BALANCE AND COMPOSURE

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Mit dem Leben davongekommen

Ein Verkehrsunfall auf dem Weg zu einem Konzert wäre den fünf Mitgliedern von BALANCE AND COMPOSURE aus der Nähe von Philadelphia, USA beinahe zum Verhängnis geworden. Zum Glück sind sie noch mal mit einem gehörigen Schrecken davongekommen und haben sich die Zeit genommen, das Geschehene zu verarbeiten. Die Band zog sich zurück und lernte elementare Dinge neu zu schätzen. Welchen Einfluss solch ein Ereignis auf ihn als Menschen hatte, erklärt Schlagzeuger Bailey Van Ellis im folgenden Interview.

Bailey, eure neue Platte „Light We Made“ klingt überraschend anders als die Vorgänger. Was hältst du von der Äußerung, dass sie erwachsener und ruhiger wirke?

Ich denke, dass dir jeder Musiker bestätigen kann, dass Musik sich entwickeln muss, damit sie spannend bleibt. Wir hatten das große Glück, ein paar Leute mit unserer letzten Platte „The Things We Think We’re Missing“ begeistern zu können. Damals haben wir sehr viel positives Feedback bekommen, was für uns ein Anreiz war, etwas Neues auszuprobieren. Inhaltlich, also bezogen auf die Texte, ist das Album sehr emotional und persönlich geworden, was dazu geführt hat, dass wir stellenweise auch eine andere musikalische Stimmung erzeugen wollten. Wir haben vieles ausprobiert, wie zum Beispiel die Nutzung eines Drumcomputers im Song „Postcard“.

Ist diese Denkweise auch eine Folge eures Verkehrsunfalls, den ihr 2015 auf Tour erlebt habt?

So ein Ereignis verändert die eigene Sichtweise auf jeden Fall. Damals sind wir nur knapp mit dem Leben davongekommen. Wir waren auf dem Weg zu einem Konzert und sind mit unserem Van von der Straße abgekommen. Die Rettungskräfte, die uns damals halfen, konnten sich nicht erklären, wie alle Insassen diesen Unfall fast unbeschadet überstehen konnten. So etwas hinterlässt seine Spuren. Wir mussten uns erst mal zurückziehen und das Geschehene verarbeiten. Für uns war aber die ganze Zeit klar, dass wir als Band zusammen weitermachen wollen. Jeder von uns brauchte aber erst mal eine kurze Auszeit im Kreise seiner Familie und Freunde. Der Unfall hat uns als Menschen verändert, ja. Jedoch stecken wir nicht in der Vergangenheit fest. Wir schauen nach vorne und machen das Beste aus unserer Zeit.

Ihr hattet eine Europatour für das Frühjahr 2017 geplant, musstet sie jedoch absagen. Im Internet machte sich die Angst breit, dass ihr euch auflösen würdet. Warum habt ihr die Leute deswegen nicht beruhigen wollen?

Ich denke, dass jeder, der sich etwas mehr mit uns beschäftigt, relativ schnell erfahren kann, was wirklich bei uns abgeht. Da wir für Mitte des Jahres schon wieder Konzerte geplant haben, war das Signal, das von solch einer Tour ausgeht, für uns eigentlich klar. Es ist auf eine Art schön zu sehen, dass wir den Leuten etwas bedeuten. Auf der anderen Seite ist es aber auch erschreckend, welche Gedanken sich manche Menschen in Bezug auf BALANCE AND COMPOSURE machen.

Wie wichtig ist euch im Falle von „The Light We Made“ ein positives Feedback?

Musik ist ja immer etwas sehr Persönliches. Wer nicht mit ganzem Herzen und leidenschaftlich dabei ist, macht, glaube ich, etwas verkehrt. Für mich ist es wichtig zu sehen, dass die Leute, die unsere Musik hören, erkennen, dass wir voll und ganz hinter dem stehen, was wir aufgenommen haben. Klar ist konstruktive Kritik wichtig. Bei dieser Platte und der darauf erkennbaren musikalischen Entwicklung ist es auf jeden Fall sehr spannend zu sehen, wie die Reaktionen ausfallen. Ich wäre nicht gekränkt, wenn wir negatives Feedback bekommen würden, müsste aber lügen, wenn ich sagen würde, dass mich das völlig kalt ließe.

Wie wichtig ist euch die gesamtheitliche Gestaltung von Artwork und Musik?

Ich finde es wichtig, dass die Leute, die sich mit unserer Musik beschäftigen, ihre eigenen Ideen und Interpretationen einbringen. Würde ich erzählen, wovon unsere Songs handeln, würde ich, glaube ich, einen Teil der Magie zerstören, die sich entwickelt hat. Jeder hat während des Musikhörens unterschiedliche Bilder im Kopf. Die Bedeutung des Covers von „The Light We Made“ ist genauso ein Teil der Musik. Würde ich jetzt erklären, wofür der Kopf steht, bist du vielleicht um eine Information reicher. Vielleicht enttäusche ich aber auch den einen oder anderen, der sich etwas viel Größeres darunter vorgestellt hat. Ich kann und möchte aber sagen, dass das Cover in Zusammenarbeit mit einem guten Freund entstanden ist, der einfach drauflos malte, als er die Songs von „The Light We Made“ zum ersten Mal gehört hat. Es ist sozusagen seine Interpretation unserer Musik.

2016 hat gerade Amerika mit den Präsidentschaftswahlen und dem Sieg von Donald Trump sehr unruhige Zeiten erlebt. Wo siehst du Möglichkeiten, wie ihr als Band Einfluss auf das politische Tagesgeschehen nehmen könnt?

Alles, was in diesem Jahr im Zuge des Wahlkampfes passiert ist und was noch passieren wird, ist ein absolutes Desaster. Es gibt keine rationale Erklärung für dieses Wahlergebnis und die Folgen, die das Ergebnis haben wird. Das einzig Positive an der ganzen Sache ist, dass die Leute, die gegen Trump gestimmt haben, jetzt eine große Opposition darstellen werden, welche ihm seine Amtszeit so schwermacht, wie es nur irgendwie geht. Am Folgeabend zum Wahltag, als die Ergebnisse bekannt waren, haben wir ein Konzert gespielt: Schon da hat Jon Simmons, unser Sänger, gesagt, dass das, was jetzt auf uns zukommt, viel Kraft kosten wird. Wir dürfen jedoch nicht resigniert aufgeben und darauf hoffen, dass es nicht so schlimm wird, wie wir es uns vorstellen.