HEADS.

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Weniger ist mehr!

Treffen sich ein Hamburger, ein Berliner und ein Australier ... Was wie der Auftakt zu einem schlechten Witz klingt, mündete im Fall des Trios HEADS. schon 2014 in ein kreatives Dreigestirn, das sich musikalisch mit Hilfe von Post- und Noiserock Ausdruck verleiht. Deren Zweitwerk „Collider“ gibt sich störrisch wie ein Esel, agiert immer gegen die Erwartungshaltung, lässt den Hörer gleichermaßen ernüchtert wie fasziniert zurück und demonstriert, dass man Dominanz ganz ohne Dauergebrüll und Gekreische erzeugen kann. Wir sprachen mit Bassist Chris Breuer über das Album und die Band.

Chris, was hat es mit dem Punkt hinter HEADS. auf sich?


Wir möchten dem Namen dadurch mehr Ausdruck verleihen und verdeutlichen, dass wir mit unserer Musik nicht versuchen werden, es irgendwem recht zu machen oder in eine bestimmte Genreschublade zu passen. Punkt.

Was ist auf dem Albumcover zu sehen, ist es ein im Wind fliegendes Tuch, eine Rauchschwade ...?

Das Bild wurde in den Sechziger Jahren irgendwo in Italien aufgenommen. Zu sehen ist eine gewaltige Explosion, eine chemische Reaktion, die durch einen Blitzeinschlag verursacht worden ist. Diese eigenartig lodernde Flamme war für uns die perfekte Verkörperung und Entsprechung unseres Albumtitels.

Der Trend geht Richtung Trio. Auch HEADS. spielen zu dritt. Welche Vorteile ergeben sich daraus?

Für uns ist es die perfekte Konstellation, da jegliche Entscheidungen und Absprachen schneller getroffen werden können. Limitierung ist etwas Gutes. Bei unserer Art von Musik ist es außerdem ein großer Vorteil, wenn jedes der drei Instrumente einen großen Platz einnehmen und somit auch richtig zur Geltung kommen kann. Yngwie Malmsteen meinte: „How can less be more? That’s impossible! More is more!“ Völliger Scheiß! Weniger ist mehr! Wer ist Yngwie Malmsteen?

Ihr habt bei Ghost City Recordings aufgenommen, was kannst du darüber erzählen?

Wir waren im Oktober 2017 dort. Der gute Jan Kerscher, der das Studio betreibt, hat uns aufgenommen und uns hier und da auch bei einigen schwierigen künstlerischen Entscheidungen geholfen. Produziert haben wir „Collider“ selbst, da wir ziemlich genau wussten, was wir wie haben möchten. Natürlich gab es auch bei uns diese berühmten kreativen Studiomomente, wo bestimmte Experimente einfach funktioniert haben und dann auf dem Album gelandet sind. Beispielsweise war eigentlich nur eine zweite Drumspur auf dem Album geplant beim Song „Youth“. Da aber Luc Hess – ex-THE OCEAN, COILGUNS, CLOSET DISCO QUEEN – nach dem Take tierisch genervt hat, haben wir etwas Ähnliches dann auch mit dem Song „To call and let it ring“ versucht, was den Song zu unserer Freude einfach noch bescheuerter gemacht hat.

Es klingt so, als ob ihr live aufgenommen hättet.

Das ist gut, so soll es auch klingen. Wir haben alles zusammen in einem Raum eingespielt – bis auf wenige Ausnahmen. Dabei standen unsere Amps in unterschiedlichen Räumen, um später mehr Möglichkeiten beim Abmischen zu haben.

Was ich an „Collider“ spannend finde, ist der starke Kontrast. Die Musik ist größtenteils schroff, eigentlich eher einkesselnd, und dem gegenüber steht der warme, vertrauenserweckende Gesang von Ed. Habt ihr HEADS. mit dieser Idee von zwei abstoßenden Polen geschaffen?

Unsere Geschmäcker sind sehr unterschiedlich und als Ed und ich die Idee hatten, diese Band zu gründen, wollten wir anfangs etwas konsequent Stoisch-Repetitives machen, was eigentlich noch viel nerviger sein sollte als die jetzigen Songs. Irgendwie kam dann aber doch etwas ziemlich anderes dabei raus. Dem konnten wir dann nicht widerstehen und so klingen wir nun, wie wir klingen.

Woher kennt ihr euch? Kannst du dich noch daran erinnern, welche Wirkung die Stimme von Ed und das Drumming von Peter beim ersten Kontakt auf dich hatten?

