiben. Auf die Frage nach dem Grund für den Labelwechsel und wieso dann gerade „Happiness Is ...“ trotzdem wieder so viel glatter klingt, antwortet der Sänger: „Unsere Musik ist allein unsere Angelegenheit. Natürlich ist es super, wenn du ein Label hast, das es dir ermöglicht, in den besten Studios und mit den passenden Produzenten zusammenzuarbeiten. Jedoch haben wir auch unsere eigene Vorstellung von unserer Musik und wie sie klingen soll. Da redet uns jetzt sicher keiner mehr rein.“

Es wirkt, als sei hier jemand total mit sich und seiner Situation im Reinen. „Es ist sehr schön zu sehen, dass es immer noch Leute gibt, denen unsere Musik so gefällt, dass sie ein Teil ihres Lebens wird. Wenn wir uns darüber aber ständig Gedanken machen würden, hätten wir ein echtes Problem. Es geht uns gut und wir wissen, wie dankbar wir sein dürfen, dass wir so lange mit unserer Band unterwegs sein dürfen.“

Ob deswegen auch die Kombination aus Albumtitel und Bandname als „Happiness Is TAKING BACK SUNDAY“ verstanden werden könnte, steht für Sänger Adam nicht infrage: „Für mich ist es definitiv so. Wenn unsere Platte ein Leitmotiv hat, eine Botschaft, dann lautet die wohl, dass jeder Mensch mit seinem Schicksal das machen soll, wonach ihm ist. So abgedroschen es klingen mag, aber für uns fünf ist diese Band einfach nur das pure Glück.“

Erfreulicherweise haben sich TAKING BACK SUNDAY seit „Tell All Your Friends“ musikalisch nicht wirklich wiederholt und können vor allem mit Songs wie „Flicker, fade“ und „Stood a chance“ weitere Einträge verzeichnen in den Toplisten wirklich interessanter Songs, die ein totgeglaubtes Genre gerade wieder mit frischer Energie versorgen. Ganz gleich, ob es ihnen bewusst ist oder nicht.