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Lotta

Antifa, Punkrock, Feiern und Karneval – so etwas kann auch nur in Köln funktionieren. Im Schatten der Severinstorburg liegt die Lotta, die seit 1995 die Kneipenszene der Domstadt bereichert, und dessen Kollektiv im Jahr 2008 die Initiative „Kein Kölsch für Nazis“ gegen den bevorstehenden Anti-Islamkongress mitbegründet hat. Gründe genug, die sympathische Kneipe im Kölner Süden einmal ausführlicher vorzustellen.

Seit wann gibt es die Lotta? Von wem wurde sie gegründet? Und wie sehen die Kollektiv Strukturen aus?


Die Lotta wurde im September 1995 eröffnet, damals gegründet aus Teilen der Kölner Antifa. Seitdem ist unser Kollektiv stetig gewachsen, von anfänglich acht bis neun Mitgliedern sind wir aktuell 15, dazu kommen noch mehrere Aushilfen. Kollektiv bedeutet, alle haben das gleiche Stimm- bzw. Vetorecht, alle werden gleich bezahlt. Man trägt Ideen in den Laden hinein, beteiligt sich aktiv an gemeinschaftlichen Aktionen, sei das politisch, programmatisch, arbeitstechnisch oder einfach an Alltagsdingen, die in einer Kneipe anfallen. Dazu gehört, dass man sich mindestens einmal im Monat als Plenum zusammen setzt und gemeinschaftlich plant. Wir betrachten unser Kollektiv beziehungsweise die Lotta als gemeinsames Projekt, welches wir auch durch jüngeren Zuwachs altersübergreifend erhalten wollen.

Warum habt ihr diesen Name gewählt?

Der Name ist ein Verweis an die autonome Bewegung „Lotta continua“ der militanten Linken in Italien, die dort in den 60er Jahren im Zusammenhang mit der Studentenbewegung entstanden war. Lotta heißt übersetzt Kampf. Dass der Name in der Regel als Frauenname verstanden wird, ist aber auch nicht unbeabsichtigt, auch wenn es bei uns keine Lotta gibt oder gab.

Könnt ihr einen kurzen Abriss der Lotta-Geschichte geben?

Die Gründung erfolgte 1995, damals noch als Eckkneipe in der Achterstrasse in der Kölner Südstadt. Da dort der Mietvertrag nach fünf Jahren auslief erfolgte dann im April 2001 der Umzug in den Kartäuserwall, wo der Laden bis heute besteht.

Was waren die Höhepunkte?

Einer der Höhepunkte in der Geschichte war sicherlich der „Kölsche Abend“ in der Hamburger Kiezkneipe „Zum letzten Pfennig“. Abgesandte des Kollektivs sind mit kölscher Musik und Kölsch-Fässern in den Norden gereist und haben dort in der St. Pauli Fan-Kneipe versucht, den Nordlichtern ein Gefühl von Kölscher Kultur und Karneval zu vermitteln. Aus diesem Abend entstand eine Art Fanfreundschaft zwischen Köln und Hamburg, die zu weiteren gemeinsamen Aktionen geführt haben und sich heute immer noch darin zeigt, dass wir neben dem 1.FC Köln auch die Spiele des FC St. Pauli übertragen. Ein weiterer Höhepunkt war die Gründung der Initiative „Kein Kölsch für Nazis“ im Jahr 2008, damals wegen des bevorstehenden Anti-Islam Kongresses in Köln, der eine Art Versammlung von europäischen Rechten werden sollte. Mit Bierdeckeln und kulturellen Veranstaltungen in vielen Kneipen in Köln sollte zum Protest gegen diesen Kongress aufgerufen werden, welcher letztendlich auch völlig gefloppt ist. 2017 gab es eine Neuauflage der Bierdeckelaktion mit vielen Konzerten und einer eigenen Clubnacht gegen den AfD-Parteitag im April letzten Jahres. Die Aktion hat sehr viel positives Feedback in sämtlichen Medien erhalten, allerdings auch die zu erwartende Hetze seitens von Rechts. Unser 20jähriges Jubiläum 2015 war auch ein tolles Highlight, welches wir im Gebäude 9 mit den Bands EIGELSTEIN ROYAL, KICK JONESES und den SPERMBIRDS sehr ordentlich und ausgiebig gefeiert haben.

