MALEDUKADOS

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Mexikanische RAMONES-Anbetung

Im Frühjahr waren zusammen mit MALEDUKADOS aus Mexiko zwei Bands aus Österreich und Costa Rica – DEECRACKS und MALAS PALABRAS – auf Tour durch deren Heimatland, vereint unter dem Banner der RAMONES-Anbetung. Von besagter „Re-Generation Tour“ existiert nun auch eine Filmdoku, zu der wir die Gastgeber MALEDUKADOS befragten.

Wie groß ist der amerikanische Einfluss auf den mexikanischen Punkrock?

Mormi: Mit einer Ausnahme sind alle unsere Lieder in Spanisch, selbst die Coverversionen. Der amerikanische Einfluss ist groß, und weil wir Nachbarn sind, touren US-Bands hier sehr häufig.

Rulo: Unsere englische Aussprache ist nicht unbedingt die allerbeste, außerdem denke ich, dass es für uns Lateinamerikaner einen großen Markt auf unserem Kontinent und in Spanien gibt. Als es unabhängig vom sozialen Status verstärkt Internetzugriff für alle in unserer Stadt gab, habe ich dank MySpace und Soulseek über amerikanische Musik hinaus großartige Bands in allen Teilen der Welt entdeckt.

In der „Re-Generation Tour“-Dokumentation fielen mir ein paar Kids auf, die über RAMONES-Core im Gegensatz zu „Pseudo Punk“ redeten.

Mormi: Es gibt eine RAMONES-Punk-Szene, „Pan-Roc“ genannt, die aus kulturellen Gründen eher argentinisch geprägt ist. In Mexiko sind viele angezogen wie Dee Dee oder Joey, schnüffeln Klebstoff und können vielleicht gerade mal „Blitzkrieg Bop“ mitsingen. Dieser Look kommt aus Argentinien, aber sie selbst machen Pop-Rock und missverstehen die Bedeutung von Punkrock.

Was bedeuten euch die RAMONES persönlich?

Mormi: Das ist ein sehr emotionales Thema für mich! Die RAMONES sind die beste Band der Welt, haben Punkrock erst möglich gemacht und ohne Punkrock wäre mein Leben leer. Viele mexikanische Subkulturen haben in der jüngeren Geschichte versucht, die RAMONES zu imitieren und jeder kann dir einen Moment in seinem Leben nennen, der in irgendeiner Weise in Beziehung zu den RAMONES steht. Die RAMONES haben einmal in Tijuana gespielt – das wird nicht unbedingt als Mexiko betrachtet – und zwei legendäre, riesige Shows in Mexiko-Stadt, bei denen die Leute ausgeflippt sind. Wir hatten auch mal eine sehr gewalttätige, lokale Gang namens „Sex-Panchitos“, die gekleidet waren wie RAMONES-Mitglieder.

Cheivy: Die RAMONES sind auch eine meiner Lieblingsbands, da sie sämtliche Aspekte des Lebens behandeln, von den beschissensten bis zu den besten. Ich kann mich in jedes Lied hineinversetzen.

Ihr habt auf der Re-Generation Tour auch im Ramones Casa Club in Mexico City gespielt. Hat der Laden eine andere Bedeutung für euch als andere Auftrittsorte?

Mormi: Es gibt keinen besseren Platz in der Welt. Ich bin stolz, Rocka, den Besitzer, als Freund bezeichnen zu dürfen. Er ist ein bescheidener Mensch, der sein ganzes Leben lang RAMONES-Memorabilia sammelte und eines Tages beschloss, auf dem unbedeutenden Berg, auf dem er lebte, mit seinen eigenen Händen ein zweistöckiges Haus zu bauen, das er den RAMONES widmete. Arturo Vega hat einen großen Teil für seine Sammlung gestiftet und starb nur eine Woche vor der Eröffnung des Ramones Casa Clubs. Sehr traurig. Es gibt keinen Eintrittspreis und Rocka hat immer Essen, Trinken und Badges für dich.

Nach eurer Tournee mit den DEECRACKS und den MALAS PALABRAS stellt sich die Frage, wie vernetzt Lateinamerika ist.

Mormi: Wir haben ein kleines Kollektiv namens „It’s Only Punk Rock“ für Shows und Platten gegründet mit Freunden aus Costa Rica, Uruguay und Argentinien, mit denen wir den Enthusiasmus für Punkrock teilen. Vor diesem Kollektiv gab es nichts. Von außen sehen die Länder sich vielleicht ähnlich, aber wir hatten hier zehn Jahre lang den „Krieg gegen Drogen“, während Costa Rica nicht mal eine Armee hat.

Die politische Situation in Mexiko in Kürze?

Mormi: Korruption, Überbevölkerung in Mexiko-Stadt, kein Geld. Aber in den USA ist es auch nicht besser.

Cheivy: Ich denke, es ist heute schlimmer als vor fünf oder zehn Jahren. Wir verblöden in diesem Whatsapp-, Facebook-, Instagram-Zeitalter, es gibt immer mehr Schwangerschaften Minderjähriger und immer mehr Frauenmorde. Korruption, Repression und Gewalt gibt es wohl überall auf der Welt, doch hier ist es in vielen Aspekten besonders schlimm.