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Julia Segantini

Es gibt Menschen, die lesen das Ox schon (fast) so lange, wie es das Heft gibt, also seit 1989. In dieser Serie werden wir einige davon vorstellen. Zumindest ist das der Plan. Unsere Praktikanten Julia Segantini schlug nun aber vor, man könne doch auch besonders junge Ox-Leser*innen vorstellen und bot an selbst die Fragen zu beantworten. Falls du auch Interesse hast, in dieser Rubrik befragt zu werden, schreib uns.

Bitte stell dich vor.


Ich heiße Julia und bin 23 Jahre alt. Ich bin zur Zeit in meinem Master für Literatur- und Medienpraxis und British and Postcolonial Studies an der Uni Duisburg-Essen. Vor etwa einem Jahr bin ich aus dem provinziellen Marl, in dem nie etwas passiert, außer dass ein neues Altersheim gebaut wird, nach Essen in die Innenstadt gezogen, wo eigentlich immer was los ist. Um mein Leben irgendwie zu finanzieren schreibe ich fleißig Artikel für die akduell, der studentischen Zeitung für Essen, Duisburg und das Ruhrgebiet, meist über kulturelle oder feministische Themen. Na ja, und alle zwei Wochen verkaufe ich überteuerten BVB-Merch am Westfalenstadion ... Ich bin jung und brauche das Geld.

Kannst du dich noch erinnern, seit wann du das Ox liest und wo du es damals gekauft hast?

Das Ox lese ich tatsächlich erst seit einigen Monaten, irgendwie ist das davor an mir vorbeigegangen. Gekauft habe ich das, glaube ich, am Essener Hauptbahnhof. Empfohlen wurde mir das Ox von einem guten Freund meines ältesten Bruders, der auch immer wieder gute Musiktipps für mich parat hat.

Was waren damals deine Lieblingsbands, welche sind es heute?

So mit 14, 15 habe ich mit „Hippie-Kram“ angefangen. Bob Dylan, ROLLING STONES, QUEEN, so was. Lustigerweise mag ich das Zeug jetzt überhaupt nicht mehr, ich finde die Hippie-Kultur nervig und die dazugehörige Musik ebenso. Irgendwann entdeckte ich Bowie und der ist für mich bis heute die unangefochtene Nummer eins. Ansonsten steh ich auf Glam, Bands aus Skandinavien wie die HELLACOPTERS, BLUES PILLS, HEAVY TIGERS, SEWERGROOVES, MÄRVEL etc. Zudem liebe ich so Kram wie THE SMITHS, CURE und JOY DIVISION.

Was interessiert dich an dieser Punk/Hardcore-Jugendkultur, in der viele Akteure im Alter deiner Eltern sind?

Als ich klein war und meine neun und 14 Jahre älteren Brüder und ihre Freunde gerade ihre Punk-Phase hatten – die, glaube ich, eigentlich nie zu Ende sein wird –, verspürte ich immer so eine Mischung aus Angst und Bewunderung. Schwarzen Klamotten und alles voll mit Buttons, Löchern und Nieten, dazu ein leichter Geruch von Zigarettenqualm und „könnte auch mal wieder in die Wäsche“... Und denen schien es einfach egal zu sein, was andere Leute dachten! Und die haben auch noch selbst Musik gemacht, einfach so, weil sie eben Bock hatten. Leider fanden sie es damals zu uncool, sich mit der kleinen Schwester von Sid, so der Spitzname meines Bruders aufgrund seiner optischen Ähnlichkeit zu einem gewissen Bassisten, abzugeben, sonst hätte ich sicher eher zum Punk gefunden. Ich habe aber auch ein akademisches Interesse an der Szene oder an Musik generell und schreibe gern Hausarbeiten zum Thema.

Bitte gib uns eine schmeichelhafte Antwort auf die Frage, was dir fehlen würde, wenn es das Ox nicht mehr gäbe.

Wenn es das Ox nicht mehr gäbe, würden mir Sätze fehlen wie „JUPITER JONES lösen sich nach letzten Shows im Sommer 2018 auf. Wir sind untröstlich.“ in #135. Ich glaube nicht, dass man das in einem anderen Magazin lesen würde.

Was liest du als Erstes im Ox, was eher selten?

Gern lese ich die Kolumnen, die KoK-Rezepte und eben die Interviews und Reviews, die mich interessieren. Eher weniger lese ich die Buch-, Comic- und DVD-Reviews und einige Interviews von Bands, von denen ich noch nie etwas gehört habe.

Das Ox hat sich im Laufe der Jahre musikalisch geöffnet, jedoch ist der Fokus auf Punk und Hardcore geblieben. Wie ist es mit deinem Musikgeschmack?

Ich versuche, in meinem Musikgeschmack immer offen zu sein, denn sonst entgeht einem einiges! Deshalb bin ich kein Fan von Schubladen. Nur weil irgendwo Punk draufsteht, heißt das nicht, dass ich das automatisch mag. Tatsächlich ist mir Punk auch oft zu beliebig und langweilig. Genauso wenig versuche ich Bands/Künster*innen nicht kategorisch auszuschließen, nur weil ein Genre-Stempel drauf ist, den ich normalerweise nicht mag. Womit ich mich aber vermutlich nie anfreunden werde, ist so Death/Thrash Metal-Kram und Hardcore. Das ist einfach nichts für mich, auch wenn ich es immer wieder versuche. Aber Geschmäcker ändern sich schließlich!

Gibt es ein besonderes Erlebnis, das du mit dem Ox verbindest?

Klar verbinde ich ein besonderes Erlebnis mit dem Ox, nämlich mein Praktikum. Es ist schon spannend zu sehen, wie ein Fanzine entsteht, und ich habe schon so viele neue Bands kennen gelernt, das finde ich super.

Was findest du gut am Ox?

Am Ox gefällt mir besonders seine Vielfalt. Vorne steht zwar „Punkrock, Hardcore, Rock’n’Roll“ drauf, aber das Heft hat viel mehr zu bieten. Außerdem kann man hier Texte lesen, die nicht irgendwelchen hochgestochenen journalistischen Leitfäden entsprechen, sondern Texte, die mehr geradeheraus sind, auf den Punkt und mit viel Humor.

... und was sollten wir endlich mal ändern, abgesehen von der kleinen Schrift?

Euer Heft ist schon super, aber ich fände es schön, wenn es mehr weibliche Stimmen gäbe. Produziert wird das Heft schließlich fast nur von Männern und auch die Zahl der männlichen Schreiber überwiegt klar die der Schreiberinnen. Mehr weibliche Interviewpartnerinnen würde ich auch dufte finden.

Und was wolltest du uns schon immer mal sagen?

Wie ihr in eurem YouTube-Video zur Ausgabe #137 sagt, ist der durchschnittliche Ox-Leser männlich und alt. Ich kann euch aber versichern, dass viele eurer Leser*innen weiblich und jung sind! Auch die müsst ihr weiterhin überzeugen, denn die, und zwar nicht nur die weiblichen, sondern generell die jungen Leser*innen, sind eure Zukunft. Deshalb, Joachim, mach dir endlich mal Instagram. Außerdem an dieser Stelle: Liebe Grüßen an die zwei Redaktionskatzen!