ABRISS

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DIY, was denn sonst?

Vor anderthalb Jahren gab’s im Ox schon mal ein Interview mit ABRISS nebst sehr positivem Review zur selbstbetitelten Debütplatte der Hardcore-Punks aus Dortmund und Münster. Auf dem Nachfolger „Dachlattenkult“ geht es quasi so weiter, als hätte es nie eine Pause gegeben. Beinahe so wie bei NOFX oder S.O.I.A oder SLAYER, nur eben in hart und geil und vor allem dreckig – es ist noch immer Deutschpunk! Wir fragen Gitarrist Alex, was sich in der Zwischenzeit so getan hat.

Das neue Album „Dachlattenkult“ klingt für mich so, als wäre es fast in derselben Session wie der Vorgänger eingespielt worden. Absicht oder einfach passiert?


Es steckt jetzt kein Masterplan dahinter. Wir treffen uns ab und an im Proberaum und machen die Musik, auf die wir alle Lust haben, und dann klingt das am Ende eben so. Wir möchten auch einfach genau das machen. Ich selbst freue mich auch richtig, wenn ich eine Platte auflege und das nur durchbrettert. Wir hatten für „Dachlattenkult“ auch noch zwei langsame Songs aufgenommen, die sind dann aber wieder rausgeflogen, es muss einfach scheppern, dann sind wir glücklich.

Ein Sache, die mir auf „Dachlattenkult“ besonders positiv auffiel, war das Sample aus „Abuzze“, dem BADESALZ-Film. Ist der im Pott wirklich so bekannt?

Der Film ist schon bekannt und begehrt hier. Unser Trommler und Basser fahren da voll drauf ab. Bei jeder Probe wird in den Raucherpausen aus irgendwelchen Filmen und alten Serien rezitiert, von Alf bis BADESALZ. So ein Sample ist ja dann auch immer eine hübsche Wertschätzung.

In euren Releases steckt ja eine ordentliche Portion DIY drin.

Meine grundsätzliche Haltung zu dem Thema lautet: Was denn sonst? DIY ist ja auch kein Übel, sondern ein gewollter Teil des Ganzen. Vielleicht bin ich ja naiv, aber ich bin der Meinung, dass alle authentischen Sachen im Bereich Punk und Hardcore auf DIY basieren. Und wenn es anders wäre, dann würde es in meinem Verständnis gegen alles sprechen, wofür eben Punk und Hardcore stehen. DIY ist für mich Selbstbestimmung. Dinge selber in die Hand zu nehmen, die Kontrolle über sein Zeug zu haben und sich nicht von außen reinreden lassen müssen. Aber das ist ja auch jetzt nichts Besonderes, sondern in dem Universum, in dem wir uns so bewegen, der absolute Standard.

Ist Deutschland 2018 am Ende?

Deutschland war doch immer scheiße, nicht erst 2018. Also wenn ich mal zurückdenke, fällt mir gerade keine Zeit ein, in der ich dachte: Och, die Gesellschaft so generell, das Wertesystem und der Kapitalismus, das ist alles richtig doll gerade, so könnte es weitergehen! Und der ganze Scheiß, den wir gerade erleben, das ist ja auch in meinen Augen der Auswuchs beziehungsweise die logische Folge von dem, was jahrelang gelaufen ist.

Ist die Hardcore/Punk-Szene, in der ihr euch bewegt, immer noch straight in ihren politischen Ansichten oder merkt man hier und da auch mal, dass es Zerwürfnisse gibt oder gar rechtslastige Leute versuchen, die Szene zu unterwandern?

Wo wir uns so bewegen und auch in unserem direkten Umfeld, habe ich noch nicht erlebt, dass irgendjemand versucht, rechte Gedanken und Strukturen in die Szene zu tragen. Natürlich ist mir bewusst, dass es das gibt. Unsere unmittelbare Szene ist recht überschaubar, das ist politisch gesehen schon eher die Wohlfühloase, da gibt es klare Haltungen und Positionen und die sind immer eindeutig gegen rechts. Ich gehe jetzt weiter nur von unserem Umfeld aus und da, behaupte ich mal, sind das Bewusstsein und die Intelligenz soweit fortgeschritten, dass gewisse Menschen und Gesinnungen nicht geduldet werden, ohne Kompromisse.

Textlich ist „Dachlattenkult“ ein einziger hasserfüllter Tritt in die Magengrube. Die Maschinen, die Macker, die Macher – sie alle müssen gut einstecken. Woher rührt diese Miesepeterstimmung?

Als hasserfüllt würde ich uns keineswegs bezeichnen und das sollen auch die Texte nicht suggerieren. Hass ist nicht unser Ding. Ich würde uns eher als latent unzufrieden, resigniert und frustriert bezeichnen. Und es gibt Menschen, die ja auch einfach mal scheiße sind, und dann kann man das ja auch mal so gerade raus sagen: Hier, du Sexisten-Prollokarren-CDU-Patriot, du bist einfach scheiße. In unserer kleinen Bubble können wir es uns natürlich nett machen. Die große, weite Welt erscheint aber doch unterm Strich immer eher beklemmend. Ich denke, das fasst unsere Texte ganz gut zusammen.