INTERNATIONAL MUSIC

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Es kommt, wie es kommt

Mit INTERNATIONAL MUSIC verhielt es sich bei mir so wie wenn man mit dem Kiffen anfängt: Ein guter Freund bringt einen drauf. Erst merkt man nichts, dann muss man kichern und später bekommt man nicht genug davon. Musikalisch hat man das alles schon mal gehört, so scheint es erst mal: VELVET UNDERGROUND, Krautrock oder deutschsprachiger Indierock fallen da als Schlagworte ein. Aber es ist ja wie immer die Frage des Zusammenfügens und des Vortrags, was den Unterschied ausmacht. Und so fand die Band entsprechend starke Freunde, die das vielbeachtete Debüt-Doppelalbum „Die besten Jahre“ ermöglichte: Das Label Staatsakt und den Produzenten Olaf Opal (Notwist, Boxhamsters).

Im Oktober 2017 habe ich euch in Duisburg im Djäzz als Vorband von CHUCKAMUCK gesehen, da hattet ihr gerade mal ein Demotape. Ein halbes Jahr später gab’s schon ein Doppelalbum auf STAATSAKT und eine Deutschlandtour durch die nicht ganz so kleinen Clubs. Was ist da passiert?

Peter:
Da ist ja auch vorher schon etwas passiert. Ich glaube, das Konzert mit CHUCKAMUCK war so die Mitte des Weges. Wir haben vor drei Jahren angefangen, Musik zu machen, und ca. ein Jahr im Proberaum gespielt. Unser erstes Konzert war in Essen. Kurz darauf traten wir als Vorband von FRIENDS OF GAS in Berlin auf, was irgendwie sehr aufregend war. Wir hatten bereits Kontakt mit STAATSAKT und die haben uns dort als Vorband gebucht, was für uns schon eine große Nummer war. Wir haben dann recht oft gespielt und dann angefangen, mit Olaf über das Album zu reden.

Pedro: Die Basistracks waren im August 2017 bereits aufgenommen.

Peter: Es ging schon relativ flott. Aber wir haben auch ein Jahr lang im Proberaum herumgegurkt und einige Zeit gebraucht, bis wir überhaupt mal live gespielt haben. Dann ging’s allerdings recht schnell.

Wie kam es, dass Olaf Opal eure Platte produziert hat?

Peter:
Der Kontakt kam über Maurice von STAATSAKT zustande. Wir hatten denen ein Demo von den DÜSSELDORF DÜSTERBOYS gegeben, das fand der gut und wir sind in Kontakt geblieben. Dann haben wir ihm eine erste INTERNATIONAL MUSIC-Aufnahme geschickt und Maurice meinte sofort: „Lass uns ein Album machen!“ Er hat uns direkt Olaf vorgeschlagen, weil der das Demo wohl geil fand und auch im Ruhrgebiet arbeitet.

Wie war die Zusammenarbeit mit ihm? Hat er sich da stark eingebracht oder eure Songs so gelassen, wie ihr sie geliefert habt?

Joel:
Am Anfang haben wir uns auch gedacht: Wow, was der schon alles gemacht hat, LIQUIDO und so, haha. Wir mochten uns aber sehr schnell.

Pedro: Ein Teufelskerl ist das. Er ist auch so ein bisschen ein ruppiger Typ, aber das hat voll gepasst. Der hat auch gecheckt, dass wir voll Bock haben und wir merkten das bei ihm auch. So fing es an, dass wir gemeinsam herumgesponnen haben. Er meinte dann auch, dass wir im Proberaum aufnehmen sollten, da schon das Demo, das wir mit zwei Raummikros dort aufgenommen hatten, einen ganz speziellen Klang hatte. Vor den Aufnahmen haben wir echt viel geprobt, so dass wir echt gut abliefern können und die Basis haben wir dann live im Proberaum aufgenommen. Gesänge und Overdubs dann bei ihm im Studio. Die Songs auf dem Album standen also schon. Seine Arbeit war eher, uns so ein bisschen zu lenken und ab und zu mal eine Frage zu stellen oder kleine Anregungen zu geben.

Was hat sich im Gegensatz zu euren ursprünglichen Ideen noch geändert?

