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Cortina Bob, Berlin

Am 06.05.2008 eröffnete in der Berliner Wienerstraße das Cortina Bob, ein Punk-Auftrittsort, der etwa 220 Leute fasst. Mittlerweile teilen sich die beiden Betreiber Dorle und Ede die Aufgaben um den Betrieb. Wir trafen sie auf einen kurzen Plausch.

Welche Band eröffnete den Laden, und wie lange dauerte es von der Idee bis zur Eröffnung?

Dorle: Eröffnet haben wir mit the HEX DISPENSERS aus Austin, Texas. Damals war der Ede noch nicht mit im Boot. Die Idee bestand schon ein Jahr vorher, doch die Suche nach einer bezahlbaren Location und der Finanzierung hat gedauert. Renoviert haben wir mit befreundeten Handwerkern relativ schnell, denn wir haben vieles umgebaut, zweckentfremdet und wiederverwertet. Immerhin war der Laden schon vorher eine Disko, dann Venue, dann wieder Disko ... Es wäre schlichtweg dumm, alles neu zu machen, denn das Teuerste an Gastro ist die Patina. Außerdem mussten wir Knete durch Ideen ersetzen. Ede hat sich erst später um den Booker-Job beworben, das heißt, er hat mich angesprochen, wir haben über Voraussetzungen und Erwartungen gesprochen und die Zusammenarbeit dingfest gemacht.

Was hat es mit No Rules Booking auf sich, ist das eine eigene „Firma“?

Ede: Ich veranstalte seit etwa 16 Jahren Konzerte. Zuerst in Kassel und seit 2008 in Berlin. Hin und wieder, aber eher sehr selten buche ich auch Touren für befreundete Bands. Ich bin also nebenher auch noch eine One-Man-D.I.Y.-Agentur ... No Rules-Konzerte müssen nicht zwangsläufig im Cortina Bob stattfinden, tun es aber meistens.

Welches waren die drei legendärsten Konzerte im Laden, und warum?

Ede: Das waren so viele, dass ich schon lange den Überblick verloren habe. Legendär waren unter anderem THE KIDS, THE QUEERS, OUTCASTS, DEFECTS, DXBXSX, TOTAL CHAOS, GBH, PENNYCOCKS, DEAN DIRG – zu viele, um sich auf drei zu einigen ... Legendär ist ein Konzert für mich, wenn die Band musikalisch wie menschlich richtig gut drauf ist, das Publikum zahlreich und gut am Feiern.

Dorle: Es waren wirklich zu viele wirklich einzigartige Shows in den vergangenen acht Jahren, großartig auch die SHOCKS, BABY WOODROSE, KADAVER, THE HEX DISPENSERS, sowie viele Berliner Bands, die einfach top notch sind! Für mich ist ein Abend gelungen, wenn vor und hinter den Kulissen alle, also der Türmann, der Tresen, die Bands, der Ede und die Wirtin auf ihre Kosten kamen, Spaß bei der Arbeit hatten. Denn das ist unser Job: wir verkaufen Freizeit.

Seid ihr manchmal erschöpft von der Sache, oder ist das noch ein nettes Hobby?

Ede: Wenn man gerne mit den Bands bis in die Früh feiert und mehrere Konzerte in Folge hat, kann es schon zur Erschöpfung führen. Aber ich sehe das immer noch als Hobby.

Dorle: Ich bin hauptberuflich Venuebesitzerin und Kneipenwirtin, daher habe ich meine Arbeit noch nie als Hobby verstanden. Erschöpfungszustände sind eingebaut, besonders wenn man, wie ich, in diesem greisen Alter von Mitte fünfzig im Spaßgewerbe tätig ist. Es ist ein vielschichtiger Job, und man muss viele der Tätigkeiten selbst übernehmen, da einem die Reichtümer fehlen, andere Leute für dies oder jenes zu bezahlen. Dazu kommen Kröpfe wie GEMA und Künstlersozialkasse, die enorm kostenintensiv sind.

Wie beugt ihr musikalischem Überdruss vor?

Ede: Den kenne ich nicht! Ich gehe immer noch gerne auf andere Konzerte, wenn ich Zeit habe. Aber es ist doch ein bisschen weniger geworden, und ich bin auch nicht mehr so traurig, wenn ich mal ein geiles Konzert verpasse. Das kann aber auch am Alter liegen.

Dorle: Das Ladenmotto ist Rock’n’Roll und alles Artverwandte. Überdruss kommt nicht auf, wenn man immer wieder neuen Input, neue Leute auf der Bühne und vor dem Tresen hat. Wir haben vor zwei Jahren mit Metal-Shows angefangen, die sehr gut angenommen werden und auch für Abwechslung sorgen.

Habt ihr noch etwas auf eurer Wunschliste?

Dorle: Mein größter Plan mit dem Laden ist zu überleben, also weiterzubestehen, auch wenn wir nicht auf der Laufmeile, sondern am Arsch der Wiener sind. Dass weiterhin alles so eine gute Teamarbeit bleibt. Wir wollen weiter Spaß haben und Spaß vermitteln, dabei fair bleiben und uns nicht verbiegen lassen. Auf unserer Wunschliste steht natürlich, dass hoffentlich immer wieder mehr und mehr Leute an den „Arsch der Wiener“ kommen.