GIULIO GALAXIS

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Galaktischer Super-Punkrock

Dass Deutschpunk nicht immer nach Deutschpunk klingen muss, haben GIULIO GALAXIS aus dem Saarland mit ihrem starken selbstbetitelten Debüt bewiesen. Das Quintett hat erst ein Jahr auf dem Buckel, doch hinter der Combo mit dem fiktiven Superheldennamen stecken allesamt Musiker, die sich bereits mit ihren alten Bands einen Namen gemacht haben. Vor allem Sänger Measy ist quasi ein alter Hase und war vorher unter anderem bei DIE ROTE SUZUKI und PRINZESSIN HALTS MAUL aktiv. Im Gespräch mit ihm durfte ich erfahren, wie melodischer Punkrock à la MILLENCOLIN mit Beatdown Hardcore harmoniert und warum es nun GIULIO GALAXIS mit PEGIDA und Konsorten aufnehmen muss.

Mit GIULIO GALAXIS liegt ihr musikalisch nicht allzu weit von dem entfernt, was ihr vorher mit PRINZESSIN HALTS MAUL gemacht habt. Eure Wurzeln innerhalb der Band sind aber wesentlich breiter. Wie hat das gepasst?


Von PRINZESSIN HALTS MAUL sind Bassist Schmitti und ich dazugekommen. Ich denke, der gemeinsame Nenner beider Bands ist Punkrock, während unsere beiden Gitarristen Lancelot und Moshe und Schlagzeuger Shorty überhaupt keinen Bezug zum Deutschpunk hatten. Viele der Bands, mit denen wir bisher verglichen wurden, sind ihnen völlig unbekannt. Dieser Umstand ergibt einen Gesamtsound, den ich wirklich sehr erfrischend finde. Als musikalischen Einfluss würde ich da eher melodischen Hardcore der Neunziger und sogar Bands wie MILLENCOLIN nennen. Vor GIULIO GALAXIS haben die anderen Hardcore gemacht und es macht wirklich Spaß, die Songs, die entstehen, in Deutschpunk umzuwandeln.

Es gab schon den ersten Wechsel an der Gitarre, oder?

Ja, Freddie, der die Band mit uns gegründet hat, ist aus persönlichen Gründen nach den Studioaufnahmen ausgestiegen und wurde durch Moshe ersetzt. Das hat auch reibungslos funktioniert, da Moshe mit Shorty noch bei der Beatdown-Hardcore-Band DEAD END TRAGEDY spielt.

Und warum ein Superheld?

Grundsätzlich war mein Wunsch, was Cover und Bandnamen angeht, komplett Deutschpunk-Klischees zu vermeiden, um den Hörer zu überraschen und damit jeder erst mal ohne Erwartungen an unsere Musik rangeht. Bei vielen Bands sieht man ja direkt, was dahintersteckt. Das ist bei GIULIO GALAXIS eben nicht so. Mit dem Namen entstand auch der Charakter Giulio Galaxis, der ja auch gleich im ersten Song vorkommt. Ich denke, der wird sich in Zukunft in irgendeiner Form auch weiterentwickeln. Wie genau, weiß ich jetzt noch nicht. Warten wir ab, was passiert, wenn er wieder zur Erde zurückkehrt.

Wie passt ein eher spaßiger Bandname und so eine fiktive Figur zu den ernsten Themen, die ihr in euren Texten verarbeitet?

Ich finde, das passt schon gut, denn die Story ist ja, dass die Figur durch die Geschehnisse dermaßen reizüberflutet ist und nicht mehr klarkommt, dass sie erst einmal die Flucht als Ausweg nutzt, um sich zu sammeln und alles aus der Ferne zu analysieren. Eine solche Geschichte kann sich durchaus mit ernsten Themen befassen. Auch hier gibt es wieder dieses Überraschungsmoment für den Hörer.

Bleiben wir bei den Inhalten. Dreht „Offline“ sich um die irrsinnige PEGIDA-Bewegung?

Als die Band gegründet wurde und haben wir sofort angefangen, Songs zu schreiben. Drei Monate später haben wir dann das Album aufgenommen. In der Zeit tauchten auch die PEGIDA-Bewegung und ihre Ableger auf. Das hatte natürlich zur Folge, dass ich mich mit dem Thema auseinandergesetzt habe. „Offline“ zählt anfangs die vermeintlichen Gründe und Umstände auf, mit denen die meisten Leute ihre negative Einstellung und Vorurteile gegenüber Flüchtlingen und Fremden an sich rechtfertigen oder erklären wollen. Im zweiten Teil spreche ich die Leute dann direkt an. So praktisch und informativ das Internet auch ist, finde ich, dass es leider auch andersrum sehr gut funktioniert, mit Halbwahrheiten und Fehlinformationen Angst und Unsicherheit zu schüren. Viele Leute glauben einfach alles, was im Internet geschrieben und gezeigt wird. PEGIDA und auch andere fremdenfeindlichen Bewegungen haben dadurch auch die Möglichkeit, das für sich zu nutzen und Einfluss auf die Menschen auszuüben.

Ein weiteres aktuelles Krisenthema, die Flüchtlingspolitik, sprecht ihr mit „Holiday in Lampedusa“ an. Ihr engagiert euch als Band auch für den Verein Pro Asyl.

Auch das Thema war zum Zeitpunkt der Entstehung des Albums brandaktuell und ist es immer noch. Es ist wirklich schlimm, dass die Medien dieses Thema zum großen Teil ignorieren, da sterben täglich hunderte oder tausende Menschen vor unseren Küsten und gleichzeitig interessieren sich die Leute wochenlang für den lapidarsten Scheiß. Wir hatten uns überlegt, vor der Albumveröffentlichung neben den beiden Videos noch den Song „Offline“ zu veröffentlichen. Den kann man sich auf unserer Seite downloaden und dafür bezahlen, was man möchte. Der Erlös geht komplett an Pro Asyl, da das für uns die richtige Stelle zu sein scheint. Es handelt sich dabei nicht um eine „Kampagne“ oder Ähnliches. Da wir als Band ganz neu dabei sind, ist das natürlich für den Verein nicht wirklich werbewirksam, weil unsere Seite aktuell noch nicht so viele Besucher hat. Die Aktion läuft aber weiter und jeder ist eingeladen, sich den Song zu kaufen. Wir sind froh, wenn wir da ein paar Euro beisteuern können.

Wie sehen die Zukunftsvisionen von GIULIO GALAXIS aus?

Aktuell haben wir alle Konzerte auf den Herbst verschoben, da wir wieder mitten im Songwriting stecken. Anfang 2016 wollen wir direkt wieder ins Studio. Die neuen Songs werden etwas experimenteller und eigenwilliger.