GHOSTMAKER

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Berliner Arbeitsbienen

GHOSTMAKER kamen wie aus dem Nichts. Im Herbst 2015 als Trio zusammengefunden, ein paar Sessions im Proberaum abgerissen, einige Demos aufgenommen und eine Handvoll Shows gespielt. Und schon liegt ein Mini-Album mit dem Titel „Aloha From The Dark Shores“ vor. Diese acht Songs sollen nur ein erster Vorgeschmack sein, verspricht Sänger Chris W. Jany im Interview. Der Mann war jahrelang mit den Berliner Punkbands OXYMORON und SHARK SOUP unterwegs, bevor er eine künstlerische Pause einlegte. Mit GHOSTMAKER ist sein Dornröschenschlaf offiziell beendet.

Wie seid ihr als Band zusammengekommen?

Die Band war eigentlich gar nicht geplant. Ich war im Studio bei meinem alten Kumpel Tom Schwoll von JINGO DE LUNCH. In seinem Schaltraum habe ich schon mal mit einer anderen Band aufgenommen. Ich hatte zu dieser Zeit etwa 130 Demo-Songs auf dem Rechner, die ich in den letzten Jahren geschrieben habe. Und ein paar davon wollte ich ihm mal vorspielen, weil ich an ein Soloalbum gedacht hatte. Er hat sich die Songs angehört und meinte dann zu mir: „Alter, du brauchst eine Band! Zwei Leute, mit denen du deine Songs live einspielen kannst.“ Dann hat Tom Andy angerufen, der zu dieser Zeit schon bei MAD SIN ausgestiegen war, und eben Robin, dessen Vater der alte JINGO-Schlagzeuger Steve Hahn ist. Der wiederum ist Toms bester Kumpel und so kam das Ganze irgendwie zustande.

Hattest du damals schon eine Vorstellung davon, wie die Band klingen soll? Für mich klingt der Sound von GHOSTMAKER schwer nach Neunziger-Alternative Rock ...

Ich war da völlig frei, ich war schon lange nicht mehr auf Tour gewesen und hatte keine Band mehr. Deshalb bin ich ohne konkrete Vorstellungen an die Sache herangegangen. Ich wollte einfach Songs machen, ohne dabei eine bestimmte Szene bedienen zu müssen. Und das kam dabei heraus. Tom meinte auch, der Sound klingt für ihn wie Ende Achtziger/Anfang Neunziger. Nach Bands, die auf Dischord Records veröffentlicht haben, wie JAWBOX. Oder die erste Scheibe der FOO FIGHTERS. Das war aber kein Plan, sondern kam einfach aus uns heraus. Natürlich bin ich selbst Fan dieser Art von Mucke.

Mir ist sofort THERAPY? mit dem „Troublegum“-Album durch den Kopf geschossen.

Die fand ich auch immer wahnsinnig gut. Die waren ja auch ein Trio und haben ordentlich Radau gemacht. „Nowhere“ war schon ein echter Kracher.

Zwischen dem Ende von SHARK SOUP und dem Start mit GHOSTMAKER hast du dich als Tätowierer über Wasser gehalten, oder? Hast du ein eigenes Studio?

Nein, kein eigenes Studio. Aber wenn ich nicht auf Tour war, habe ich immer tätowiert. Ein paar Jahre lang in Düsseldorf, Köln, Aachen und ein bisschen in Berlin. Ich mache das immer für ein paar Tage im Monat, um meine laufenden Kosten zu decken. Hauptsächlich bei Freunden von mir, die eigene Studios haben. Und den Rest des Monats bin ich mit der Band beschäftigt.

GHOSTMAKER sind also ein richtig ernsthaftes Projekt? Nicht nur just for fun ...

