RUIN! RUINS!

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Musik statt Alkohol

In meiner Stadt war neulich ein neuer DJ. Er legte in meinem Arbeitszimmer auf, und zwar ausschließlich digital. Per Algorithmus schlug er mir vor, mir das Album „Mammock“ von RUIN! RUINS! aus Russland anhören. Es hatte da gerade mal so 5.000 Klicks. Das habe ich gemacht, über eine Stunde Instrumental-Post-Rock mit Cello. Rauh, rhythmisch, zerstörerisch, tragisch, schön. Volltreffer. Da ich alles unter zwanzig Grad als kalt empfinde, bin ich für das Interview nicht nach Sibirien gefahren, sondern schickte digitale Post an Gitarrist Andrey. Ach, und danke, DJ YouTube.

Andrey, erzähl uns kurz: Wer, wann, warum?


RUIN! RUINS! sind: Aleksey am Bass, Mikhail an der Gitarre, Artyom an den Drums, Alyona am Cello und ich, ebenfalls an der Gitarre. Wir kommen aus dem Süden Sibiriens und es gibt die Band seit 2015. Wir spielten zunächst in anderen Post-Rock- und Post-Metal-Projekten, als diese jedoch keinen Biss mehr hatten, kamen wir alle bei RUIN! RUINS! zusammen. Wir wollten einen rauhen Sound, der wie eine Schnittmenge klingt aus GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR, frühen MOGWAI, PELICAN und RUSSIAN CIRCLES. Weißt du, in Sibirien suchen sich die Leute oft Hobbys, um nicht komplett dem Alkohol zu verfallen. Wir haben uns für die Musik entschieden.

Warum ohne Gesang?

Es gibt nicht gerade viele Sänger in Russland. Es ist eigentlich unmöglich, hier jemanden zu finden, der es gesanglich mit Post-Rock aufnehmen kann. Ich meine, es ist allgemein schon sehr schwer, Leute zu finden, die die gleichen musikalischen Interessen verfolgen wie wir. Es gibt hier einfach keinen Alex von FALL OF EFRAFA oder den Typen von LIGHT BEARER. Also haben wir uns zwangsläufig auf die instrumentale Variante konzentriert und das Beste daraus gemacht.

Euer Album ist leider nicht als Vinyl erhältlich.

Ja, das stimmt. Es gibt nur ein paar CDs und ein paar Shirts. Für unseren kleinen Dunstkreis reicht das. Falls jedoch jemand da draußen mit uns arbeiten will, würden wir uns sehr freuen.

Wie kam das Cello in eure Musik?

Ursprünglich war das Cello nur gedacht als ein Teil des Albums. Als wir jedoch auf einer kurzen Tour waren, fiel uns auf, wie wichtig dieses Instrument für unseren Gesamtsound ist, und so beschlossen wir, dass das Instrument respektive Alyona ein fester Bestandteil der Band sein muss.

Gibt es für eure Musikrichtung in Russland eine richtige Szene?

So ziemlich jede russische Großstadt hat eine Post-Rock-Band. Deren Aktivitäten sind jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt. Touren ist hier immer mit Schwierigkeiten verbunden. Somit ist von vielen nach kurzer Zeit nur noch wenig zu hören, sie sind oft demotiviert mehr oder weiterzumachen.

Habt ihr schon mal außerhalb von Russland gespielt?

Leider noch nicht, aber es wäre ein Traum von uns allen. Wir hoffen, es wird eines Tages passieren.

Was für Musik hört ihr euch sonst noch gerne an?

Im Post-Rock-Sektor gibt es im Moment nichts, was uns besonders mitreißt. Aktuell haben wir jedoch die polnische Band GUANTANAMO PARTY PROGRAM für uns entdeckt. Die sind definitiv interessanter als das letzte AMENRA-Album.

Eure Pläne für 2018?

Wir schreiben an neuen Songs und würden gern eine kleine Tour durch Russland auf die Beine stellen.