40 Jahre später: THE DEADBEATS - Kill The Hippies (7“, Dangerhouse, 1978)

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Man sollte Bands meiden, die ihre Musik als Artpunk labeln oder unwidersprochen so bezeichnen lassen. Generell, ohne sich überhaupt nur einen Ton von ihnen anzuhören, einfach so, aus Prinzip. Ich würde sogar so weit gehen und dazu aufrufen, jede neue Band, die einem auf den persönlichen Radar schwirrt und sich tendenziell solcher Artpunk-Allüren hingeben könnte, daraufhin abzuklopfen und bei positivem Befund jede weitere Beschäftigung mit ihnen zu unterlassen, stante pede, ohne Gnade. Über die Jahre, mit zunehmender Erfahrung, entwickelt man ein feines Gespür in dieser Angelegenheit. Erzielt man eine Trefferquote von über 90%, darf man den Titel eines Artpunk-Avoiders tragen. Also was soll das sein, Artpunk? Eine höherwertige Form von Punk, die es – durch welche Kriterien auch immer – erst zu Kunst werden lässt? Entweder ist Musik immer Kunst oder nie, die dann eben jeweils gut oder schlecht sein kein. Als ob all die Kunst, die in den Museen rumgammelt und den bürgerlichen Kanon vollstopft, immer gut wäre. Wenn die Popbeauftragten des Feuilletons nach hochwertiger Musik fahnden, die das Prädikat Kunst verdient habe, landen sie dann bei solchen Gruselbands wie RADIOHEAD – Beweisaufnahme beendet, These gestützt, danke.

Solchen snobistischen distinktionsbedürftigen Grützköpfen sprudelt dann auch immer hurtig das Wort Artpunk aus dem Sprechloch, wenn sie von den DEADBEATS schwärmen. Pfui! Meistens ist ihnen die Band aus L.A. – die ein vitaler Bestandteil der frühen Punk-Szene war, bis heute aktiv ist und dennoch mit dieser EP für fast zwanzig Jahre ihre einzige Veröffentlichung vorlegte – aber sowieso unbekannt. Falls doch, darf natürlich nicht der Hinweis auf das Saxophon fehlen, das sich hier mit der Gitarre durch die Songs schreddert oder gemeinsam mit dem Schlagzeug poltert, und auch mal eigene dissonante Akzente setzt, wenn man knarzend einen Song zerpflückt, um ihn dann gleich wieder losbrettern zu lassen. Die DEADBEATS greifen die durchaus typischen Elemente des kalifornischen Punk dieser Zeit auf, verdrehen sie aber, setzen sie leicht links und rechts neben der Erwartungshaltung ab, ironisieren die schon zunehmend zu Klischees erstarrenden Punk-Grundsätze und fegen mit einer solchen Energie durch die vier Songs, inklusive der abschließenden Hymne auf die eigene Band, dass man auch 2018 noch etwas außer Atem ist, wenn man die Nadel schnell wieder in die Anfangsrille haut. Punk! Einer der besten und interessantesten bis heute. Hörpflicht. Ob die DEADBEATS sich selber als Artpunks sehen, will ich übrigens gar nicht wissen. Ich setze mich doch nicht der Gefahr aus, mir mit meinen eigenen wirren Regeln den Hörspaß zu nehmen.