Das war schon von vornherein klar. Andy macht ja inzwischen auch schon seit mehr als dreißig Jahren Musik. Und wenn er als professioneller Schlagzeuger mitmacht, dann ist das ein ernsthaftes Projekt. Schon bei der ersten Session ist ein Song entstanden und dann war allen Beteiligten klar: das wird eine Band! Und zwar nicht nur nach Feierabend, sondern wir wollen auch veröffentlichen. Wir hatten dann auch ziemlich schnell zwei Sessions bei Tom im Studio. Da war klar, wir wollen viel spielen und bringen eine Platte heraus. Seitdem arbeiten wir fast jeden Tag im Studio an neuen Songs und proben viel. Das ist tatsächlich ein Fulltime-Job. Oktober/November steht ja schon der nächste Tonträger an. Es gibt ja noch ein Mini-Album vor dem vollen Album. Das sind also dann zwei Mini-Alben im Jahr 2017 und das richtige Debütalbum kommt dann 2018.

Wollt ihr euch für euer Debütalbum ein Label suchen?

Das machen wir wieder selbst. Arne von Noisolution macht wieder Promo für uns und dann suchen wir uns noch einen Vertrieb, mit dem wir zusammenarbeiten können. Ich weiß auch gar nicht, wofür man heutzutage überhaupt noch ein Label braucht. Das kann man alles gut selbst machen. So haben wir auch hundertprozentige künstlerische Freiheit.

Spielt Andy aktuell noch bei einer anderen Band? Er war ja unter anderem auch mit den SKEPTIKERN und BLIND PASSENGERS unterwegs.

GHOSTMAKER ist aktuell seine Hauptband. Er spielt aber auch noch bei BAD CO. PROJECT, das ist die Nachfolge-Band von dem OXYMORON-Sänger.

Ich kann mir vorstellen, dass ihr von Andys Erfahrung massiv profitiert.

Auf jeden Fall. Dadurch herrscht eine ganz andere Ernsthaftigkeit. Jeder Song, jedes Demo wird ernst genommen, probiert und durchgespielt. Ich komme mit Ideen an und wir arrangieren die Songs dann gemeinsam. Da hilft uns unsere Erfahrung schon sehr. Ich bin ja auch schon 27 Jahre im Geschäft. Andy bringt aber auch extrem viel Wissen mit, was Recording angeht. Er hat die ganzen Vorproduktionen und das Mini-Album aufgenommen. Er ist einfach unser Sound-Ohr. Normalerweise musst du als Band teure Studiozeit buchen, seine Arbeit für uns ist also ein Mega-Luxus. Das pusht die Band auf jeden Fall nach vorne.

Wenn ich Songtitel wie „Shit on a stick looks like a panther“ lese, dann habe ich den Eindruck, dass der Inhalt der Songs nicht ganz so ernsthaft ist, wie der Anspruch als Band.

Wir arbeiten ernsthaft an unserer Musik, wir können aber auch sofort auf völlig beknackt umschalten. Wir betiteln unsere Songskizzen oft mit irgendeinem Quatsch. An sich planen wir den Projektnamen noch zu ändern, aber meistens bleibt es dann dabei und dann kommt so was dabei raus. Die totale Ernsthaftigkeit herrscht da nicht. Auch bei den Texten. Manche Songs sind zwar auch politisch, aber meistens ist ein Augenzwinkern dabei, weil wir eben auch Humor haben.

Ihr habt auch bei der Release-Show von VAL SINESTRA gespielt. Dann gibt’s KADAVAR. Es scheint, als ob es eine neue Welle von Rockbands aus Berlin gibt. Ist das so?

Wenn du früher eine Punkband hattest, war es fast schon eine Beleidigung, wenn irgendjemand gesagt hat: Oh ihr seid aber ziemlich rockig! Das war nicht cool. Jetzt muss man sich keinen Kopf mehr machen, wenn man Rock macht. Da passiert gerade eine Menge in diese Richtung. Das ist alles ziemlich doomig, stonig, teilweise sogar schnellerer Bluesrock. Das war vor 15 Jahren noch undenkbar. Das kocht gerade richtig hoch hier. Wir sitzen mit unserem Zeug allerdings ein bisschen zwischen den Stühlen, weil unser Sound diese Neunziger-Note hat. Viele klingen sehr retro.