RUTS D.C.

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Staring at the rude boys

THE RUTS, wie sie bis 1981 hießen, und die unmittelbare Nachfolgeband THE RUTS D.C. (D.C. wie „Da Capo“ im Sinne von „Zugabe“) sind eine der großen britischen Punkbands, für mich gleichauf mit THE CLASH und SEX PISTOLS. 1977 von Sänger Malcolm Owen, Gitarrist Paul Fox, Bassist Segs Jennings and Drummer Dave Ruffy im Londoner Westen gegründet, kombinierten sie klare politische Statements mit einer einzigartigen musikalischen Mischung, die Punk und Dub verband. Mit „Staring at the rude boys“, „Babylon’s burning“, „Dope for guns“, „Jah war“ und einigen anderen setzten sie sich klar vom Punk-Mainstream ab, waren melodiös und tanzbar. Nach dem Drogentod von Sänger Malcolm 1980 machten sie als Trio mit dem Zusatz „D.C.“ weiter, wandten sich stärker dem Dub zu und lösten sich 1983 auf. Nachdem Paul Fox, der 2007 starb, THE RUTS 2006 im Alleingang und ohne Owen und Ruffy wiederbelebt hatte, hauchten Letztere in der Folge ihrerseits dem Namen neues Leben ein und sind seitdem wieder sehr aktiv. Just erschien ihr neues Album „Music Must Destroy“. Ich sprach mit Drummer Ruffy.

Ruffy, wie hat es dir beim Rebellion Festival gefallen? Ich habe euren Auftritt leider verpasst, da war einfach zu viel parallel.

Ich kenne das Problem, ich habe auch kaum was gesehen, nur die STIFF LITTLE FINGERS.

Die dominierende Haarfarbe vor wie auf der Bühne war grau.

Haha, die meisten Punks heutzutage sind nun mal alt. Aber ich habe auch einige neue Gesichter gesehen – wahrscheinlich die Kinder von den alten Punks. Die Punk-Demographie ist, wie sie ist, aber wir versuchen uns davon zu befreien, indem wir nicht auf die Nostalgiekarte setzen, sondern versuchen, uns weiterzuentwickeln.

Wie schafft man es als Band, nach beinahe 40 Jahren weiterhin relevant zu sein?

Wir sind natürlich stolz auf unser musikalisches Erbe, aber wir riefen die Band 2012 nur deshalb wieder ins Leben, weil wir neues Material hatten, das wir auf dem Dub-Album „Rhythm Collision Vol. 2“ veröffentlichten. Unser erster großer Auftritt war auf dem Rebellion Festival 2012 und seitdem sind wir wieder aktiv. Letztlich sind von der alten Besetzung noch Segs und ich übrig. Wir wissen, dass wir unser Erbe pflegen und mit neuer Musik absolut zufrieden sein müssen. Die letzten zwei Jahre haben Segs und ich sowie unser Gitarrist Leigh an neuen Songs gearbeitet, mit denen wir nun sehr glücklich sind. Keine Ahnung, wie der Markt für Bands wie uns heute aussieht, wir konnten nichts anderes tun, als die bestmögliche Platte machen. Und dabei haben uns Paul und Malcolm Owen über die Schulter geschaut, so fühlte sich das zumindest an. Was das für Musik ist, daran verschwendeten wir keinen Gedanken, das taten wir noch nie. Unser erstes Album „The Crack“ war ja auch nicht nur Punkrock, sondern eine bunte Mischung.

Ich bin ein großer Fan des Dub-Elements in eurer Musik, aber das kommt beim neuen Album nicht zu tragen.

Ich mag dieses Dub-Element auch, aber wir entschieden uns bewusst für ein reines Rock’n’Roll-Album. Wir sind gut in Sachen Dub, das bekommen wir sehr einfach hin, die Musik macht Spaß und ist entspannt. Für die Rock’n’Roll-Songs müssen wir eine andere Schublade öffnen und uns darauf einlassen, das macht emotional etwas mit dir, und man kann da nicht einfach einen Deckel drauf machen, das verfolgt dich. Wir hatten mit „Rhythm Collision Vol. 2“ ein Dub-Album gemacht, zudem das Live-Album, und da beschlossen Segs und ich, dass die neue Platte ein Rock’n’Roll-Album werden muss. Dub werden wir weiter machen, wir planen bereits „Rhythm Collision Vol. 3“, und beinahe hätte es auch noch ein Dub-Song auf „Music Must Destroy“ geschafft, aber dann fanden wir, dass die zehn Songs so, wie sie sind, am besten passen. Uns war wichtig, dass die zehn Songs miteinander harmonieren, ganz so, wie man früher Alben gemacht und gehört hat – auch wenn viele Menschen Alben heute nicht mehr am Stück hören. Vor allem haben wir das Album ja auch gemacht, um selbst Spaß daran zu haben, und wenn anderen das nun genauso geht, um so besser.

