FAT MIKE

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Drunk in public

Als Frontmann der wohl größten D.I.Y.-Punkrock-Band überhaupt ist Fat Mike weit über die Szene hinaus bekannt. Diese Popularität liegt allerdings auch daran, dass der Mann die Musik in wirklich jeder Hinsicht verbreitet: als Labelchef von Fat Wreck Chords, als Produzent, demnächst erstmals als Solokünstler – und derzeit auch noch als Festivalveranstalter. Unter dem Namen des erfolgreichsten NOFX-Albums aller Zeiten, „Punk In Drublic“, das 1994 herauskam, tourt Fat Mike nämlich mit seiner Combo sowie befreundeten Bands, darunter BAD RELIGION, THE INTERRUPTERS, BAD COP BAD COP, derzeit durch die USA und bietet beim „Punk In Drublic – Craft Beer & Music Festival“ Punkrock in Verbindung mit der Möglichkeit zur Bierverkostung. Im Juni macht das Festival – wenn auch wohl ohne Bier-Tasting – auch Halt in Europa: am 17.06. in Gelsenkirchen, am 19.06. in Wien, am 21.06. in Ljubljana, am 23.06. in Wiesbaden, am 28.06. in Mailand, am 29.06. in Dornbirn und am 01.07. in Berlin. Wir fragten Fat Mike, wie er auf die Festival-Idee kam und wie er die erfolgreichsten Platte der NOFX-Geschichte heute sieht.

Mike, kürzlich sagtest du, es gebe normalerweise nur wenige Dinge, die dich begeistern könnten. Offenbar gehören eure „Punk In Drublic“-Festivals dazu. Was noch?


Zum Beispiel Momente wie der, den ich gerade unmittelbar vor unserem Gespräch erlebt habe: Da haben meine Freundin und ich hier im Schlafzimmer ein paar Spielchen der Unterwürfigkeit miteinander gespielt. Das war ziemlich verrückt und hat mich tatsächlich ziemlich begeistert. Auch weil viel Schmerz mit dabei war.

Interessant ... Aber erzähl uns bitte mal, wie die Idee zu den Festivals zustande kam.

Die Idee dahinter war, dass wir ganz einfach ein Festival mit fünf oder sechs Bands organisieren und Freibier dazu haben wollten. Respektive kostenlose Bier-Tastings. Und wir haben tatsächlich zahlreiche Brauereien gefunden, die uns unterstützen. Und das Gute daran ist: Wegen des Alkohols kommen die Leute in den Staaten erst ab einem Alter von 21 Jahren rein. Alte Punkrocker sind schließlich nicht gerne von Kindern umgeben, haha. Was zudem toll ist: Wir werden nicht nur von Brauereien unterstützt, wir können sogar unser eigenes Bier verkaufen, das „Punk In Drublic“-Hoppy-Lager. Das ist so, als ob wir selber als Kellner und Kneipenbesitzer an der Bar stehen würden. Wir nehmen dort Geld ein und können davon dann die anderen Bands bezahlen, die mit uns auftreten.

Von dem Geld habt ihr euch tatsächlich einige großartige Bands geleistet, zum Beispiel BAD RELIGION oder MAD CADDIES ...

Ja. Einige Leute in unserem Team hatten übrigens ursprünglich sogar die Idee, über zwanzig Bands pro Show auftreten zu lassen.

An einem Tag?

Ja. Und so toll die Idee dieses Festivals auch ist: In diesem Falle habe ich direkt gesagt: Auf keinen Fall! Denn wer will bitte schön verdammt noch mal zwanzig Bands an einem Tag sehen?

Niemand, da hast du recht. Doch wie hoch ist angesichts des Line-ups der Zuschauerzuspruch bislang?

Sehr gut! Die größte Zuschauermenge bislang waren 14.000 Menschen, die kleinste 3.500. Je nach Location. Insgesamt verkaufen wir auf jeden Fall wesentlich mehr Karten, als das bei einzelnen NOFX- oder BAD-RELIGION-Shows der Fall wäre.

Apropos: Du hast deine eigene Band, dein eigenes Label, dein eigenes Bier und nun dein eigenes Festival. Ist Fat Mike eigentlich ein Business-Punkrocker?

Nein! Ich wollte nie ein Geschäftsmann sein! Es ist eher so: Wenn ich eine Chance sehe, dann ergreife ich sie. Dann suche ich mir – wie im Falle der Festivals – gute Partner und Sponsoren, die das mit mir gemeinsam umsetzen können.

In Deutschland kanm man ab 16 Bier kaufen kann. In den USA geht das erst ab 21. Eigentlich schade, oder?

Schade? Das ist schwer zu sagen. In den USA gibt es ja noch viele andere Dinge, die wirklich ätzend sind.

