BUBONIX

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Eine Kiste Hansa und ein versiffter Proberaum

Die 1992 gegründeten BUBONIX aus Limburg an der Lahn erspielten sich mit ihren exzessiven und leidenschaftlichen Live-Shows eine treue Fangemeinde. Doch erst mit ihren beiden letzten Alben „Please Devil, Send Me Golden Hair“ (2007) und „Capsaicin“ (2008) setzten sie sich von anderen heimischen Bands ab, indem sie die Grenzen von Hardcore ausloteten und alle möglichen Einflüsse zuließen. Als Sänger Thorsten 2009 berufsbedingt in die Schweiz zog, löste sich die Band auf. Markus und Oliver machten weiter mit CONMOTO, denen sich später auch Sarah anschloss. Drummer Hermann ging zu TOXOPLASMA und Thorsten gründete in der Schweiz zunächst EAU-DC und später LYVTEN. Seit Ende 2015 sind plötzlich wieder Aktivitäten auf der Facebook-Seite der BUBONIX zu verzeichnen und tatsächlich, sie sind wieder am Start.

Wie kommt es, dass ihr wieder aktiv seid?

Thorsten:
Wir hatten da noch was offen, oder genauer gesagt, ich. Ich bin damals in einer ungünstigen Zeit ausgestiegen, was für mich aber ein wichtiger Schritt war. Ich wollte nun die Vergangenheit ruhen lassen, aufeinander zugehen und Frieden schließen, denn wir haben seit unserer Jugend sehr viel miteinander erlebt und waren und sind nach wie vor Freunde, die etwas Großartiges teilen. Heiko vom Mondo Bizarro Punkrock Radio war die Person, die mich dazu motivierte, alles wieder in Gang zu setzen. Dazu kommt, dass sich durch rechte Politik und die dadurch resultierende Gewalt so viel Wut und Traurigkeit bei mir angestaut hat, dass es sich richtig anfühlt, das rauszuschreien und sich in jeglicher Form aktiv zu beteiligen, für Menschlichkeit einzustehen, und auch zu versuchen, den besorgten Bürgern die Angst und die Wut zu nehmen.

Sarah: Unsere Freundschaft ist eine sehr komplizierte, aber auch eine äußerst innige. So innig, dass wir kaum miteinander telefonieren, haha. Sie funktioniert jedenfalls besonders gut, wenn keiner redet und man die Amps aufdreht. Und das haben wir wohl vermisst. Unsere Freundschaft braucht eine Kiste Hansa und einen versifften Proberaum. Von daher war es nur eine Frage der Zeit, wann wir uns erneut dort treffen würden.

Olei: Aber eigentlich war es ganz einfach, denn wir sind keine komplizierten Menschen, sondern nur die Umstände sind es manchmal. Es gab ein Konzert mit Thorstens Band LYVTEN in Hamburg, ein paar Drinks und die einfache Frage eines alten Freundes: Warum macht ihr es nicht einfach noch mal? Daraufhin hat Thorsten den Rest kontaktiert und nach fünf Minuten war eigentlich klar, dass wir wieder mal zusammen als BUBONIX Musik machen wollen.

Warum konntet ihr 2009 keinen geeigneten Ersatz für Thorsten finden?

Markus:
Wir waren als Band wie eine Familie und hier ersetzt man nicht irgendwen durch jemand anderen.

Sarah: Ich denke, dass wir als Band überhaupt erst deswegen interessant sind, weil jedes Rädchen mit dem anderen funktioniert. Da jemanden zu ersetzen, stand und steht nicht zur Diskussion. Außerdem hegen und pflegen wir eine recht komplexe Streitkultur. Das ist in einer anderen Konstellation nicht denkbar.

Olei: Ich habe mit Thorsten die Band 1992 gegründet. Mehr muss ich zu dem Thema wohl nicht sagen!

Habt ihr keine Bedenken, dass ihr euch den alten Status erst wieder hart zurückerobern müsst?

Markus:
Alter Status? Was soll das sein? Wir haben Musik immer nur für uns gemacht. Es ist natürlich schön zu sehen, dass wir Menschen mitreißen konnten, und wir hoffen natürlich, dass uns das wieder gelingt.

Sarah: Nein, Status interessiert uns nicht. Es ist natürlich jetzt ein wenig ungewiss, ob und wie viele Leute kommen werden, aber wir wollen einfach Zeit miteinander verbringen, zwischendurch etwas Musik machen und uns ein paar blaue Flecken holen.

Olei: Wir reden viel – über unsere Kinder, die Arbeit, Frauen, Freundinnen, Politik, Fußball, Bier, Biotofu und was weiß ich noch alles. Und wir reden und diskutieren intensiv und nicht oberflächlich. Und das hat mich überzeugt, wieder mit der Band auf die Bühne zu gehen und Musik zu machen. Wir haben etwas zu sagen – das ist unser Status.