Pedro:
Wir haben schnell gemerkt, dass wir nicht genau so wie auf der Bühne spielen müssen und einfach mehr Möglichkeiten haben.

Peter: Wir hatten großen Spaß, noch mal eine Gitarre drüber spielen zu können. Der Anspruch, das eins zu eins live umsetzten zu können, war nie da. So haben wir häufig noch eine Fläche in Form von einer Gitarre oder einem Keyboard drübergelegt. Da haben wir viel herumprobiert. Ich glaube das war dann auch das Schöne an der Arbeit mit Olaf, dass wir da auf persönlicher und ästhetischer Ebene total gut zusammenpassen.

Ich finde, dass ihr trotzdem live wie auf Platte doch eher reduziert klingt und auf die Gitarrenwände dann doch eher verzichtet.

Peter:
Ich glaube, das ist einfach unser Ding, wir mögen Reduktion.

Pedro: Es gibt ja auch Songs wie „Metallmädchen“, die eine gewisse Opulenz haben.

Peter: Aber ich glaube in unserer Dreierkonstellation ist das so der natürliche Sound, den wir haben. Ich spiele halt eine einfache Gitarre. Und das machen wir irgendwie alle. Aber darüber machen wir uns nicht so viele Gedanken, ehrlich gesagt.

Wie ist die Band entstanden? Seid ihr Freunde, die zusammen Musik machen, oder Musiker, die dann Freunde werden? Ihr kommt ja auch aus unterschiedlichen Städten.

Pedro:
Ich bin mit Peter zur Schule gegangen und wir hatten so eine Indie-Band zusammen. Dann haben wir zwei Jahre lang nicht in einer Stadt gewohnt. Danach hatten wir wieder Lust, zusammen Musik zu machen und ich bin nach Essen gezogen. Wir sind wirklich außerordentlich gute Freunde. Und bei Joel ist es so, dass er auch erst ein guter Freund wurde, und wir haben uns gewünscht, dass wir auch zusammen Musik machen. Wir brauchten einfach einen Schlagzeuger und haben ihm gesagt: „So, jetzt setz dich ans Schlagzeug!“ Der hat vorher gar nicht gespielt.

Joel, du hast also für die Band Schlagzeug spielen gelernt?

Joel:
Ja. Wir haben uns kennen gelernt und Bier in einer Kneipe namens Bei Karl-Heinz zusammen getrunken, und die haben mich gefragt, ob ich nicht Schlagzeug bei denen spielen wollte. Ich habe wie die beiden auch als Kind mit Instrumenten angefangen: Blockflöte und Waldhorn. Aber bei mir lief das nicht so gut und ich habe das eher mit Druck und Stress verbunden. Das lag aber auch daran, dass ich nie Spaß daran hatte, Sachen zu machen, die andere Leute vorher „für mich“ geschrieben haben. Das läuft jetzt besser mit den Beiden, da das so ein Verbund ist. Das ist einfach eine viel intuitivere und spaßigere Herangehensweise.

Wie verhalten sich die DÜSTERBOYS zu INTERNATIONAL MUSIC? Warum gibt es überhaupt diese zwei Projekte?

Peter:
Die DÜSTERBOYS gab es ein bisschen früher, als wir beide nicht in einer Stadt gelebt haben. Als Pedro dann nach Essen gezogen ist, haben wir dann intensiv Musik gemacht und gemeinsam Songs geschrieben. Wir haben dann bei Joel’s Ausstellung – er ist Maler und Bildhauer – unser allererstes Konzert gespielt. Wir hatten dann Bock, noch eine Band zu haben und zwar mit Schlagzeug – und laut!

Pedro: Die Songs entstehen anders und tragen somit auch einen anderen Geist. Wir wundern uns, dass das nach außen nicht so klar trennbar ist. Aber für uns sind das zwei Projekte, die einen ganz unterschiedlichen Rahmen haben.

Peter: Wir haben ja auch mit INTERNATIONAL MUSIC nicht versucht, DÜSTERBOYS-Songs mit Schlagzeug zu spielen, sondern für die Dreier-Band eigene Songs gemacht.

Welche musikalische Sozialisation habt ihr?

