Cover-Ikonen: RAMONES - Rocket To Russia (Sire, 1977)

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„One, two, three, four“ und ab geht’s. Ein paar „Rocket To Russia“-Tracks kennt wohl jeder: „Sheena is a punk rocker“, „Rockaway beach“, „Teenage lobotomy“, alle versammelt auf dem dritten Album der RAMONES. Neben vielen ihrer typischen temporeichen Nummern und einer ganz dicken Portion schwarzen Humors enthält „Rocket To Russia“ allerdings auch die ersten Balladen. „Here today, gone tomorrow“ weist den Weg in den Kaugummi-Himmel, nahtlos fortgesetzt von den beiden Coversongs „Surfin’ bird“ (THE TRASHMEN) und „Do you wanna dance?“ (Bobby Freeman). Man hat sich musikalisch also auf ein neues, etwas weniger trashiges und zugänglicheres Level begeben. Optisch gesehen bleibt man sich aber weiterhin treu. Das von Bandmanager Danny Fields aufgenommene Coverfoto ist stark an das Debütalbum angelehnt: Die vier Bandmitglieder posen betont gleichgültig in löchrigen Jeans, T-Shirts, Lederjacken und zerschlissenen Turnschuhen vor einer gammeligen Backsteinwand in einer unmittelbar an das CBGB angrenzenden New Yorker Gasse zwischen Bowery und Second Avenue.

Wesentlich kalauerlastiger ist da das restliche Artwork: Auf der von Punk Magazine-Gründer John Holmstrom gezeichneten und von Johnny Ramone mitentworfenen Rückseite des Albums fliegt ein mit RAMONES-T-Shirt und „Gabba gabba hey“-Fähnchen ausgestatteter Pinhead (der RAMONES-Running-Gag schlechthin) auf einer Rakete namens „USS Ramona“ in Richtung Russland. Joke-Album auf allen Ebenen also? Zumindest auf dem Innersleeve lassen sich bei allem morbid-sarkastischen Humor ernste bis kritische Untertöne aus den Cartoons, die Holmstrom zu jedem einzelnen Track angefertigt hat, herauslesen: pseudo-harmonische Familien, explodierende Bomben, Gummizellen. Die tiefere Ebene der RAMONES hat sich recht gut versteckt, denn wer achtet schon auf die Innenhülle einer Schallplatte? Was hängenbleibt, ist meist die Vorderseite. Und die lässt sich, mit Schrift versehen und visuell aufpoliert von John Gillespie und Arturo Vega, wohl genauso wenig aus dem kollektiven Punkrock-Gedächtnis löschen wie die dazugehörigen Melodien.

In denen sich im Übrigen auch reichlich Negatives unter der Scherzkeks-Zuckerwatte-Hülle versteckt – wenn man es hören will, ist es fast allgegenwärtig. So oder so: „Rocket To Russia“ ist ein Album voller Ohrwürmer und ein unumstrittener Klassiker. Und warum das alles? „There’s no stoppin’ the cretins from hoppin’ / You got to keep it beatin’ / For all the hoppin’ cretins“. Absolut. Präzise auf den Punkt gebracht.