MINSK

Foto

Wie Phönix aus der Asche

Anfang 2015 ist das neue Album der 2002 in Peoria, Illinois gegründeten Post-Metal-Band MINSK auf Relapse erschienen. „The Crash & Draw“ markiert die Rückkehr der Band aus Illinois, sechs Jahre nach ihrem letzten Album „With Echoes In The Movement Of Stone“. Wir stellten Tim Mead ein paar Fragen zum neuen Album und zur Band, in der Sanford Parker (u.a. NACHTMYSTIUM) eine wichtige Rolle spielt, auch als Produzent.

Minsk ist derzeit in aller Munde – allerdings wegen des Ukraine-Gipfels der dort stattfand. Was verbindet euch mit dieser Stadt in Weißrussland?


Als wir vor einigen Jahren nach einem passenden Namen suchten, wirkte dieser Teil der Welt wie etwas Mysteriöses, etwas sehr Entferntes und Fremdes für uns Kids aus dem Mittleren Westen der Vereinigten Staaten. Unser Gitarrist und Sänger Chris Bennett war besonders von der russischen und slawischen Geschichte und Geografie fasziniert, und uns gefiel die Idee, einen Namen zu haben, der solche Assoziationen heraufbeschwört. Rückblickend ist es komisch, wenn wir mit Leuten aus aller Welt kommunizieren und sehen, wie verschieden der Name aufgefasst wird. Wir konnten damals ja nicht ahnen, dass die Band jemals solch eine Reichweite besitzen würde, und haben uns keine Gedanken darüber gemacht, wie es auf Leute aus Moskau oder Warschau wirken würde. Für uns repräsentiert der Name einen Ort, der weit weg ist, einen Ort zwischen den klaren Definitionen von Ost und West, der nicht einfach zuzuordnen ist. Einen Ort, der ein historisches Symbol für Wiedergeburt und Entschlossenheit war. Die Geschichte von Minsk besagt, dass die Stadt mehrmals niedergebrannt wurde, nur um wieder wie ein Phönix aus der Asche aufzuerstehen. Diese Assoziationen haben uns inspiriert und so haben wir uns dafür entschieden, unsere Band nach dieser Stadt zu benennen. Auch nach zwölf Jahren scheint der Name noch zu passen, da wir uns weiterhin mit dem Motiven Aufstieg, Fall und Rückkehr beschäftigen.

„The Crash & The Draw“ ist euer erstes Album seit sechs Jahren. Das ist ein recht großer Abstand zwischen zwei Alben.

Wir waren nicht in Eile und die Zeit war auch erforderlich, um sicherzustellen, dass sich die Band auf dem richtigen Weg befindet. Nach den Touren zum Album „With Echoes In The Movement Of Stones“ steckten wir in einer Sackgasse und es brauchte Zeit, um da wieder rauszukommen. Es wurde immer schwieriger, da auch persönliche Probleme im Weg standen. Wir mussten wieder einen Schritt zurückgehen, die Lage überdenken und uns um andere Angelegenheiten kümmern, die unsere Aufmerksamkeit erforderten. Im Laufe der folgenden beiden Jahre haben wir, frei von jeglichem Druck etwas aufnehmen oder auf Tour gehen zu müssen, angefangen wieder nach vorne zu schauen. Die neuen Bandmitglieder hatten sich allmählich integriert und es schwirrten uns neue Ideen im Kopf herum. Wir fanden wieder Spaß daran, gemeinsam etwas zu komponieren. Es war um 2011 und 2012, als wir angefangen haben, neue Lieder zu schreiben und unsere Aufmerksamkeit wieder auf ein Album zu richten. Im Sommer 2013 gab es eine kleine Tour, um das neue Material das erste Mal live auszuprobieren.

Ihr habt euch mit einem Song an einem EYEHATEGOD-Tribute-Album beteiligt. Gibt es weitere wichtige Einflüsse?

Außer dem erwähnten Coversong gibt es die MINSK/UNEARTHLY TRANCE-Splitsingle, für die beide Bands jeweils einen Roky Erickson-Song gecovert haben, und es gibt noch ein HAWKIND-Tribute-Album, das wir gemeinsam mit US CHRISTMAS und HARVESTMAN gemacht haben. MINSK wären ohne innovative Bands wie BLACK SABBATH, PINK FLOYD, NEUROSIS oder SWANS nicht möglich gewesen. Vielleicht stammen meine prägendsten Einflüsse aus meiner Kindheit: das Aufwachsen im Mittleren Westen, die Kirchenlieder, die ich mit meiner Familie gesungen habe, die Countrymusik, die mich umgab und den Ort durchdrang, in dem ich aufwuchs. Vielleicht ist der größte Einfluss die Gegend selber und die Denkweise in diesem Teil der Erde. Vielleicht war es der Punkrock und der Hardcore in einer bestimmten Zeit meines Lebens. Vielleicht waren es Schriftsteller wie Blake und Thoreau, die uns das Spiel der Sprache und ein anderes Denken beibrachten. Vielleicht sind es die Freunde gewesen, mit denen wir jahrelang Musik gemacht haben, die uns unterrichteten und unser Denken und Schaffen erweiterten. Allerdings würde jedes Bandmitglied diese Frage anders beantworten. Und das ist es, was mich immer an unserem Projekt begeistert: dass wir einen gemeinsamen Raum für unsere kreativen und individuellen Perspektiven schaffen.

Ihr habt vor allem sehr lange, epische Songs. Sehnt ihr euch nicht mal nach einem Zwei-Minuten-Punkrock-Song?

Ich denke nicht, dass es wirklich eine bewusste Entscheidung war, besonders lange Lieder zu schreiben, aber das ist häufig das Ergebnis. Vielleicht zielen wir auf etwas ab, das seine Zeit braucht, um sich zu entfalten. Ich denke, dass es eine Dichte in der Musik gibt, die gerade in Bezug auf das Erzählen der damit verbundenen Geschichten Geduld verlangt. Es sind deshalb die langen Lieder, die diese „epische“ Qualität erreichen, von der du sprichst. Trotzdem stehen wir natürlich auch auf einen guten zweiminütigen Punkrock-Smasher!

Im April geht ihr wieder auf Europatour, nun das dritte Mal. Habt ihr bestimmte Erwartungen an diese Tour?

Es ist schwer zu sagen, was wir uns von dieser Tour erhoffen. Es ist sechs Jahre her, seit wir in Europa waren. Wir sehnen uns danach zurückzukommen. Es gibt dieses Mal auch wieder einige Stationen auf der Tour, wo die Shows schon letztes Mal sehr viel Spaß gemacht haben, so wie Hamburg, Leipzig, Berlin oder London, aber es werden auch Orte dabei sein, die wir noch nicht kennen. Unsere früheren Touren in Europa haben uns immer sehr inspiriert. Seitdem die Ankündigung für unser neues Album raus ist, haben uns schon viele positive Reaktionen aus Europa erreicht. Ich freue mich schon, die Menschen, die wir in der Vergangenheit kennen gelernt haben, wiederzusehen und etwas zum ersten Mal mit denjenigen zu teilen, die uns bisher nicht kennen. Unser neues Album wird vor dem Start der Tour veröffentlicht, was ein sehr guter Zeitpunkt ist, um dem Publikum etwas Neues zu präsentieren.