Peter:
Klassik. Ich habe klassische Gitarre und klassisches Klavier gespielt, angefangen habe ich damit im Alter von sechs Jahren.

Fandest du das gut oder wurde dir das aufgedrückt?

Peter:
Ich wollte das. Es gab bei uns zu Hause ein Klavier, das habe ich gespielt und da haben meine Eltern gesagt: „Unterricht!“ Den hatte ich, bis ich 19 war. Jetzt studiere ich klassische Musik und Komposition an der Folkwang-Uni in Essen. Klavier spiele ich noch im Nebenfach, aber wenig. Die Hauptfächer sind elektronische und instrumentale zeitgenössische Komposition. In der Analyse lernt man dort die Musik, die so ab 1950 in Europa entstanden ist. Ganz frei ist der Studiengang also nicht.

Welchen Bezug hat die Musik, die ihr macht, zu den Inhalten deines Studiums?

Peter:
Mittlerweile kennen meine Dozenten meine Musik und die finden das ziemlich gut. Die unterstützen das auf jeden Fall. Aber das hat doch recht wenig mit der Arbeit zu tun, die ich da im Studium mache. Das sind im Prinzip für mich schon zwei unterschiedliche Sachen. Es geht zwar beides um Musik, aber auf sehr unterschiedliche Weise. Ich trenne das ganz gerne. Aber ich lerne jeweils aus dem einen für das andere.

Auf eurer Platte steht, dass sie durch „Projektmittel der Bundesregierung für Kultur & Medien“ gefördert ist. Findet ihr das als Rockband nicht irgendwie anstößig oder peinlich?

Peter:
Nee, gar nicht. Die haben uns 10.000 Euro gegeben. Das ist voll geil. In dem Business, in dem wir uns befinden, ist das so wenig Geld, da ist das schon okay.

Pedro: Die Platte gäbe es vielleicht sonst gar nicht in der Form.

Peter: Es schadet auf jeden Fall nicht, wenn man von Vater Staat ein bisschen Geld bekommt.

Wo zieht es euch mit der Band hin? Ihr seid ja ziemliche Kritikerlieblinge. Wird das euer Hauptjob?

Peter:
Es ist schon unser Anspruch, irgendwann davon leben zu können.

Pedro: Es wäre schön. Die Frage ist eben, was noch kommt. Ich habe von anderen Bands erzählt bekommen, zum Beispiel von BOHREN & DER CLUB OF GORE, dass sie das die ganze Zeit nur deshalb so cool machen konnten, weil sie nebenher auch noch gearbeitet haben.

Peter: Man muss halt improvisieren. Es kommt, wie es kommt. Man tut das, was man tut. Wir versuchen, gute Musik zu machen, und das dann herauszubringen. Im Moment läuft es ganz gut, mal schauen, wie es weitergeht. Das Ziel ist, das weiterzumachen und so bekannt zu werden, dass die Leute die Platten kaufen und auf die Konzerte gehen. Das geht gerade los, wir können noch nicht davon leben, aber das ist auf jeden Fall ein Wunsch.

Zu guter Letzt: Erzählt doch bitte das schlimmste Erlebnis der laufenden Tour!

Pedro:
Bisher läuft es eigentlich ganz gut. Da gibt es eigentlich nichts ... Doch: Wir sind gerade angstgeplagt, weil wir vor zwei Wochen einen Bus für die Tour gekauft haben, anstatt wie früher immer einen zu mieten. Das ist aber ein Diesel. Haha.

Pedro: Natürlich hatten wir das Thema Diesel auf dem Schirm. Aber wir hatten beim Kauf so einen „Experten“ dabei, den wir konsultiert haben, da wir uns alle nicht so auskennen. Der meinte: Ja, ja, macht euch mal keine Sorgen, so schnell gilt das alles nicht. Gestern haben wir dann im Radio von dem Bus vom Dieselfahrverbot in Essen gehört. Und unser Proberaum liegt da genau in der Mitte. Aber wenn es so kommen sollte, ist das schon okay, denn dann wird die Luft viel besser und wir haben jetzt noch eine wunderschöne und wertvolle Zeit mit dem Bus.
Headbert & Sönke