CLIENT.

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Dreamy tracks, good groove, grungy vocals

Immer mehr Bands versuchen, sich in einer völlig mit Heavy-Hardcore übersättigten Szene von der Masse abzuheben, indem sie sich auf Melodien und gut strukturiertes Songwriting zurückbesinnen. Das Problem dabei ist, dass vielen dieser Bands die musikalischen Fähigkeiten fehlen, um eine wirklich gute Platte zu schreiben und nicht nach drei Songs zu langweilen. CLIENT. schaffen das aber außergewöhnlich zielsicher, was aufgrund des geringen Durchschnittsalters der fünf Jungs bemerkenswert ist.

Und eins vorneweg: Ja, der Punkt im Namen ist wichtig. Zum einen sieht er auf eine hipstereske Art und Weise gut aus und zum anderen unterscheidet sich die junge Band aus Hannover damit von der gleichnamigen englischen Elektropop-Band. Wenn Sänger André im Interview seine eigene Band in das Alternative/Rock-Genre steckt, dann wirkt das schon fast zynisch. Schließlich befinden sich CLIENT. damit in einer Schublade mit Bands wie NICKELBACK und diese beiden haben ja nun mal gar nichts gemein, spielen die einen doch gute, ehrliche Musik mit Tiefgang und Seele, und die anderen sind eben NICKELBACK.

Nach zwei EPs und knapp zwei Jahren Bandgeschichte bringen CLIENT. nun ihr erstes Album raus, so wie alle vorherigen Veröffentlichungen über das D.I.Y.-Label Street Survival Records. „Timo ist ein superguter Kumpel von uns. Er hat uns von Anfang an auch finanziell sehr unterstützt und die Zusammenarbeit war immer absolut stressfrei. Trotzdem gibt es Überlegungen, das Album im Ausland vielleicht über ein anderes Label zu veröffentlichen. Wo genau, wissen wir noch nicht, wir wollen die Platte jetzt erst mal in Deutschland rausbringen und sehen dann weiter.“ Dass es sich bei Street Survival eigentlich um ein reines Hardcore-Label handelt und man sich auch größtenteils konzerttechnisch in dieser Szene bewegt, ist für CLIENT. manchmal nicht ganz so einfach. „Es gibt immer wieder Leute, die zu einer Hardcore-Show kommen und uns dann dementsprechend entweder nicht sehen wollen oder es einfach nicht gut finden. Klar, oft kommen auch Leute extra wegen uns oder sind einfach positiv überrascht. Trotzdem wollen wir auch jetzt im Zuge der LP ein bisschen mehr versuchen, in anderen Bereichen Fuß zu fassen.“

Nach einigen Anläufen in der Vergangenheit und ein paar Wochenendtrips treffe ich CLIENT. auf der Hälfte ihrer ersten großen Tour mit AYS und WARBRAIN, die insgesamt gute zwei Wochen dauert. „Das Beste daran auf Tour zu sein ist, überhaupt unterwegs sein zu können. Außerdem ist es eine große Ehre für uns, dass wir uns jeden Tag mit so guten Bands die Bühne teilen dürfen“, sagt Gitarrist Alex und André fügt hinzu: „Das Schlimmste ist, dass wir leider nicht die besten Autofahrer sind und unseren Bus schon total zerlegt haben. Da wird nach der Tour sicher finanziell noch einiges auf uns zukommen.“ Dass bei CLIENT. keiner älter ist als 23 Jahre und an manchen Stellen vielleicht noch etwas Erfahrung fehlt, merkt man musikalisch und textlich jedenfalls nicht. Es geht zwar in den Songs ausschließlich um Herzschmerz und Persönliches, allerdings wirkt dies zu keinem Zeitpunkt gekünstelt oder erzwungen. „Da ich alleine die Texte schreibe, sind diese natürlich total subjektiv, und es handelt sich dabei in erster Linie um meine Erlebnisse. Klar ist es schön, wenn sich andere damit identifizieren können, aber das steht für mich beim Schreiben nicht an erster Stelle.“

Das Songwriting sei wohl auch ein natürlicher Prozess, an dessen Anfang Gitarren und an dessen Ende der Gesang steht. „Ich hab auch schon gehört, dass bei anderen Bands die Texte am Anfang stehen. Das funktioniert bei uns nicht. Ich lasse mich immer von der Grundstimmung der Musik, die wir schreiben, zu meinen Texten inspirieren. Klar, manchmal habe ich auch ein bestimmtes Thema, über das ich schreiben möchte, aber dann suche ich mir erst mal den passenden Song dazu aus, bevor ich loslege.“ Die Aufnahmen zum Album gingen dann leider auch nicht so schnell wie erhofft. „Der Aufnahmeprozess war wirklich langwierig, das lag wohl vor allem daran, dass wir uns so viele Tage im Studio nehmen mussten und es uns nicht möglich war, das alles am Stück zu machen. Also vergingen zwischen den einzelnen Instrumenten auch mal ganze Wochen. Wir haben uns aber wirklich wohl gefühlt, wir haben wieder bei Alex Sickel vom Tiny Pond-Studio in Hannover aufgenommen und der hat uns einige gute Vorschläge gemacht, die hilfreich gewesen sind, ohne zu sehr den Produzenten raushängen zu lassen. Er hat bisher alle unsere Aufnahmen seit dem Demo gemacht und sich mit uns quasi weiterentwickelt. Wir lassen uns da nicht so gerne reinreden, nur sehr ausgewählte Leute dürfen im Studio aktiv an den Songs mitarbeiten und bei ihm hatten wir immer ein gutes Gefühl.“

Die CLIENT.-Songs vermitteln ein gutes Gefühl. Getrieben von schönen Melodien und definiert durch guten, klaren Gesang klingen sie über die ganze Albumlänge ausgewogen und abwechslungsreich. Ihr Sound ist vielleicht nicht einzigartig, aber die Qualität ihres neuen Albums „Joy Is The Only Treat“ ist dermaßen hoch, dass sie sich in keinster Weise hinter ihren Genrekollegen verstecken müssen. Und das, obwohl (oder gerade weil) ihre musikalischen Entwicklung irgendwo zwischen LIMP BIZKIT und irgendwelchen Deutschpunk-Bands stattgefunden hat. Es ist eine sehr gute Zeit für Emo/Punk/Alternative/Grunge-Bands, und die Liste derer, die gerade große internationale Erfolge damit verbuchen, ist lang. CLIENT. gehören dabei zu einer Gruppe befreundeter Bands mit ähnlichem Sound wie SANDLOTKIDS, NEW NATIVE oder RIVERS & TIDES, die sich im deutschsprachigen Raum weiter etablieren möchten. Wenn alle genannten Bands ähnlich starke Platten nachlegen, wie „Joy Is The Only Treat“ eine ist, dann sollte diesem Vorhaben auch nichts mehr im Wege stehen. Und überhaupt scheint für André eine Sache klar zu sein: „Ich will, dass die Leute da draußen einfach das machen, worauf sie Bock haben. Uns wurde schon oft gesagt, dass das, was wir machen, scheiße ist oder unpassend oder so ein Schwachsinn. Spielt die Musik, die ihr spielen wollt, und habt Spaß dabei, das ist die Hauptsache.“