„Music Must Destroy“, das ist ein programmatischer Titel. Wie ist der zu verstehen? Wenn man euch auf der Bühne sieht, wirkt das – entschuldige – nicht wie eine Krawalltruppe, die loszieht, um einen Krawall anzuzetteln.

Nein, darum geht es nicht, sondern um die Zerstörung von Negativität und Heuchelei. „Music must destroy“ klingt zunächst wie ein negatives Statement, aber ich meine das ganz anders. Klar, wir sind älter geworden, aber ich liebe meinen Job, THE RUTS, und wir müssen Songs schreiben, die uns etwas bedeuten. Es gibt genug, wogegen man protestieren muss. Ich bin 64, aber immer noch wütend. Es geht darum, jene zu bekämpfen, die unser Leben negativ beeinflussen, und gegen all das anzugehen, was gegen die Menschlichkeit gerichtet ist. „Music must destroy“ ist ein starker Slogan, aber der hat auch einen ironischen Unterton. Unsere Message ist wie zu Beginn der Band Unity, wir fühlen uns mit der ganzen Welt verbunden. Ich habe nicht für den Brexit gestimmt! Die Mächtigen versuchen uns zu trennen, aber nur gemeinsam können wir etwas erreichen, „Trenne und herrsche“ ist immer noch ihr Prinzip.

Mit Mitte sechzig sind andere bereits in Rente, du stehst weiterhin auf der Bühne.

Ja, und ich unterhielt mich beim Rebellion mit Captain Sensible darüber, wie glücklich wir uns doch schätzen dürfen, als Musiker unseren Lebensunterhalt bestreiten zu können und nicht in der 9-to-5-Tretmühle mitlaufen zu müssen. Wir sind privilegiert, uns Gedanken machen zu können über den Zustand der Welt, andere haben genug damit zu tun, was zu essen auf den Tisch zu bekommen. Wir versuchen gute Musik zu machen und eine gute Message zu verbreiten. Wir sind lustige Typen, wir haben gerne Spaß, wir müssen also nicht nur irgendwelches deprimierendes Zeug verbreiten.

„Burn down religion but don’t burn faith or the filthy“ singt ihr in „Music must destroy“. Wie ist das zu verstehen?

Spiritualität ist Teil der menschlichen Natur, und so mache ich mich nicht lustig über jemanden, der an etwas Positives glaubt. Allerdings scheint es so, dass die meisten Kriege auf der Welt etwas mit einer Interpretation dessen zu tun haben, was jemand als „den Willen Gottes“ ansieht. Wie so was bei den Christen abläuft, haben wir in Großbritannien jahrelang zwischen Katholiken und Protestanten in Nordirland miterlebt. Und heute haben wir den IS und wie sie alle heißen, und echte oder selbsternannte religiöse Führer predigen Hass – nicht alle, aber viele. Religion taugt also nichts, aber ich bin nicht gegen Spiritualität. Eine gewisse Demut schadet nicht dabei, seinen Platz in der Welt zu finden. Was nun die „filthy“ betrifft, die „Schmutzigen“, so meine ich damit die Habenichtse, jene in der Dritten Welt. Wir leben in der Ersten Welt, wir haben alles, was wir brauchen, und okay, wir müssen auch dafür kämpfen, dass man uns unsere Freiheit lässt, aber wir werden heute Abend was zu essen auf dem Tisch haben, haben ein Bett und können uns auch mal ein Bier leisten. Wir sind auf der Welt aber eine Minderheit, und darum geht es in dem Text. Wir wissen das zu schätzen, wir kommen aus der Arbeiterklasse, ich kenne Armut, und die Musik hat mich vor der Gosse bewahrt. Und dessen bin ich mir bewusst, daran will ich mit dem Text erinnern. Das erzähle ich auch meinen Kindern und Enkelkindern.

