TAG DES DÜMMSTEN GESICHTS

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Halt die Fresse!

Schön ist, hin und wieder auf Bands zu treffen, die ähnlich ticken wie die Truppe, mit der man selbst sporadisch unterwegs ist. So erging es mir mit den Münsteranern DER TAG DES DÜMMSTEN GESICHTS (DTDDG) im Herbst 2018 im AZ Köln. Ihre Performance: viel Gequatsche, lustige Aktionen mit dem Publikum und einige hektisch-wütende Indiepunk-Thrasher. Die Gespräche an diesem Abend waren großartig, das Hören ihrer schicken selbstbetitelten Debüt-CD noch großartiger. Darum konnte ich’s nicht dabei belassen und schickte der Band ein paar Fragen.

Die fünf Freunde aus Münster haben zwanzig Jahre lang in diversen Punk- und Emo-Bands Erfahrungen gesammelt, bevor sie 2016 DER TAG DES DÜMMSTEN GESICHTS gründeten. Erwähnenswert sind hier vor allem GRENZWERT und TOOLYLOOLY & THE MCBOBBIES. Dass aus dem Green Hell-Umfeld in Münster seit Jahren coole Bands kommen, ist längst kein Geheimnis mehr. Held*innen für DTDDG sind auf jeden Fall SVFFER, empfehlenswert METZER58, CHAOS & SANDALE und – leider noch ohne Veröffentlichung – ein erst vor kurzem an den Start gegangenes Projekt namens SEKTFRÜHSTÜCK. Mit denen planen DTDDG übrigens eine Split-Platte, deren Veröffentlichung im Herbst ansteht.

Das Cover ihrer Debüt-CD aus dem Jahr 2017 ziert eine Auswahl damals aktueller Politiker*innen. Wen würden DTDDG für das Dümmste Gesicht 2018 nominieren, wer sind die heißesten Anwärter für 2019? „Vorneweg“, so Sänger Powl, „nicht nur Politiker*innen sind dumm. Man kann den Eindruck gewinnen, dass es große Teile der gesamten Gesellschaft sind. Persönlich wünschen wir natürlich Martin Schiller, dem auf unserem Cover vertretenen AfD-Kopf aus Münster, nach wie vor, dass er mal ganz doof stolpert und sich wehtut.“ Den passenden Soundtrack dazu haben DTDDG schon zusammengezimmert. „Geschichtsstunde mit Bernd Höcke“ ist die Anti-AfD-Hymne schlechthin. Der Song hat alles, was Punk haben muss, zusammengefasst in 73 Sekunden und drei Worten: „Halt die Fresse!“ Absoluter Überhit, der das Zeug zum Klassiker hat!

Vor 15 Jahren lebte und arbeitete ich selbst in Münster und kam zwischenzeitlich nur mit meiner Band BLANK WHEN ZERO wieder in die Gegend, also möchte ich wissen, was derzeit so in Münster angesagt ist und was so gar nicht geht. „Top sind die Baracke, das Gleis 22 und die Leo:16. Richtig ätzend hingegen sind das Heaven und die komplette Jüdefelder Straße. Und so richtig dumm und nervig sind Student*innen!“

Nachdem auch das mal klargestellt ist, konfrontiere ich DTDDG mit ihrer eher überschaubaren Live-Präsenz. Es hängt derzeit daran, dass sich die Band nicht proaktiv um Gigs kümmert. „Anfragen sagen wir nach Möglichkeit immer zu“, versichert Powl mir, aber Auftritte sind für das Quintett lediglich ein Aspekt beim Musikmachen. „Gemeinsames Proben als soziales Happening, um Alltagsstress abzubauen und eine gute Zeit zu haben, steht eher im Mittelpunkt.“ Und genau so wollen es DTDDG auch 2019 halten. Immer mit dem Hintergedanken, von der Menschheit schwer enttäuscht zu sein.

Zuletzt interessiert mich noch, wie man auf so einen Bandnamen kommt? „Wir wollten irgendwas aus der Bibel in unserem Bandnamen haben“, kontert der Sänger. Liebe Leserschaft, ich überlasse es euch herauszufinden, von welcher Stelle im überschätztesten Bestseller der Welt hier die Rede ist. Etwas Allgemeinbildung hat ja noch niemandem geschadet.