GURR

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Angst vor Vögeln

Seit vier Jahren gibt es die Berliner Powerpop-Garage Band GURR aus Berlin bereits, doch erst mit ihrer Mini-LP „Furry Dream“ schrammelten sie sich 2015 so richtig in das Bewusstsein der Punk-affinen Szene. Wir befragten Andreya und Laura Lee zu allem, was es rund um dieses plötzliche GURR-Phänomen zu fragen gilt – passend zum Release des neuen Albums „In My Head“ am 14. Oktober auf Duchess Box Records.

Wie ist die Band entstanden und wie sieht es mit der Besetzung aus? Denn mal sehe ich einen Herren am Bass, auf der LP und live eine blonde Frau, eigentlich tretet ihr jedoch als Duo auf ...

Andreya: Laura und ich haben uns an der Uni kennen gelernt und die Band als Duo gegründet. Wir schreiben die Songs und organisieren auch alles drumherum – am Bass haben wir live und bei Aufnahmen bisher wechselnde BassistInnen, aber für uns funktioniert es einfach rein inhaltlich zu zweit am besten. Wir kennen und ergänzen uns gut. Es ist ja eigentlich gar nicht so selten, dass Bands sich andere MusikerInnen etwa für Touren mit ins Boot zu holen, wir haben gerade mit BLEACHED gespielt, die zum Beispiel immer mit wechselnden SchlagzeugerInnen auf Tour gehen.

Denke ich beim Bandnamen an das Geräusch einer Taube, macht mich das Maskottchen, ein Schwein, dann doch stutzig. Was hat es mit dem Bandnamen und dem Schwein auf sich?

Laura Lee: GURR ist tatsächlich eine Anspielung auf das Taubengurren. Ich habe unfassbare Angst vor Vögeln, insbesondere vor Tauben. Schweine sind hingegen meine absoluten Lieblingstiere. Das Schwein auf unserer Platte und den T-Shirts ist „Piggy Commander“ – ein fiktiver Charakter, den wir uns irgendwann im Proberaum ausgedacht haben. Piggy Commander ist ein abgebrühtes und etwas prolliges Schwein aus dem Weltraum. Wir haben ihm auch ein Lied geschrieben, das auf unserem nächsten Album erscheinen wird.

Laura, von dir habe ich erfahren, dass deine Mutter mit T. REX auf der Bühne gestanden hat, stimmt das?

Laura Lee: Meine Mutter ist in Hamburg aufgewachsen und hat neben der Schule in Ilja Richters TV-Show „Disco“ getanzt. Ich flippe immer total aus, wenn die Wiederholungen im Fernsehen laufen und ich versuche, meine Mutter in der Horde wild tanzender Teenies zu entdecken. Unter anderem war dort auch Marc Bolan zu Gast, der damals ihr totales Idol war. Sie hat ihn nach der Show um ein Autogramm gebeten und ein Redakteur, ich glaube vom Hamburger Abendblatt, hat davon ein Bild geschossen. Das ist immer noch eines meiner absoluten Lieblingsfotos von meiner Mutter.

Ihr hattet die Songs der EP im Kasten, kurz nachdem ihr in den USA gewesen seid. Was war das Lehrreiche an diesem längeren Aufenthalt?

Andreya: Während wir in den USA waren, gab es eigentlich relativ wenig „Band-Aktivitäten“ – die Songs auf „Furry Dream“ entstanden größtenteils nach unserem Aufenthalt. Wir waren dort zum Studieren und lebten fast 5.000 Kilometer voneinander entfernt. Unsere persönlichen Erfahrungen und Interessen dort haben uns und die Band aber auf jeden Fall geprägt – ich habe viel gefilmt, geschrieben und hatte mit zwei Freunden eine Band namens SAUERKRAUT MAKEOUT. Laura hat Radio gemacht, war auf einer richtig guten Uni und hat über Cyberspace Culture und digitale Themen geschrieben.

In den letzten Monaten wart ihr dann in Deutschland auf Tour. Wie lief es so?

Laura Lee: Ich glaube, bei der letzten Tour, die wir jetzt von Anfang April bis Anfang Juni gespielt haben, haben wir tatsächlich gemerkt, dass sich etwas für GURR verändert hat. Ich meine, den einen Tag gründest du naiv eine Band und schreibst Songs mit verfärbten Rotweinzähnen und plötzlich kommen immer mehr Leute zu deinen Konzerten, die zum Teil sogar die Songs mitsingen können. Bei unserem Konzert in Bamberg stürmten Menschen auf die Bühne und haben Andreya und mich beim letzten Stück so sehr fest umarmt, dass wir fast nicht weiterspielen konnten.

War diese Tour so etwas wie der wahre Startschuss eurer Bandgeschichte?

Andreya: Irgendwie hat es sich schon so angefühlt, aber da spielen mehrere Faktoren eine Rolle, zum Beispiel, dass wir endlich Vinyl mit dabeihatten, gerade an einem Album arbeiten und so weiter ... Aber als uns in München ein paar junge Menschen aus Salzburg in GURR-Shirts entgegenkamen, die unter anderem für das Konzert so weit gefahren sind, waren wir schon baff.

Mein Lieblingssong auf der EP ist „Ode to oatmeal“.Was ist so toll an Haferflockenbrei?

Andreya: Haferschleim ist einfach sehr günstig zuzubereiten und macht satt. In dem Song geht es darum, lieber Haferschleim zu essen und das zu machen, was dich glücklich macht, und dafür eben auf „mehr Geld“ zu verzichten. Ich esse Haferschleim meistens mit Zimt und Zucker oder Honig und Äpfeln. In den USA und England ist „oatmeal“ oder „porridge“ übrigens ein Frühstücks-Ding, während Haferschleim in Deutschland irgendwie immer mit Kranksein assoziiert wird. Für mehr Haferschleim auf deutschen Frühstückstischen!

„I feel so sick in a stream of booze“, bekennt ihr in „I don’t like you“. Helfen euch bisweilen alkoholische Getränke beim Verfassen von Texten?

Andreya: Vieles auf „Furry Dream“ hat mit Ausgehen und Trinken zu tun, weil wir in dieser Zeit sehr rastlos waren. Wenn ich in betrunkenem Zustand entstandene Notizen auf dem Handy lese, dann ist da selten was Gutes dabei, eher immer irgendwas mit peinlichem Pathos. Wenn ich in den Proberaum gehe, um zu schreiben, trinke ich vielleicht mal ein Bier, damit mein Gehirn ein bisschen breiiger wird, aber da ich davon schnell müde werde, verzichte ich auch gern darauf. Die Texte entstehen also in der Retrospektive.

„I’m sitting with my friends, drinking bottles of wine ...“, singt ihr in „Where did you go?“ Nur eine passende Textzeile oder liebt ihr in der Tat guten Wein?

Laura Lee: Mittlerweile finde ich tatsächlich Gefallen an gutem Wein. Deshalb bestelle ich ihn wahrscheinlich auch nicht so mehr so häufig. In den meisten Bars, in denen Musik gespielt wird, die mir gefällt, ist der Wein eher schlecht. In dem Song geht es aber um ein Mädchen, dem das alles total egal ist. Sie ist mit ihren Freunden unterwegs, trinkt schlechten, süßen Wein und baggert einen Typen an. Als der dann geht, hat der Abend keinen Sinn mehr. Ist uns allen sicher schon mal passiert.

Und wann kommt nun endlich das erste Album?

Laura Lee: Das haben wir gerade im Funkhaus Berlin aufgenommen, es wird im Oktober erscheinen, und vorher kommt eine Single.