Henry Rollins ist Gastsänger beim Titelsong „Music must destroy“. Wie habt ihr den denn ins Studio gelockt?

Dazu muss ich etwas ausholen. Segs und ich hatten ja nie vor, RUTS DC wieder ins Leben zu rufen. Aber 2007 war Paul Fox, unser alter Gitarrist, mit dem wir RUTS DC nach dem Tod unseres Sängers Malcolm Owen 1980 gegründet hatten, schon schwer krank. Mit RUTS DC hatten wir zwei Alben gemacht, „Animal Now“ und „Rhythm Collision“, bevor wir uns 1982 auflösten, weil es einfach nicht mehr passte zwischen uns. Segs ging damals nach Paris, ich wurde Profimusiker und spielte mit zig verschiedenen Leuten. Und dann gab es 2006 plötzlich diese Band FOXY’S RUTS, die spielten nur die Sachen vom ersten Album. Ehrlich gesagt war ich nicht wirklich begeistert davon, aber okay, ich ließ ihn gewähren – was sollte ich denn machen, wenn ein alter Freund noch mal ein paar Kröten verdienen will? Dann aber meldete sich Paul bei mir und sagte mir, er habe Lungenkrebs und nicht mehr lange zu leben. Paul Fox hatte einen massiven Einfluss auf mein Leben, ich liebte den Kerl, also entschieden wir uns, ein gemeinsames Konzert zu spielen, obwohl Segs und ich eigentlich keine Lust auf so ein Nostalgie-Ding hatten. Paul hatte einen Typen von einer RUTS-Coverband angeheuert, der Typ sah aus wie Malcolm, er bewegte sich wie Malcolm, zog sich wie Malcolm an, redete wie Malcolm. Das war echt seltsam. Wir schoben alle Bedenken beiseite und haben zugesagt, dieses eine gemeinsame Konzert in London zu spielen. Das lief richtig gut, war schnell ausverkauft, und wir hatten eine Menge Special Guests, THE DAMNED, UK SUBS, Tom Robinson – und Henry Rollins als Gastsänger.

Warum Henry?

Es gibt nicht so viele Leute, die hinbekommen, was Malcolm gemacht hat. Wir wussten nur, dass er RUTS-Fan ist, seit er uns damals, 1981, als RUTS DC in Washington D.C. live gesehen hatte. Ich fragte ihn, aber er war recht unfreundlich, er wolle nicht mit ein paar traurigen alten Gestalten auf der Bühne stehen. Ich antwortete, wir seien zwar alt, aber gute, aktive Musiker. Es gibt ja in der Tat einige alte Bands von damals, die heutzutage nicht wirklich gut sind. Und sowieso, was soll denn das Alter für ein Argument sein? Musik zu machen ist etwas, das man auch im Alter noch tun kann. Letztlich stimmte Henry nach ein paar weiteren Gesprächen zu und wir stellten für das Konzert im Juli 2007 ein 25-Minuten-Set zusammen. Das lief super, es war eine schöne Sache für Paul, der leider ein paar Wochen später, im Oktober, starb. Wir hatten immerhin die Zeit nutzen können, unsere Unstimmigkeiten aus alten Tagen aus der Welt zu schaffen, und wir hatten das Konzert gespielt, ohne wie eine Coverband zu wirken. Nach Pauls Tod wollte seine Band weitermachen, aber wir machten ihnen klar, dass das nicht läuft. Nicht, weil wir vorhatten das zu übernehmen, sondern weil ich unser Erbe in würdigen Händen sehen wollte.

Warst du mit Segs denn all die Jahre in Kontakt?

