ANTI-PASTI

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In den Fängen von Herrn Braun

Die 1978 im englischen Derby gegründeten ANTI-PASTI gehörten zur „Third Wave of Punk“-Phase in England und hatten 1980 einen kleinen Hit mit „No government“. Ihr Debüt „The Last Call“ war 1981 sieben Wochen in den UK-Albumcharts. Im selben Jahr ging’s zusammen mit EXPLOITED, DISCHARGE, ANTI-NOWHERE LEAGUE, INFA-RIOT und CHRON GEN auf die Apocalypse Now-Tour quer durch England. 1984 war Schluss, nach einer kurzen Wiederbelebung 1995 ging es ab 2012 wieder konstanter zur Sache. Von der Originalbesetzung ist niemand mehr übrig, aber der frühere Schlagzeuger und jetzige Gitarrist Kevin Nixon ist seit 1981 dabei.

Kevin, warum die Reformierung nach einer 17-jährigen Pause?

Das geschah während einer Party in meinem neuen Haus: Martin und ich hatten viel getrunken, und auf einmal machte er den Vorschlag. Ich dachte, dass er einen Scherz machen würde. Zwei Tage später rief ich ihn an, um herauszufinden, ob es ernst gemeint war, und er sagte nur: „Na klar, von dir etwa nicht?“ Danach trommelten wir die alten Mitglieder zusammen, aber unglücklicherweise passte es bei Dugi und Will nicht.

Wie fühlt es sich auf der Bühne mit einem neuen Sänger? Er ist ja erst seit 2014 dabei.

Der erste Auftritt mit Gez zählt nicht wegen der armseligen Organisation. Ich schwor mir, nie wieder mit den Leuten zusammenzuarbeiten, die dieses heillose Durcheinander organisiert haben. Es war schon von Beginn an völlig anders mit ihm, denn zuvor musste ich immer ein Auge auf Martin haben, um mitzubekommen, ob er irgendwas in meine Richtung schmeißt oder auf das Schlagzeug springt. Gez entwickelt sich noch immer als Frontmann – in seiner anderen Band singt er und spielt Gitarre –, er hat eine tolle Stimme, die nicht schwankt; im Gegensatz zu Martin, der öfter mal eine Zeile vergaß und uns damit immer auf Trab hielt.

Warum hatte Martin die Band erneut verlassen?

Er hatte geschäftlichen Verpflichtungen, und das war zu dieser Zeit ein Schock für uns, da wir bereits über ein neues Album diskutiert hatten und das Songschreiben bereits halb fertig war. Eine Menge hochkarätiger Auftritte mussten abgesagt werden, und das war eine massive Enttäuschung für uns und unsere Fans. Glücklicherweise fanden wir mit Gez sehr schnell Ersatz, so dass wir unseren ursprünglichen Verpflichtungen nachkommen konnten.

Und wie verlief die erste Trennung von ihm 1983?

Es war eine sehr ähnliche Situation. Wir hatten ein neues Album, das Martin nicht sehr mochte, und er sah sich mehr seinem Klamottenladen verpflichtet, den er damals gerade eröffnet hatte.

Was geschah mit den anderen Originalmitgliedern Stan, Stu und Dugi Bell?

Keiner von denen hat mit Musik weitergemacht. Stan arbeitet in der Bahnindustrie, Stu fing an, Gedichte zu schreiben. Die beiden waren jedoch nur sechs Monate in der Band; es ging eigentlich erst richtig los, als Will und ich dazukamen. Dugi begann, mit gebrauchten Autos zu handeln, nun verkauft er JCB-Traktoren.

Was waren die Höhepunkte eurer US-Tour in den frühen Achtzigern?

Es gab viele: den CLASH-Schlagzeuger Topper kennen zu lernen; in San Francisco mit den DEAD KENNEDYS zu spielen – unsere einzige Support-Show drüben; meine Schlagzeugbecken mit Brandy in Brand zu setzen ... Der gesamte sechswöchige Trip war ein Knaller, ich war gerade mal 18 Jahre alt.

In dem Buch „Burning Britain“ erwähnst du zum Zusammentreffen mit Topper, er wäre „in the grip of Mr. Brown“ gewesen. Was kann man sich darunter vorstellen?

Es ist ein Euphemismus, ich äußerte mich sehr höflich über meinen Trommelhelden. Es bedeutet Heroin.

Euer Bandname ist für viele Leute ein Mysterium. Was steckt tatsächlich dahinter?

Ursprünglich ist es ja das italienische Wort für Vorspeise. Es war das erste Gericht, was auf der Speisekarte des Ladens gegenüber unserer Stammkneipe aufgelistet war. Jemand fragte Dugi, wie seine neue Band heißen sollte. Er warf einen Blick in die Karte und sagte „Anti Pasti“, und der Rest ist Geschichte, wie man so schön sagt.

Was geschah mit eurem damaligen Label Rondelet Records?

Mich interessiert nicht, was aus denen geworden ist. Sie haben uns um unsere Tantiemen betrogen. Ich kann kein gutes Wort über die sagen, und auch mein Kumpel Steve Duty von den SPECIAL DUTIES nicht.

Ihr wart damals im Studio von Colin Richardson. Wart ihr zufrieden mit der Produktion?

Nie von ihm gehört. Neil Black produzierte das Album. Rückblickend gesehen war es überproduziert. Wir waren schlecht vorbereitet und hatten nur fünf Songs, als wir ins Studio gingen. Der Rest wurde über Nacht im Studio geschrieben, das erklärt die schlechte Qualität mancher Stücke.

Was ist dir von der Apocalypse-Tour 1981 noch in Erinnerung geblieben?

Ich kann mich an gar nichts mehr erinnern! Außer an die Festnahme, zusammen mit EXPLOITED. Das ist alles, was ich dazu sage. Wattie kann dir den Rest erzählen.

Euer zweites Album „East To The West“ erhielt gemischte Reaktionen. Meinst du mittlerweile, ihr hättet eurem ursprünglichen etwas härteren Stil treu bleiben sollen?

Nein, ich denke nicht, dass wir vom Spielerischen und Songschreiben her gesehen dasselbe hätten machen sollen wie beim ersten Album. Wir hatten uns musikalisch verbessert – außer Martin, der nie eine Note oder einen Text geschrieben hat. Aber einige der Songs auf dem zweiten Album sind sehr schlecht. Unsere neuen Sachen rocken dagegen, hört es euch mal an, wir denken, dass wir noch immer eine sehr soziale und politisch bewusste Band sind.