BELAKO

Foto

Basque Radical Rock

Mit „Render Me Numb“ haben die aus der nahe der nordspanischen Metropole Bilbao gelegenen Kleinstadt Mungia stammenden BELAKO gerade ihr drittes Album veröffentlicht, nach „Eurie“ (2013) und „Hamen“ (2016). Ihre Verbindung von Indie-Rock und Post-Punk mit den Traditionen der baskischen Undergroundszene ist ungewöhnlich, und so bat ich Cris, die Frontfrau der Band, um die Beantwortung einiger Fragen.

Cris, wann und wie ging es mit BELAKO los?

Josu und ich haben uns 2011 in Bilbao an der Hochschule für Bildende Künste kennen gelernt. Wir hatten den gleichen Musikgeschmack und Josu schlug vor, zusammen mit seiner Schwester Lore eine Band zu gründen. Schon während der ersten Proben in der alten Fabrik von Lores und Josus Großvater begannen wir schnell, an eigenen Songs zu arbeiten, wobei uns diese postindustrielle Umgebung stark beeinflusst hat. Lander kam 2012 dazu und das Team war komplett.

Könnt ihr euch als Band auf drei Alben einigen, die ihr als Haupteinfluss für eure Musik betrachten würdet?

Zum einen „Star Of Love“ von CRYSTAL FIGHTERS. Dieses Album von 2010 war von entscheidender Bedeutung in der Anfangszeit von BELAKO. Es ist sehr eklektisch, halb elektronisch, halb organisch, es gibt Schreie und sanfte Melodien, alles gemischt mit baskischen Wurzeln. Sie verwenden etwa die Txalaparta, ein typisch baskisches Perkussionsinstrument, aber das mit einem englischen Ansatz. Die Platte erinnert uns an die ersten Jahre des Studiums, eine Phase voller überschießender Hormone und Leidenschaft. Dann ist „Congratulations“ von MGMT zu nennen. Genau wie „Is This It“ von THE STROKES oder „Whatever People Say I Am, That’s What I’m Not“ von den ARCTIC MONKEYS, die allesamt wichtig für unser jetziges Musikverständnis waren, ist das MGMT-Debütalbum „Oracular Spectacular“ definitiv ein Meisterwerk. Ihr zweites Album nimmt uns mit auf eine Reise und der Song „Siberian breaks“ ist so schön, man könnte jedesmal weinen. Wir haben „Congratulations“ tausende Male gehört unterwegs. Es ist sehr stark von FLAMING LIPS beeinflusst, die in unseren Augen beispielhaft sind für Innovation und die Weiterentwicklung von Album zu Album. Sie haben wie seinerzeit die BEATLES die gängigen Standards der modernen Musik hinter sich gelassen und es wäre mir unmöglich, mich auf ein bestimmtes Album von ihnen festzulegen ... „The Soft Bulletin“ vielleicht? Außerdem muss ich „Espaloian“ von ITOIZ nennen. Es ist sehr schwer, sich auf nur drei Alben zu beschränken, und so müssen wir für uns grundlegende Bands wie SONIC YOUTH, YEAH YEAH YEAHS, ARCADE FIRE oder GRIMES hinter uns lassen, aber ITOIZ, so was wie die baskischen THE CLASH, sind ein „Nationalheiligtum“. Eine ikonische baskische Band aus den Achtziger Jahren, die auf ganz eigentümlich Art und Weise auf Baskisch singt, so dass es manchmal fast klingt wie Englisch. Sie halten es einfach und verleihen der baskischen Musik gleichzeitig eine neue Dimension, stark beeinflusst von englischem Punk und Pop. Unserer Meinung nach werden sie zu Unrecht unterschätzt und verdienen viel mehr Anerkennung. Dieses Album ist ein Beispiel dafür, wie modern und aktuell ihr Sound, trotz seines Alters, heute noch ist.

Apropos: Ihr habt sowohl Texte auf Englisch als auch auf Baskisch. Warum?

Ein Großteil der Musik, wegen der wir selbst angefangen haben Musik zu machen, ist nun mal auf Englisch. Texte schreiben auf Englisch ist einfach, auch wenn wir darauf achten müssen, uns bei Wörtern wie „Baby“, „Yeah“, „Love“, „Alright“ und so weiter nicht zu oft zu wiederholen. Baskisch kann anfangs schwierig sein, aber es hat den gleichen Vorteil wie Englisch, man kann die Betonung auf jede beliebige Silbe setzen und es ergibt immer noch Sinn. Außerdem ist es unsere Muttersprache, die wir als Ausdruck unserer Identität erhalten wollen.

In den Achtziger Jahren war das Baskenland bekannt für sein eigenes musikalisches Genre namens „Rock radical vasco“. Ist davon noch etwas übrig, fühlst du dich dieser Bewegung zugehörig oder sieht das heutzutage alles ganz anders aus?

So wie diese Bewegung in den Achtziger Jahren ohne den Punk in Großbritannien nicht möglich gewesen wäre, so wäre heute im Baskenland keine punkbeeinflusste Musik denkbar ohne Rock radical vasco. Davon gab es noch eine andere, hedonistischere Variante, sie stammt aus einem eher wohlhabenden Umfeld, hier befasste man sich mehr mit elektronischer Musik. Das findet sich bei uns natürlich auch, aber unsere Seele, unser Zorn, als Folge der politischen und ideologischen Unterdrückung, ist geprägt von der postindustriellen Wirtschaftskrise der letzten Jahre. Außerdem fand unsere allererste Bandprobe ausgerechnet am 15. Mai 2011 statt, dem Beginn von landesweiten Protesten gegen die Sparpolitik der spanischen Regierung, welche bis heute anhalten. Somit ist das für unsere Generation ein in politischer Hinsicht sehr wichtiges Datum.

Leider gelingt es kaum mal einer spanischen Band, Konzerte in Deutschland zu spielen, geschweige denn ein breiteres Publikum zu erreichen – DOVER waren vor ein paar Jahren eine Ausnahme. Hast du eine Erklärung?

Es könnte daran liegen, dass spanische Musik nicht unbedingt den besten Ruf hat. Das, was über Spanien hinaus bekannt wurde, war vielleicht nicht das Beste und so bleiben viele großartige spanische Bands im Rest von Europa unbeachtet. Wir, und das gilt für Spanier wie Basken gleichermaßen, haben irgendwie mehr Respekt und höhere Erwartungen gegenüber ausländischen Bands, vor allem englischen Bands. DOVER waren relativ erfolgreich, wobei sie noch viel mehr Anerkennung verdient hätten. Ihre Songs sind fantastisch und im Grunde sollte jeder Teenager, der anfängt, Musik zu hören, jeder, der auf Musik mit einem Touch Nostalgie abfährt, und jede Rockband, egal woher, sie zu den Top-Einflüssen zählen. Wir würden gern dazu beitragen, an der Situation etwas zu ändern, aber es ist uns bewusst, wie schwierig das ist, also geben wir einfach unser Bestes und genießen die Tour. Wir freuen uns sehr darauf, wir werden im November zum dritten Mal in Deutschland sein und können es kaum erwarten.

Was steckt hinter dem deutschen Titel „Masken Freiheit“ auf dem neuen Album?

Die Idee kam mir bei der Lektüre von Kim Gordons Buch „Girl in a Band“. Der Songtitel bedeutet so viel wie „die Freiheit, die durch das Tragen einer Maske verliehen wird“. Er passte perfekt zu einem neuen Songtext, den ich geschrieben hatte, aus der Perspektive eines korrupten Politikers, der auf frischer Tat ertappt wurde und versucht, sich seiner Strafe zu entziehen.