Wir haben immer wieder zusammengearbeitet, und zudem waren wir auch mit zwei Schwestern verheiratet, was reiner Zufall war. Er war also immer Teil meines Lebens und ein guter Freund, und als Musiker kamen wir intuitiv miteinander klar. Und so lief das auch mit dem Album. Wir waren mal mit einem Toningenieur namens Steve Dub im Studio und machten eine Remix. Segs fragte, warum wir nicht Neil Fraser anrufen, den „Mad Professor“, und wir hatten nichts als eine Tüte Gras und ein paar Ideen, woraus wir dann quasi aus dem Nichts in ein paar Tagen zwei Songs machten, mit der Hilfe von Seamus Beaghen, der in Achtzigern auch mal in der Band von Iggy Pop spielte. Da merkten Segs und ich, dass wir es immer noch draufhaben, und Neil meinte, wir hätten immer noch den gleichen Vibe wie damals. Musikalisch war das eine Mischung aus frühem New York-Breakbeat und Reggae, und im Laufe der nächsten zwei Jahre machten wir dann weiter, besorgten uns ein paar Gastsänger und das wurde dann „Rhythm Collision Vol. 2“, das 2013 erschien. Wir waren glücklich damit und es kam gut an, und so spielten wir auch ein paar Shows. In all der Zeit blieb uns Henry verbunden, sah uns live, sprach von uns in seiner Spoken Word-Show. Als nun das neue Album anstand, sprach ich ihn, als er mal wieder in London war, einfach an, ob er nicht Lust hätte, auf dem neuen Album zu singen. Eigentlich macht er das nicht mehr, er hat sich da rausgezogen die letzten Jahre. Er sagte aber, er würde das sehr gerne machen. Und so schickten wir die Aufnahmen zu ihm rüber nach Los Angeles und er nahm dort in einem Studio seinen Gesang auf, und so sind bei „Music must destroy“ jetzt abwechselnd Segs und Henry zu hören. Keiner kann so wütend wirken wie Henry, finde ich.

Ihr habt ja noch andere Gastsänger dabei, unter anderem Jake Burns von STIFF LITTLE FINGERS und Kirk Brandon von THEATRE OF HATE und SPEAR OF DESTINY.

Letztes Jahr hatten wir ein paar Akustikauftritte unter dem Namen DEAD MEN WALKING. Jake, Segs und Kirk spielten Akustikgitarre, ich Snare-Drum, alle sangen. Und das lief richtig gut, wir wiederholten das, und so baten wir Kirk für den Song „Kill the pain“ ins Studio und Jake für „Golden boy“. Und übrigens haben wir auch ein paar Gastgitarristen.

Marc Pirroni von ADAM & THE ANTS und Captain Sensible zum Beispiel.

Ich habe 1995 mal bei den ANTS mitgespielt, zusammen mit David Barbarossa, der auch mal bei BOW WOW WOW war. Wir kannten uns aus der Zeit, als wir beide in der Band von Sinead O’Connor spielten. Als ich Paul Fox 1975 das erste Mal traf, probte ich in einem alten Lagerhaus unten an der Themse. Heute ist das eine extrem teure Ecke, damals war das völlig abgerissen. Marco hatte damals eine Band namens REMA-REMA, später war er auch mal eine Woche bei SIOUXSIE & THE BANSHEES und kam dann mit Adam Ant zusammen. Wir kennen uns also schon eine Weile, er war damals mit Paul Fox befreundet, und irgendwann hatten wir uns dann angefreundet. Für den Song „Peace bomb“ fehlte uns dann noch die zündende Idee, und so fragte ich Marco, der dann mit diesem markanten Riff ankam – das hat was von T.REX, er liebt Glam. Da schloss sich der Kreis. „The vox teardrop“ ist der Song, bei dem Captain zu hören ist – mein Lieblingssong des Albums, der hat was von den STOOGES. Captain Sensible war immer schon THE RUTS-Fan, und so fragte ich ihn, ob er nicht was spielen wolle. Er steuerte das Solo am Schluss bei.

Rollins ist großer RUTS-Fan, kommt aus Washington DC. Beim Rebellion Festival machte Brian Baker von DAG NASTY, bevor sie wie auf ihrem „Field Day“-Album „Staring at the rude boys“ coverten, die Ansage, dass es keinen in der Achtziger-DC-Szene gegeben habe, der nicht THE RUTS-Fan gewesen war. Wieso habt ihr bei denen so einen guten Ruf?