Thorsten: Um Status geht es uns nicht, es ist nur Musik und die soll uns als Band erst mal wieder ein gutes Gefühl geben. Wenn das ein paar Leute mit uns zusammen auf den Gigs feiern, ist das natürlich umso schöner. Der Status der Freundschaft und des Friedenschließens hat da, glaube ich, mehr Priorität.

Was ist mit euren anderen Bands, CONMOTO und LYVTEN, gibt es die noch?

Sarah:
CONMOTO ist zunächst auf Eis gelegt. Ich wohne in Hamburg, studiere auf den letzten Metern Kulturwissenschaften, die Jungs haben Haus und Kind in Limburg, in der Heimat. Aber es gibt noch ein paar sehr feine Demo-Songs auf unseren Festplatten. Und wir wissen ja, Musik auf Festplatte, das ist unsexy. So eine 12“ würde dem doch eher gerecht werden. Mal sehen, was die Zeit so zulässt.

Thorsten: Mit LYVTEN haben wir erst kürzlich unser Debüt veröffentlicht. Uns gibt es nach wie vor und das ist nicht einfach nur ein Projekt. Beide Bands kennen sich und hatten auch mit CONMOTO ein Wochenende zusammen, wie zum Beispiel im Bla in Bonn, wo bis auf Nenad alle von BUBONIX anwesend waren und wir kurzerhand mit BUBONIX drei Songs gespielt haben.

Wie soll es nun mit den BUBONIX weitergehen? Gibt es nur ein paar Gigs oder weitere Pläne?

Thorsten:
Wir werden eine Welttournee spielen, unsere Kids im Stich lassen, uns verschulden und einen auf Rockstar machen, haha. Nein, nein, wir spielen eine Minitour durch Deutschland und ein Festival, das uns sehr am Herzen liegt. Wie es dann weitergeht, wird sich zeigen, aber jetzt konzentrieren wir uns auf die kommenden Gigs und freuen uns.

Olei: Ich denke, wir werden uns bestimmt häufiger sehen als in den letzten acht Jahren. Neben den erwähnten Gigs hat Thorsten den Rest in die Schweiz eingeladen. Ob nur zum Wandern oder aber auch zum Musizieren, wird sich noch herausstellen.

Sarah: Wir haben gemerkt, dass wir uns das eine Mal noch schuldig sind, noch einmal so richtig laut sein und explodieren. Ich glaube, das ist eine Sucht, die wir alle miteinander teilen und die wir uns nur gegenseitig befriedigen können.

Markus: Weitere Pläne haben wir aber insofern, dass wir in Kürze unser erstes Album „... From Inside“, mit dem für uns das BUBONIX-Zeitalter erst anfing, neu veröffentlichen werden. Nenad kam bei der Platte zur Band, er gestaltete damals das Cover. Sarah kam für die Tour dann zur Band, weil ich leider an einem Bandscheibenvorfall operiert wurde und diese dann aussetzen musste. Mit der Platte fing sozusagen damals alles an.

Markus, im CONMOTO-Interview in Ox #99 hast du gesagt, dass dich die ganzen elektronischen Spielereien der späten BUBONIX genervt haben und du es gerne wieder straighter gehabt hättest. Wie stehst du heute dazu, wie sieht der Rest der Band das?

Markus:
Haha, war ja klar, dass du das fragst. Wir waren immer eine Band, die sechzig Minuten lang wie Flummies über die Bühne gehüpft ist. Mit „Capsaicin“ haben wir ein wenig experimentiert und die Hauptbeschäftigung beim Umsetzen der Songs auf der Bühne bestand darin, auf irgendwelche super-hippen Effektgeräte zu trampeln. Das fand ich eher unspannend, was aber nicht heißen soll, dass ich die Platte nicht geil finde.

Sarah: Also „Capsaicin“ ist definitiv meine Lieblingsplatte. Eine Kopfhörerplatte, finde ich. Aber ja, viel treten ist auf Dauer bisschen anstrengend. Nach so ein, zwei Gin wird es auch etwas kompliziert, da stimme ich Markus zu.

Olei: Ich höre die Platte nicht sehr oft. Sie ist wie ein Wein, der etwas zu wenig Sonne bekommen hat und zu früh geerntet wurde. Der ist dann meistens etwas unausgewogen und stößt hier und da komisch auf. Und ich trinke nun mal gerne einen richtig guten Wein.

Thorsten: Für mich war das Album wichtig, da die Songideen größtenteils von mir stammen und das damalige Gefühl in Text und Musik ausdrücken. Da die anderen nicht wirklich an der Entstehung der Platte arbeiten konnten, kam das eben so raus. Für mich zeigt die Platte einfach, welche Art Rockmusik ich neben dem ganzen Hardcore-Geballer sonst gerne höre und machen würde. Dass es den anderen Stress bereitete, habe ich nie wirklich wahrgenommen, aber man sollte ja nie von sich auf andere schließen.