Dennoch, wäre so was wie „Mike’s Trinkhalle“ nicht ein gute Geschäftsidee für dich?

Nein. Eher nicht. Ich habe dafür dann doch noch zu viele andere Dinge zu tun. Mein Soloalbum „Cokie The Clown“ soll ja noch in diesem Jahr herauskommen, und das wird ganz anders werden, als es die Leute wahrscheinlich erwarten.

Musst du dich nicht irgendwann auch mal von dem ganzen Trubel in deinem Leben erholen?

Erholen? Das Wort kenne ich nicht. Ich weiß nicht, wie das geht. Leider ... Denn manchmal würde ich es gerne wissen.

Ich mache seit einiger Zeit Yoga. Das ist gut.

Hört sich cool an. Aber damit kenne ich mich nicht aus. Immerhin, um zwischendurch runterzukommen, lasse ich mich, wie bereits erwähnt, ein bisschen durchpeitschen von meiner Freundin. Das hilft.

Kommen wir noch mal auf die Festivals zu sprechen: Warum kommt ihr mit der Festivalreihe nach Europa?

Weil ihr in Europa seit vierzig Jahren großartige Festivals macht. In den USA dagegen ist das nicht der Fall. Die meisten Festivals hier sind wirklich scheiße und schmieren gerade ab.

Was ist mit dem gefeierten Punkrock Bowling in Las Vegas?

Das zieht gerade einmal 3.000 Leute an. Und sogar die Warped Tour lief in den vergangenen Jahren wirklich schlecht. Unter anderem auch, weil sie die falschen Bands auswählten. Da ging es nur um solche, die gerade einmal erfolgreich waren. Und es waren zudem, obwohl es ja eher um Punkrock gehen sollte, zu viele Bands anderer Genres dabei. Das klappt nicht. Daher buchen wir für die „Punk In Drublic“-Festivals ja auch nur Punkrock-Bands. Punk – und fertig!

Wenn du zurückschaust auf das namensgebende „Punk In Drublic“-Album: Gibt es Dinge, die du heutzutage gerne daran ändern würdest?

Nein. Das Album war perfekt für seine Zeit. Und das ist okay.

Das hört sich aber ein wenig verhalten an für so eine erfolgreiche Platte.

„Punk In Drublic“ gehört heutzutage auch nicht mehr zu meinen Lieblingsalben von NOFX. Ich mag „War On Errorism“ beispielsweise wesentlich mehr. Aber keine Frage: „Punk In Drublic“ war unser erstes Album, das sich wirklich gut verkaufte. „White Trash, Two Heebs And A Bean“ war zwei Jahre zuvor schon gut gewesen in dieser Hinsicht. Aber „Punk In Drublic“ kam eben heraus, als Punk gerade wieder groß aufkam. Entsprechend erfolgreich war es und die Leute kennen es alle.

„Punk In Drublic“ ist ja ein Wortspiel mit „Drunk in public“. Betrunken in der Öffentlichkeit. Bist du bei euren Auftritten betrunken oder nüchtern?

Es wird niemals passieren, dass ich auf die Bühne gehe, ohne zuvor getrunken zu haben.

Siehst du dir denn Konzerte anderer Bands auch mal nüchtern an?

Nein. Ich würde mir auch kein Konzert ansehen, ohne vorher Alkohol getrunken zu haben. Ich könnte mir vielleicht einen Film nüchtern anschauen, aber kein Konzert!

Werdet ihr bei euren Shows das „Punk In Drublic“-Album jeweils komplett durchspielen?

Nein. Wir haben das schon ein paarmal gemacht, aber das wird auf die Dauer zu langweilig. Wir schmeißen die Setlist lieber immer wieder um. Außerdem mögen die Leute erfahrungsgemäß auch unsere neueren Platten zu sehr, als dass wir die zugunsten von „Punk In Drublic“ vernachlässigen würden. Unsere neuen Platten sind ja nun auch verdammt gut und somit der Grund, warum wir alle in der Band glücklicherweise immer noch keinem normalen Job nachgehen müssen, haha. Und viele der jüngeren Fans, die zu unseren Konzerten kommen, kennen die neuen Platten dann auch besser als „Punk In Drublic“, das ja schon 24 Jahre alt ist. Ein Vierteljahrhundert – das ist nicht wenig.

Ich habe übrigens gehört, dass es bei den Festivals in Deutschland wohl keine Bier-Tastings geben wird, da es hier strenge Auflagen unter anderem wegen des deutschen Reinheitsgebots gibt. Was sagst du dazu?

Dazu kann ich leider gar nichts sagen. Ich habe zwar gehört, dass es da wohl einige Probleme gibt. Aber es ist nicht mein Job, mich darum zu kümmern. Meine Sache ist das Booking der Bands und die Musik an sich. Dass das mit dem Bier klappt, ist die Aufgabe von anderen.