Wir spielten damals im 9:30 Club. DC war eine Hardcore-Stadt und ein seltsames Gebilde. Es ist der Regierungssitz, aber kaum bist du einen Block entfernt, bist du in einer anderen Welt: Von teuer und reich zu Ghetto in nur ein paar Metern. Die hatten da ihre ganz eigene, kleine Szene. Wir spielten als THE RUTS DC, als Trio, bei zwei US-Touren in DC, 1981 und 1982, und es waren jedes Mal sensationelle Shows. Warum wir so einen starken Eindruck hinterließen? Im Englischen gibt es den Ausdruck „serendipity“, das bedeutet soviel wie „glücklicher Zufall“, und so einer war das wohl.

Du erwähntest vorhin, dass du dich glücklich schätzt, dass du Zeit deines Lebens als Musiker dein Geld verdienen konntest und auch vorhast, das noch ein paar Jahre zu tun. Interessierst du dich für sonst noch was?

Ich schreibe Musik, ich spiele Musik, ich produziere Musik, das ist mein Ding – traurig, aber wahr: Sonst kann ich nichts. Ich bin froh, dass ich das noch alles machen kann. Und nachdem ich jahrelang einen Stock brauchte zum Laufen, habe ich seit Mai endlich eine neue Hüfte. Die Operation war erfolgreich, und so habe ich mich in letzter Zeit zum „Gym-Junkie“ verwandelt, bin ständig im Sportstudio und im Schwimmbad. Mir gefällt es, wenn man beim Sport so ein High erlebt. Segs und ich haben ein strammes Konzertprogramm vor uns, und dafür muss ich fit sein. Wir haben das Album an Westworld lizenziert, in Europa und den USA läuft aktuell die Promo an, wir geben gerade richtig Gas. Und wir wollen die Menschen positiv überraschen, wir haben eine sehr starke bandinterne Qualitätskontrolle.

Sport, auf sich achtgeben, das stand für viele in der frühen Punkszene nicht auf dem Programm, da hieß es eher „live fast, die young“.

Haha, ja, und ich habe im Laufe meines Lebens so einiges aufgegeben ... Als wir THE RUTS gründeten, hieß es bei uns wirklich „live fast, die young“ – keiner von uns ging davon aus, älter als dreißig zu werden. Wir hatten schon einen wilden Livestyle. Irgendwann war ich dann aber 50, dann 55, dann 60 – jetzt bin ich 64 – und sagte nicht nur einmal „Hätte ich gewusst, dass ich so alt werde, hätte ich besser auf mich aufgepasst“. Ich passe jetzt auf, rauche nicht mehr, ernähre mich vernünftig – genieße aber auch eine guten Drink, stehe auf Wein und bin ein großer Fan von deutschem Bier. Segs und ich haben das Glück, keine suchtanfällige Persönlichkeit zu haben, im Gegensatz zu Malcolm und Paul. Die waren echt verrückt nach irgendwelchem Zeugs. Maßhalten ist wichtig. Und ein Überlebensinstinkt. Ich verlor meine Eltern in jungen Jahren, ich verstand es immer, auf mich aufzupassen und es nicht zu übertreiben. Und ich kann nur jedem raten, auf seine Gesundheit zu achten und alt zu werden, denn ich genieße mein Leben gerade sehr. Und selbst mit der Zurückhaltung, die uns Engländern immer nachgesagt wird, muss ich sagen, dass unser neues Album verdammt gut geworden ist. Ich bin sehr, sehr glücklich damit. Es fällt mir schwer zu beschreiben, wie gut ich mich gerade fühle: ja, ich bin 64, aber im Kopf bin ich immer noch der Junge, der ich vor vielen Jahren mal war. Dass das alles so kam, hat auch was mit der Punkrock-Bewegung zu tun: Punk war für mich eine Bewegung, die mir Freiheit gab: Mach einfach, das kannst du! Das war die Botschaft, die Punk für mich hatte. Ein Instrument spielen konnte ich damals, „Here’s a chord, here’s another chord, form a band“ war nicht, was für mich den Ausschlag gab, aber bis zu Punk hatte ich nicht den Mut, meinen Job hinzuschmeißen und nur noch Musik zu machen. Es war eine wundervolle Zeit damals, mit sehr vielen Facetten. Die einen sagen, es ging um Kleidung, um Mode, aber für mich war es etwas anderes: Punk war eine Chance für die Underdogs, die Freaks, endlich auch mal jemand zu sein. Eine Chance für all jene, die bislang nicht „cool“ genug waren für irgendeine Szene. Das hatte eine befreiende Wirkung – punk was freedom for the small guy.