Chris Cresswell (FLATLINERS)

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Schöne Tattoos an schönen Menschen

Chris, wie bist du zu deinem ersten Tattoo gekommen?

Als Kind wollte ich eigentlich schon immer ein Tattoo haben. Ich habe mich für Punkrock, Skateboarden und solchen Kram interessiert und da gehörten Tattoos einfach dazu. Aber ich wusste auch, dass meine Eltern es hassen würden, und so musste ich mir etwas Gutes einfallen lassen. Ich glaube, ich habe meine Karten sehr gut ausgespielt, denn mein erstes Tattoo war ein Bild von meinem Großvater mütterlicherseits. Der war Arzt an einem Krankenhaus in Toronto, und als er dann in Pension ging, ließen seine Kollegen von einem der politischen Karikaturisten des Toronto Star diese großartige Zeichnung von ihm anfertigen. Die ist klasse, denn er hat in der Karikatur drei Arme, die für seine drei Leidenschaften stehen. In der einen Hand hält er so ein medizinisches Abhörgerät, das für seinen Beruf steht, in der zweiten und dritten Hand hält er eine Briefmarke und die dazu gehörende Lupe, denn er war ein großer Sammler. Rund um ihn herum sind dann all diese Pflanzen zu sehen, denn er war außerdem ein begeisterter Gärtner. Diese Karikatur stand immer in seinem Büro und als er dann verstorben war, wollte ich etwas haben, das mich immer an ihn erinnern sollte. Also habe ich dieses Bild als mein erstes Tattoo ausgesucht.

Waren deine Eltern begeistert davon?

Ich war damals gerade mal 17 und hatte meinen Eltern nicht erzählt, dass ich mich tätowieren lasse, aber meine Mutter muss wohl etwas geahnt haben. Jedenfalls war sie sehr begeistert, als ich nach Hause kam, denn es war immerhin ihr Vater auf meinem Arm. Mein Vater war nicht glücklich, dass ich mich überhaupt tätowieren ließ, aber er fand das Bild toll.

Das Motiv stand also fest, aber welcher Künstler durfte das Tattoo dann stechen?

Oh, da habe ich mir wirklich keinen großen Kopf gemacht. Ich komme aus Richmond Hill, einem kleinen Vorort von Toronto und ich kannte bei uns im Ort genau ein einziges Tattoostudio. Also bin ich zu Mike von Stinger Tattoo in Richmond Hill gegangen und der hat es dann eben gestochen.

Du hattest also Glück, auf jemanden zu treffen, der deinen Motivwunsch exakt umsetzen konnte?

Ganz genau, denn mit Mike habe ich wirklich einen tollen Künstler getroffen. Normalerweise muss man ja lange nach jemandem suchen, der die eigenen Vorstellungen umzusetzen vermag, aber in diesem Fall wollte ich ja nur eine exakte Kopie der bestehenden Karikatur. Das hat es wohl etwas leichter gemacht.

Bist du über die Jahre zum Sammler geworden?

Ja, irgendwie schon. Es sind einfach immer mehr geworden und ich würde sagen, dass ich jetzt genug habe. Es sind auch einige idiotische dabei, die ich mir wohl nie hätte stechen lassen sollen, aber wenn man mehr als sechs Tattoos hat, ist wohl immer eins dabei, auf das man gut verzichten könnte.

Würdest du dir Tattoos entfernen lassen, wenn sie dir nicht mehr gefallen?

Nein, entfernen lassen sicherlich nicht, aber Übertätowieren möglicherweise. Tatsächlich habe ich diesen Fuchs – hier unter meinem Großvater – zweimal stechen lassen. Als ich den nach dem ersten Stechen gesehen habe, war ich wirklich ärgerlich, denn er sah fürchterlich aus. Während des Tätowierens konnte ich nichts sehen, weil mein Arm so hinter dem Kopf verrenkt war und so habe ich gar nicht mitbekommen, dass dieser Typ den Fuchs schlecht und an der völlig falschen Stelle gestochen hatte. Nachdem das Tattoo geheilt war, bin ich sofort zu meinem Freund Dave gegangen, der damals in Richmond Hill sein Studio Pain is Pleasure eröffnet hatte, und habe den Fuchs neu stechen lassen.

Planst du Tattoos auch langfristig?

Ja, manche schon, aber viele sind auch sehr spontan, wie zum Beispiel die Tourtattoos, die wir uns häufig stechen lassen, wenn wir mit befreundeten Bands auf Tour sind. Diese Tattoos sind nur so groß wie eine Euromünze, ich sammle sie auf meinem Bein und sie sind eine tolle Erinnerung. Man muss nur aufpassen, dass man nicht der Erste oder der Letzte ist, der drankommt, denn in der Mitte ist die Qualität am besten, weil der Tätowierer das Motiv schon ein paarmal gestochen hat, während er am Ende nachlässiger wird.