Warum feiert ihr in der Lotta so exzessiv Karneval?

Tja... Das ist für Nichtkölner wahrscheinlich wenig nachvollziehbar, aber weil wir Bock drauf haben. Dazu muss man sagen, dass wir kein Ballermann Programm bieten. Bei uns läuft an Karneval ausschließlich kölsche Musik, da darf gerne geschunkelt, getanzt und mitgesungen werden. und wenn das dann der ganze Laden tut, ist das schlichtweg einfach geil! Das macht so viel Spaß, dass wir sogar im Sommer das Karnevalsbergfest feiern, also die Mitte zwischen Aschermittwoch und dem 11.11.

Wie sieht das Angebot neben Kickerligaspielen, Fußball Übertragungen und DJ Abenden aus?

Einmal im Monat gibt’s das sehr beliebte Lotta-Kneipenquiz, unregelmäßig auch Lesungen und politische Vorträge. Fast jährlich findet unser Fußballturnier „The Great Football Swindle“ auf den Poller Wiesen am Rhein statt. Im Januar gibt seit einigen Jahren bei uns einen kleinen Karnevalsflohmarkt, und demnächst möchten wir uns auch mal an einem Plattenflohmarkt versuchen.

Finden in der Lotta immer noch Unplugged Konzerte statt? Und wenn ja zu welchen Bedingungen?

Im Moment planen wir aus diversen Gründen keine Unplugged Konzerte.

Wie sieht Euer Getränkeangebot aus? Was sind die Besonderheiten?

Neben Kölsch bieten wir auch Pils vom Fass an, was in Köln nicht allzu üblich ist. Es gibt immer mal wieder verschiedene Biere zum Probieren, momentan auch mal vereinzelt sogenannte Craft Biere. Unser selbstgemixter Mexikaner erfreut sich großer Beliebtheit. In der Sommerzeit bieten wir auch mal Specials wie Moscow Mule an. Im Grunde sind wir aber eher bodenständig was die Getränke betrifft, Cocktails gibt es keine, das können andere einfach besser.

Ihr unterstützt das Projekt „Kein Kölsch für Nazis - Kein Raum für Rassismus“. Könnt ihr etwas dazu erzählen?

Die Initiative wurde, wie schon gesagt, von uns und einigen anderen Kölner Wirten 2008 ins Leben gerufen und findet mittlerweile zahlreiche Unterstützer aus Kölner Kneipen, Brauhäusern, Clubs, Jugendzentren und anderen Institutionen. Sie richtet sich gegen Populismus von Rechts und menschverachtender Hetze.

Wo gibt es Probleme?

Wie vermutlich nahezu jede Kneipe haben wir Probleme mit unseren Nachbarn wegen der Lautstärke der sich vor der Kneipe befindenden Gäste. Wir liegen halt leider in einer sehr schmalen eng bebauten Straße. Das hat sich vor allem wegen des strikten Rauchverbots in Gaststätten in NRW seit 2013 sehr verstärkt. Das ist ein Problem, was sich leider nicht zur Zufriedenheit aller lösen lässt und unsere Arbeit als Kneipeninhaber immer wieder belastet.

Was macht den besonderen Charme der Lotta aus?

Das können vielleicht eher die Gäste beurteilen. Möglicherweise dass wir immer schon offen für ein heterogenes Publikum waren, da wir Kollektivmitglieder auch alle sehr unterschiedlich sind. Allein schon vom Alter her, das älteste Mitglied ist 59 und das jüngste 19. Wir wollten nie bestimmte Schubladen füllen, bei uns geht Fußball, Punkrock, Karneval, Antifa und Feiern. Klar, auch wir sind nicht vor Klischees gefeit, aber so setzt sich dann auch unser vielschichtiges Publikum zusammen, was ein schönes Gefühl ist.

Die Öffnungszeiten sind Sonntag bis Donnerstag von 19.00-2.00, Freitag und Samstag 19.00-4.00. Bei Bundesligaübertragungen wird eine halbe Stunde vor Anpfiff geöffnet.

Anschrift: Kartäuserwall 12 50676 Köln