SPITFIRE STEVENS

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Post-Punk von der Waterkant

Da gibt es in Hamburg seit 1999 eine Band, von der kaum jemand Notiz genommen hat. Doch kaum schaffen sie es, nach ein paar wenigen Konzerten mal ins Studio zu gehen und ihre erste Platte aufzunehmen, schon sind sie in aller Munde. Die Rede ist von SPITFIRE STEVENS. Man könnte fast sagen, die Punkrock-Szene an der Waterkant hat neuen heißen Scheiß vorgesetzt bekommen. Wenn der heiße Scheiß nicht schon fast zwanzig Jahre auf dem Buckel hätte und die Musiker um Frontmann Luke durch die Bank nicht schon gestandene Herren wären.

Wie dem auch sei, gerade ist ihr Debüt bei K-Klangträger erschienen. Eine selbstbetitelte 10“-Mini-LP mit fünf Songs voller Wut, Wärme, Energie und Melancholie. Eine Platte, die einen direkt packt und so schnell nicht mehr loslässt. Eine wilde Mischung, die es sich in der großen Schnittmenge zwischen JOY DIVISION und THE SAINTS gemütlich gemacht hat. Matthias Nickel, Hamburger Szene-Urgestein und Fan der ersten Stunde, bringt das wunderbar auf den Punkt: „Ich bin vor einer ganzen Weile bei einem Konzert im Grünen Jäger gewesen, weil ich Luke so sympathisch finde und mal sehen wollte, was er so für Musik macht. Was konnte ich schon erwarten von jemandem, der immer mit EXPLOITED-Patch auf der Jacke rumläuft? Aber es kam ganz anders. Es war ein super Auftritt! Der Sound ging eher Richtung JOY DIVISION und Post-Punk als EXPLOITED. An dem Abend lief dort auch Jan Simon rum, der ebenfalls schwer begeistert von der Band war. Er sagte immer wieder: ,Ihr seid so gut, ihr müsst eine Single machen! Wir machen das zusammen. Ich kümmere mich darum.‘ Ich dachte nur: Ob er davon morgen noch was weiß? Kurz danach ergab es sich wohl, dass sich SPITFIRE STEVENS von ihrem Drummer trennten. Im Guten, wie Luke mir sagte. Ein toller Freund, aber zu wenig an der Bandsache interessiert. Jan Simon bekam den freien Schlagzeughocker. Und siehe da, kein leeres Gelaber: Die Platte ist fertig. Zuerst hatte Lukes Frau schon mal ohne sein Wissen den Song ,Hollow inside‘ auf Facebook gepostet. Den habe ich mir sogar als Weckton eingerichtet und lasse mich jeden Tag von diesem super Basslauf am Anfang wecken. Irgendwann bekam ich als ungeduldiger Fan von Luke auch die anderen vier Songs zugeschickt. Sehr abwechslungsreich. Verschiedene Stile. Unterschiedliches Tempo. Mal gesungen, mal herausgeschrien. Überhaupt ist der Gesang von Luke der Hammer. Jahrelanges Rauchen und Trinken hat eine einzigartige Stimme erschaffen, womit er sehr warm und sonor die ruhigen Parts singt und herrlich growlen kann, wenn es lauter wird.“

Ja, es ist sicherlich Luke Gesang, der SPITFIRE STEVENS von vielen anderen Bands abhebt. Das findet auch ihr Produzent und Labelboss Ritchy Fondermann: „Ich habe die Band während der Produktion erst richtig kennen gelernt und wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden. Zunächst war ich nicht sonderlich beeindruckt, als ich die reinen Instrumentals gehört hatte. Aber als Luke dann seinen Gesang draufgelegt hat und ich bald merkte, wie wundervoll man mit ihm arbeiten konnte, ist trotz des doch recht düsteren Sounds der Band im Studio die Sonne aufgegangen. Das war so beeindruckend, dass ich sofort Kontakt zu meinem Labelkollegen Carsten aufgenommen und ihm gesagt habe: ,Ich weiß nicht, was diese Band hat. Aber irgendwas sehr sehr cooles hat sie. Lass sie uns unterstützen bei der Veröffentlichung ihres Albums.‘“ Und um es mit den Worten von Alex Tsitsigias, dem Sänger von SCHROTTGRENZE zu sagen, der SPITFIRE STEVENS bei ihrem letzten Konzert in Hamburg abmischte: „Kühler Wave-Punk mit mitreißendem, klaustrophobischem Beat. Zornig und verzweifelt an die Kellerwand gespittet.“

Und warum hat man so lange bloß nichts von SPITFIRE STEVENS gehört? Nach rund 17 Jahren Bandgeschichte verwundert es schon sehr, wenn man erst dann mit so einer tollen Platte um die Ecke kommt: „Wir sind eben selten nach außen in Erscheinung getreten. Außer ein paar wenigen Konzerten gab es da einfach nichts. Und dazwischen gab es immer riesige Pausen. Das war alles recht disziplinlos. Aber jetzt haben wir vier Leute am Start, die richtig Lust haben.“ Das merkt man den Aufnahmen auch an. Da kommt ein Spätzünder auf uns zu, von dem noch viel zu hören sein wird.