SUBWIX

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Der Kapitän verlässt das sinkende Schiff

Gut zehn Jahre ist es nun schon her, dass ich Subwix-Mastermind Chrissi über ein Tauschgeschäft kennen gelernt habe, bei dem es um dessen erste Veröffentlichung ging, das Debütalbum des CHEFDENKER-Nebenprojekts AUSGANG OST. Was ursprünglich ohne sonderliche Ambitionen startete, entwickelte sich dann aber doch relativ schnell zu einer regelrechten Institution. Und während ich im vergangenen Jahrzehnt viele kleine D.I.Y.-Labels habe kommen und gehen sehen, war Subwix in dieser Zeit mit über 150 Releases eine der wenigen Konstanten. Dementsprechend war es kürzlich schon ein kleiner Schock, lesen zu müssen, dass zum Jahresende Schicht im Schacht ist und Chrissi sein Label an den Nagel hängt.

Chrissi, ich weiß, dass es bereits früher Überlegungen gab, die Brocken hinzuwerfen, du es letztlich aber dann doch nicht übers Herz gebracht hast. Woran liegt es, dass du es jetzt doch durchziehst und wie schwer fällt dir das Ganze?


Sehr schwer, immerhin waren Subwix und ich fast ein Drittel meines bisherigen Daseins ein Paar. Ich vermisse es ehrlich gesagt jetzt schon und denke oft darüber nach, wie es wohl ohne Label sein wird und was damit verbunden ist. Wobei es zumindest theoretisch ein offenes Ende ist. Ob jetzt für immer oder ob möglicherweise irgendwann doch noch mal irgendwas auf Subwix erscheint, keine Ahnung. Irgendwann muss man sich einfach selbst eine Deadline setzen, sich selbst das Herz brechen, bevor es jemand anderes tut. Es ist einfach so, dass ich nach wie vor in erster Linie für mich selbst und natürlich für die Bands veröffentliche, was völlig okay ist. Sonst interessiert es aber kaum jemanden mehr. Die Zeiten haben sich einfach generell verändert. Früher war nicht alles besser, aber vieles. Es gibt viele Gründe, unter anderem möchte ich die Zeit für andere Träume nutzen und dem Punk bleibe ich im Herzen nach wie vor treu, geht ja gar nicht anders.

Wie bescheiden fiel die Resonanz zuletzt aus? Muss man schon von einem Monetengrab sprechen? Und was denkst du, woran es lag? Schließlich war in deinem Labelprogramm eigentlich immer für jeden Geschmack etwas dabei.

Bei ganz vielen Releases war die Resonanz gleich Null! Monetengrab? Oh ja, aber schon von Anfang an. Wobei es da zumindest noch eine Handvoll Leute interessierte und es die Sache somit wert war. Jetzt, da es scheinbar niemanden mehr interessiert, macht es einfach keinen Sinn mehr, was zu veröffentlichen, für wen denn? Woran es lag? Da spielen sicherlich ganz viele Faktoren eine Rolle, wie zum Beispiel allem voran der Lauf der Zeit. Viele benötigen offenbar keine physischen Tonträger mehr, ob daheim oder unterwegs, mit ein paar Klicks ist so gut wie alles jederzeit abrufbar – vorzüglich kostenfrei. Wobei für Subwix kostenpflichtige Downloads nie in Frage gekommen wären. Dann ist da die wahnsinnige, unüberschaubare Flut an Veröffentlichungen, wobei die etwas Älteren wohl keine x-te Kopie oder Abklatsch von Band XY mehr benötigen und die jüngere Generation größtenteils wohl nichts mit physischen Tonträgern am Hut hat. Die Auflagen werden daher allerorts kleiner. Größtenteils werden nur Bands mit Namen gekauft, Bands, die von Bands mit Namen gepusht werden, und allen voran irgendwelche Bands, die gerade den neuesten musikalischen Trend fabrizieren. Letzteres war nie unser Ding. Jungen, unbekannten oder auch exotischen Bands, wie wir sie unter anderem haben/hatten, gibt leider kaum einer eine Chance.

Das mit den Trends ist wirklich so eine Sache. Würdest du sagen, es hat im Jahr 2014 überhaupt noch Sinn, ein Label zu starten, ohne derartige Szene-Entwicklungen und Hypes zu berücksichtigen?

Einen Sinn macht es theoretisch natürlich schon, da Musik einfach ein großer Bestandteil jeder Subkultur ist und ich mir zumindest weiterhin noch Musik auf dem Plattenteller wünsche. Ob man heute ein Label gründet, soll jeder für sich selber entscheiden. Es gibt heute davon ja auch schon fast so viele wie Bands selber. Wenn man sich dafür entscheidet, kann ich aber nur empfehlen, sich das Ganze von Anfang an genau zu überlegen und zu planen, und den Gedanken, Geld damit verdienen zu wollen, ganz schnell wieder zu vergessen.

