PUNK LUREX

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25 Jahre Punkrock und Politik

Finnland taucht immer wieder mal mit großartigen Bands auf der Punkrock-Landkarte auf. PUNK LUREX sind in den letzten Jahren dabei etwas in Vergessenheit geraten. 2012 erschien die letzte LP „Puolesta Ja Vastaan“, die das Quartett aus Tampere mit melodischem Punkrock und finnischen Texten in Höchstform zeigte. Zufälligerweise fiel meine Interviewanfrage fast auf den Tag genau mit dem Konzert zum 25-jährigen Bandjubiläum zusammen. Sängerin und Bassistin Tiina beantwortet ein paar Fragen.

Tiina, ich kenne euch eigentlich noch als PUNK LUREX OK. Warum habt ihr euch umbenannt?


Wir hatten zwischendurch eine fünfjährige Bandpause und haben 2009 in neuer Besetzung mit Pasi Jouhki an der Gitarre und Markus Saastamoinen am Schlagzeug wieder angefangen. Bei so viel Veränderung im Line-up wollten wir, dass auch im Namen erkennbar ist, dass es nicht mehr die exakt gleiche Band ist wie vorher.

Ich hatte euch Ende der Neunziger auf einem Sampler von Teenage Rebel Records entdeckt und dann lange aus den Augen verloren.

Seit damals ist natürlich eine Menge passiert, haha. Wir hatten wie gesagt diverse Besetzungswechsel und haben drei Alben und eine Compilation veröffentlicht. Neben einigen Touren haben wir gemeinsam mit unserem Freund TV Smith von THE ADVERTS die Platte „The Future Used To Be Better“ eingespielt. Ein paar Konzerte gab es seitdem auch in Deutschland, unter anderem in Düsseldorf, Köln und München. Und erst letztes Wochenende haben wir gemeinsam mit TV Smith in unserer Heimatstadt Tampere unser 25-jähriges Bandbestehen mit einem Konzert gefeiert.

Lebt ihr alle nach wie vor dort?

Ja, Tampere würde ich nach wie vor als Heimatstadt der Band bezeichnen, auch wenn ich selbst inzwischen etwas außerhalb in der Nachbargemeinde Lempäälä wohne. Unser Gitarrist und ich sind beide auch in Tampere geboren. Der andere Gitarrist Pasi kommt eigentlich direkt aus Helsinki und unser Schlagzeuger Markus ist von Kemi in Nordfinnland hierher gezogen. Tampere ist mit etwa 230.000 Einwohnern Finnlands zweitgrößte Stadt. Wir haben hier traditionell viel Industrie. In der Umgebung liegen zwei große Seen mit Stromschnellen dazwischen, so dass es hier wirklich schön ist. Wir haben hier die beliebteste multidisziplinäre Universität in Finnland und das prägt die Stadt. Tampere wird auch oft „Rock-Hauptstadt“ genannt, weil sich hier viele berühmte Rockbands gegründet haben. Und erst im Mai dieses Jahres wurde die Stadt zur „Sauna-Hauptstadt“ der Welt ernannt wegen ihrer vielen öffentlichen Saunen, haha.

Ist es schwierig, als Punkrock-Band in Finnland Auftrittsmöglichkeiten zu finden?

In den großen Städten wie Helsinki, Tampere oder Turku ist das kein Problem. Im Sommer gibt es ansonsten einige große Punk-Festivals. Zum Beispiel das Puntala-Rock in Lempäälä oder das Hässäkkä-Päivät in Oulu.

Welches sind die derzeit bekanntesten finnischen Punkbands? Mir fallen spontan WASTED und KLAMYDIA ein.

Da fallen mir zuerst mal PUHELINSEKSI aus Rovaniemi, PÄÄ KII aus Helsinki und JÄTÄ JÄMÄT aus Tampere ein. Diese drei Bands spielen melodischen Punkrock. Es gibt sicherlich noch eine Menge bekannter Hardcore-Bands wie FORESEEN und KOHTI TUHOA aus Helsinki. Da ich aber eher melodischen Punk mag, kenne ich mich da nicht so gut aus. LAPINPOLTHAJAT sind auch noch sehr gut und ziemlich beliebt. Ihre Musik ist eine Mischung aus Hardcore und melodischem ’77er Punk mit politischen Texten. Auch wenn diese Bands teils sehr bekannt sind, sind es immer noch Indie-Bands. Du wirst so etwas nicht im normalen Radioprogramm hören.

Mit Punkrock kann man vermutlich auch in Finnland nicht seine Rechnungen bezahlen. Was macht ihr beruflich?

Ja, man zahlt bei den meisten Konzerten drauf. Im besten Fall übernehmen die Clubs die Reisekosten und spendieren uns etwas zu essen. Ich selbst arbeite als Pressereferentin an der Universität Tampere. Unser Gitarrist Kukka ist Krankenpfleger und der andere Gitarrist Pasi studiert. Er wird vermutlich Informationswissenschaftler. Unser Drummer Markus arbeitet in einem Unternehmen, das pflanzliche Nahrungsmittel auf Seitanbasis herstellt. Ich selbst engagiere mich neben meinem Beruf für grüne Politik. Ich bin an meinem Wohnort Lempäälä Mitglied im Stadtrat und lasse mich im kommenden Frühling als Kandidatin für die finnischen Parlamentswahlen aufstellen.

Auf eurem letzten Album „Puolesta Ja Vastaan“ ist ein Song mit dem Titel „Liittoudutaan“, der mir besonders gut gefallen hat. Wovon handelt der Text?

In dem Lied geht es um sehr konservative und engstirnige Menschen, die sich vor Veränderungen, fremden Personen und jeglichen neuen Ideen fürchten. Die Texte von PUNK LUREX sind meistens politisch. Wir kritisieren darin soziale Ungerechtigkeit und unterstützen Dinge wie Umwelt- und Tierschutz, Toleranz, Gleichheit und eine aktive Bürgerbeteiligung.

Wird es in absehbarer Zeit eine neue Platte geben?

Ja, darüber haben wir schon bandintern gesprochen. Wir wissen aber noch nicht, ob es ein ganzes Album oder eine EP wird. Wir würden auch sehr gerne mal wieder in Deutschland touren. Aber die Flüge, die Fahrten zwischen den Clubs und die Unterbringung auf Tour, das ist alles teuer. Wir sind, denke ich, nicht bekannt genug in Deutschland, damit die Veranstalter diese Kosten übernehmen würden. Und natürlich haben wir unsere Alltagsjobs und andere Verantwortlichkeiten, so dass es manchmal nicht leicht ist, genug Urlaub für eine Tour zu bekommen. Aber natürlich sind wir immer offen für Angebote.

Ich bin nicht nur musikalisch ein großer Finnlandfan. Was sollte ich bei meinem nächsten Besuch unbedingt an kulinarischen Spezialitäten probieren?

Das ist keine einfache Frage, haha. Als Vegetarierin würde ich natürlich vor allem vegetarisches Essen empfehlen. Beispielsweise sind viele traditionelle finnische Weihnachtsgerichte sehr gut, wie etwa Imellytetty perunalaatikko – das ist ein Auflauf aus Kartoffelpüree. Man gibt ein paar Löffel Mehl dazu und lässt ihn bis zum Abend an einem warmen Platz ziehen, bevor er in den Ofen kommt. So bekommt er seinen traditionellen, süßen Geschmack. Außerdem kann ich noch Karjalanpiirakka, karelische Pasteten, empfehlen. Sie haben außen eine knusprige Roggenkruste und innen eine Art weichen Reispudding.