Ed und ich haben uns über die Anzeigenwebsite Craigslist kennen gelernt. Ed war gerade erst von Melbourne nach Berlin gezogen und hatte dort in den ersten Tagen nach seiner Ankunft online nach einem Bassisten und einem Drummer gesucht. Ich war zu der Zeit gerade als Bassist mit THE OCEAN in China unterwegs. Ed hat mir dann ein Video seiner alten Band geschickt und ich war von Eds charismatischer Stimme sofort sehr begeistert. Peter kenne ich auch durch THE OCEAN, da er damals mit uns als Lichttechniker unterwegs war. Dass er allerdings so gut Schlagzeug spielt, hatten weder Ed noch ich vermutet. Peter ist für uns das perfekte Bindeglied und hat durch sein extravagantes Spiel der Band eine sehr spezielle Note verliehen.

Wie setzt ihr „Collider“ live um, welche unterstützenden Elemente setzt ihr ein?

Wir mögen es pur und unverfälscht. Wir setzen live auf uns, unseren Sound und wenn möglich auf das richtige Licht.

Der Song „Samsa“ klingt schon fast fröhlich, man müsste nur die Tonart etwas ändern. Wäre es grundsätzlich möglich, dass HEADS. einen lustigen Song schreiben oder widerspricht das dem Grundgedanken der Band?

Bei einem Album von über vierzig Minuten war es uns sehr wichtig, für die richtige Abwechslung zu sorgen. Lustige TOY DOLLS-Songs wird es von uns in absehbarer Zeit leider nicht geben, sorry.

Wie geht ihr generell beim Songwriting vor, sporadisch oder mit streng geplanten Bandproben?

Ed wohnt zwar auch Berlin, ist aber drei, vier Monate im Jahr in Melbourne, Australien, Peter lebt in Hamburg und ich in der Hauptstadt. Deshalb sammeln wir seit Bandgründung all unsere Ideen und Fragmente in diversen Dropbox-Ordnern und treffen uns dann sehr gezielt in Berlin, um diese Ideen im Proberaum auszuarbeiten. Über die Jahre haben wir dann festgestellt, dass das ziemlich gut funktioniert und dadurch auch endlich diese unangenehmen, nervigen „Psycho-Proben“ wegfallen, bei denen man krampfhaft, aber erfolglos nach neuen Ideen sucht. Was Eds Texte anbelangt, so ist das recht unterschiedlich. Manchmal kommen die Texte später hinzu und manchmal baut die Musik darauf auf. Das ist sehr vom Song und der Idee abhängig.

Berlin hat eine sehr hohe Künstlerdichte, kann man dort wirklich so viel besser kreativ sein?

Das stimmt, Berlin hat aber dafür auch eine größere Dichte an Idioten. Kreativ kannst du meiner Meinung nach überall sein. Musik in der Großstadt machen hat aber natürlich auch jede Menge Vorteile.

Wie konsumierst du selbst Musik, in welcher Häufigkeit und in welchen Momenten?

Ich versuche, Musik nicht einfach nur nebenbei zu hören, sondern der Musik und dem Sound die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdienen. Vinyl zwingt dich dazu und deshalb konsumiere ich am liebsten analog.

Warum hast du dich damals für den Bass als Instrument entschieden?

Eigentlich wollte ich immer Schlagzeuger werden. Allerdings war die Stelle in unserer damaligen pubertären Punkband schon besetzt. Also blieb für mich nur der Bass übrig. Erst später wurde mir dann klar, dass du den Charakter der Musik mit diesem Instrument unheimlich leicht verändern kannst, und das übt bis heute einen großen Reiz auf mich aus.

Worum geht es in den Texten auf „Collider“? Darf man Songs wie „Wolves at the door“ als Metapher auf das aktuelle Zeitgeschehen verstehen?

Unsere Texte sind bewusst sehr vage gehalten. Natürlich haben die Textzeilen eine bestimmte Bedeutung für Ed und erzählen oft eine persönliche Geschichte. Die zu verraten wäre allerdings völlig reizlos. Viel spannender ist es doch, die Texte und Musik auf sich wirken zu lassen und sie für sich ganz eigen und persönlich zu interpretieren.

Im August geht es nach Amerika. Seid ihr dort als Support gebucht oder habt ihr eine eigene kleine Tour auf die Beine gestellt?

Wir werden dort mit zwei großartigen US-Bands unterwegs sein; mehrere Dates mit MULTICULT und VINCAS, in der auch Chris von MASERATI mitspielt, der uns da sehr geholfen hat. Neben einigen Festivals in Europa werden wir auch eine größere EU-Tour im Oktober machen.