SINS OF MY YOUTH

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Kollektiv ohne kollektives Bewusstsein

Fast alle Bands spielen immer in der gleichen Besetzung, wenn überhaupt, wird ein Mitglied dauerhaft ausgetauscht. Das ist bei THE SINS OF MY YOUTH anders, hier ist die Besetzung bei nahezu jedem Konzert anders, und das nicht, weil es Streitigkeiten oder Ähnliches untereinander gäbe, es ist vielmehr das Konzept der Band, und das funktioniert sehr gut. Passend zum Release der neuen Live-EP habe ich mich mit Sänger Tim und seinen Bandkollegen Thomas und Marian getroffen, um über diese Form von Band zu reden.

Ihr bezeichnet euch als ein „Kollektiv ohne kollektives Bewusstsein“, was bedeutet das?

Tim: Wir haben mittlerweile zwölf Leute, die bei uns mitspielen. Zuerst waren Marian und ich ein Akustik-Duo, jedoch wusste ich von Anfang an, dass es sich in diese Richtung entwickeln würde. Jeder soll das einbringen, was er für richtig und gut hält. Ich sehe uns auch gerne als Fußballteam, bei dem in jedem Spiel jemand anderes spielt und sich so die Gesamtleistung verändert. Eigentlich sind nur unser Drummer und ich bei jedem Spiel dabei, der Rest variiert sehr stark. So wird jedes Konzert immer wieder zur Überraschung und anders als das vorige. Bei den letzten vierzig Konzerten haben wir in ca. 21 verschiedenen Besetzungen gespielt.

Einer eurer Bassisten ist David Balbina, der Sänger der ARGIES. Wie kommt es, dass er bei euch mitspielt?

Tim: Vor zwei Jahren bin ich mit meinem Vater nach Argentinien geflogen, um dort solo zu spielen. Ich hatte David schon einige Male gesehen und fragte ihn, ob er einen Gig in Buenos Aires organisieren könnte, was er auch tat. Mittlerweile ist er nach Deutschland gezogen. Als mir vor zwei Jahren mal wieder ein Bassist fehlte, fragte ich ihn, ob er Bock hätte. Seitdem ist er ab und zu dabei.

Apropos dein Vater: Gemeint ist Kuddel von DIE TOTEN HOSEN. Wirst du oft darauf angesprochen und vielleicht sogar darauf reduziert, dass du mit der Band ja nur spielen würdest aufgrund seiner Kontakte?

Tim: Früher kam das häufiger vor, mittlerweile kaum noch. Ich denke, da wir unser Album komplett selbst gemacht und finanziert haben, hat das vielen gezeigt, dass das allein unser Ding ist.

Thomas: Er hat auf dem Album auch ein paar schöne Soli eingespielt und tritt auch ab und zu mit uns auf. Jedoch wird das nicht besonders propagiert. Er hält sich sonst auch komplett raus.

Marian: Wenn wir in Düsseldorf spielen, schauen manchmal auch ein paar Hosen-Fans vorbei. Die merken aber, dass wir damit wenig zu tun haben, kommen aber trotzdem immer wieder zu den Konzerten. Es ist schön zu sehen, dass sich das so wandelt und niemand kann uns irgendwie vorwerfen, wir könnten das alles nur dank Tims Vater.

Obwohl ihr eher Indie/Folk macht, spielt ihr fast nur mit Punkbands, viele davon aus Argentinien. Wie kommt das?

Marian: Generell ist es viel Experimentierfreude. Wenn bei uns jemand anfragt, ob wir zusammen spielen wollen, probieren wir das gerne aus.

Tim: Ich glaube sowieso, dass viele Punks auch gerne nachdenkliche Musik hören. Es passiert natürlich mal, dass man nicht so gut bei einem Punk-Publikum ankommt, meistens klappt das aber und die Leute öffnen sich für unsere Musik. Die meisten Nicht-Punkbands, mit denen wir gespielt haben, haben aber auch ’nen Stock im Arsch und sind total unfreundlich. Bei Punkshows ist das eben nicht so, dort ist es auch normal, wenn man ein veganes Büffet bestellt und die Location dafür sorgt. Es ist alles viel lockerer.

Ihr habt kürzlich eine Live-EP veröffentlicht, was hat es damit auf sich?

Tim: Wir haben letztes Jahr in Freudenberg ein Radiokonzert gespielt und dort zwei Songs von unserem letzten Album „Badlands“ aufgenommen. Die klingen allerdings deutlich „bandmäßiger“ und anders als auf dem Album.

Thomas: Das ist ganz anders, sowohl von der Instrumentierung als auch von der Energie her. Das liegt natürlich an der stets wechselnden Besetzung.

Ihr seid noch nicht allzu lange dabei. Habt ihr konkrete Ziele?

Marian: Viele Frauen und Geld, haha!

Thomas: Natürlich hat es was, vor viel Publikum zu spielen, jedoch ist das nicht das Ziel, es geht vor allem um den Spaß.

Marian: Viele Sachen haben wir schon erreicht, das Album beispielsweise.

Tim: Ich glaube, wir funktionieren mit richtigen Zielen gar nicht. Sollten wir eines Tages mal in den Top Ten sein, wäre das geil, wenn nicht, aber auch. Wir sind in der Band alle Freunde geworden und sind gemeinsam auf einer super Reise unterwegs.