Noch mal zurück zum Thema „Exoten“. Ihr habt ja wirklich viele internationale Sachen gemacht. Bei einem näheren Blick auf die Diskografie fällt auf, dass da unfassbar viele Bands aus Italien dabei sind. Wie genau kam es dazu? Hast du irgendeine besondere Verbindung zu dem Land?

Zu Italien hatten wir bis dahin eigentlich keinen wirklichen Bezug, jetzt, durch die vielen Bands, aber natürlich schon irgendwie. Dies war jedoch eher ein Selbstläufer, angefangen mit Releases von KE-KE-M und NO WHITE RAG kamen nach und nach immer weitere italienische Bands dazu. Alle größtenteils durch Mundpropaganda und weil in Italien Gemeinschaftsproduktionen eben gang und gäbe sind und wir selbst von diesem Konzept auch ganz viel halten. Es war mit allen durch die Bank weg stets eine gute Zusammenarbeit. Wir hatten die gleichen Vorstellungen, und mittlerweile bin ich wohl ein kleiner Fan des italienischen Sounds und dessen Attitüde.

Tatsächlich finden sich da ja immer extrem viele Label-Logos auf den Covern wieder. Während man hierzulande oft das Gefühl hat, viele ziehen lieber ihr eigenes Ding durch, scheint dieser Do-it-together-Gedanke in Italien wirklich hervorragend zu funktionieren.

Ja, ich habe gerade bei der aktuellen NO WHITE RAG-LP nachgesehen, da waren es ganze 21 beteiligte Labels. Wie gesagt, funktioniert wunderbar dort und macht einfach Sinn. Zum einen hinsichtlich der Kostenteilung und der besseren Vertriebsstrukturen. Und ja, der „Do-it-together“-Gedanke lebt dort tatsächlich bei den Bands und Labels, auch wenn womöglich eine Band/Label die Gesamtauflage problemlos selbst vertreiben könnte. Hier gab es diesen Gedanken auch einmal und es funktionierte ebenfalls, wobei solche Geschichten immer seltener werden und tatsächlich viele lieber ihr eigenes Süppchen kochen. Es wird auch viel weniger getauscht – was für mich im Punkgenre einfach dazugehört. Ich habe lieber fünf getauschte Scheiben im Regal als 300 Scheiben einer Band im Keller, weil man selbst ja die vermeintlich „heißeren Scheiben“ hat. Mit der Wholesale-Liste wird aber stets gleich gewedelt. Money rules the world, überall.

Was hat dir in zehn Jahren Subwix am meisten Spaß an der Labelarbeit gemacht?

Ganz klar die Anfangszeit, als alles neu und spannend war und die ersten Produktionen zuhause ankamen. Und sich nach Bands umzuschauen und dann ein „Okay, Deal!“ zu hören. Dann war es natürlich auch aufregend, die Leute hinter den Bands kennen zu lernen.

Welches waren rückblickend die wichtigsten Bands oder Veröffentlichungen?

Das ist natürlich schwierig. Gerne hab ich sie alle, aber wenn du wirklich nach der wichtigsten Band oder Veröffentlichung fragst, sind es AUSGANG OST beziehungsweise BLINKER LINKS. Ganz einfach, weil mit ihnen alles anfing, alles super war und ist und es ohne den Support von CHEFDENKER-Gitarrist „The Kollege“, der in beiden Bands singt, wohl keine zehn Jahre Subwix gegeben hätte. Schön wäre jetzt noch, wenn es mit der neuen BLINKER LINKS-CD dieses Jahr noch klappt und es damit ein Happy End geben würde.

Wie geht’s 2015 weiter? Sind irgendwelche anderen Szeneaktivitäten in Planung oder ziehst du dich erst mal komplett auf die Konsumentenseite zurück?

Stillstand gibt es hier irgendwie nicht. Ich bin von Natur aus eher ein „Do-it-Typ“. Ein Traum von mir war schon immer, eine Band zu haben und auf der Bühne für Angst und Schrecken zu sorgen. Letzteres ist kein Problem, eine Band im Prinzip auch nicht, aber noch ein längerer Weg und ein Stück Arbeit, wenn man so unmusikalisch ist wie ich. Aber das wird schon. Dann möchte ich gerne wieder was schreiben, ob Fanzine, Buch oder was auch immer, wird sich zeigen. An Ideen, Vorhaben und Träumen mangelt es jedenfalls nicht.