LONG BEACH DUB ALLSTARS

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Bradleys langer Schatten

Elf lange Jahre waren sie weg vom Fenster, quasi mausetot – die LONG BEACH DUB ALLSTARS. Vor sieben Jahren gab es dann die ersten Konzerte mit neuem Line-up. Jetzt haben die Jungs aus Kalifornien sogar ihr drittes Album aufgenommen. Die Band, die aus der Trümmern des Punk-Reggae-Trios SUBLIME entstanden ist, nachdem sich Sänger Bradley Nowell im Mai 1996 mit einer Heroin-Überdosis versehentlich das Leben genommen hatte. Ein langer Schatten, der die Band bis heute prägt, wie Sänger Opie Ortiz im Ox-Interview erzählt. Ein Mann, der sein Geld als Tätowierkünstler verdient und unter anderem das berühmte Rückentattoo von Brad gestochen hat, das als Artwork des sehr erfolgreichen dritten SUBLIME-Albums diente.

Was hat euch dazu gebracht, die Band nach so vielen Jahren wieder an den Start zu bringen?


Das war ehrlich gesagt der Tod von zwei Brüdern, die zur Musikszene von Long Beach gehörten: Ikey and Aaron Owens. Ikey war als Keyboarder bei uns aktiv, aber auch bei HEPCAT, THE MARS VOLTA oder der Backing-Band von Jack White, und er starb im Oktober 2014 an einem Herzinfarkt. Sein Bruder Aaron, der bei uns und bei HEPCAT Gitarre spielte, starb fünf Monate später an Herzinsuffizienz. Die beiden Jungs waren wie musikalische Brüder für uns. Ihr Tod hat uns alle sehr erschüttert und wir wollten unbedingt noch einmal zusammenkommen, um ihnen die letzte Ehre zu erweisen. Deshalb haben wir uns an einem Tribut- und Benefizkonzert für Ikey und Aaron im El Reye Theatre in Los Angeles beteiligt. Und dann wollten wir unbedingt weitermachen.

Wie schwer war es, alle Mitglieder der LONG BEACH DUB ALLSTARS wieder zusammenzutrommeln?

Wir spielen inzwischen nicht mehr in unserer ursprünglichen Besetzung. Da hat sich einiges geändert. LONG BEACH DUB ALLSTARS hatten noch nie eine feste Besetzung, da waren immer mal wieder andere Leute dabei und jetzt hat sich eben wieder ein anderes Team gebildet. Wir versuchen natürlich, an der alten Erfolgsformel festzuhalten, aber mit einer anderen Mannschaft. Eric Wilson und Bud Gaugh, die die Band nach dem Ende von SUBLIME gegründet hatten, sind nicht mehr dabei. Geblieben sind neben mir Drummer Marshall Goodman, Keyboarder Jack Maness und Tim Wu am Waldhorn. Der Neue am Bass heißt Edwin Kampwirth, der neue Gitarrist Gavin und die Orgel spielt Roger Rivas von THE AGGROLITES.

Was machen eigentlich Eric und Bud? Hast du noch Kontakt zu ihnen?

Eric ist viel mit SUBLIME WITH ROME in den Staaten unterwegs, mit dem früheren SUBLIME-Fan Rome Ramirez am Mikrofon und an der Gitarre und dem früheren TRIBAL SEEDS-Drummer Carlos Verdugo am Schlagzeug. Wir verstehen uns nach wie vor bestens. Ich habe auch versucht, ihn ins Studio zu locken, aber sein Zeitplan ist so eng gestrickt, dass es leider nicht geklappt hat. Und Bud hat zuletzt bei JELLY OF THE MONTH Schlagzeug gespielt. Nachdem er vorher ein paar Jahre bei EYES ADRIFT und VOLCANO mit Jungs von NIRVANA oder MEAT PUPPETS aktiv war. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob das überhaupt noch aktuell ist. Er wollte sich vor allem auf seine Kinder konzentrieren, und außerdem hat er ein kleines Geschäft mit Offroad-Trucks gestartet. Zumindest hat er mir das erzählt, als ich ihn das letzte Mal gesprochen habe.

Warum habt ihr euch damals überhaupt aufgelöst?

Wir hatten irgendwie alle die Nase voll. Es machte zu diesem Zeitpunkt einfach keinen Spaß mehr und einige in der Band waren auch nicht gesund. Einige Bandmitglieder waren gerade dabei, ihr Leben zu ruinieren, da wollte ich nicht mehr dabei sein. Die Bandauflösung hatte aber nicht nur mit den Drogen zu tun, sondern auch mit persönlichen Problemen, die einige von unseren Jungs hatten. Natürlich wiederum verursacht durch die Drogensucht.

Wie sehr haben sich die LONG BEACH DUB ALLSTARS nach all den Jahren verändert?

Ich denke, wir waren früher in unserer musikalischen Denkweise ein bisschen festgefahren. Das wird sich mit dem neuen Album ändern. Jetzt wollen wir ganz verschiedene Stile aufblühen lassen, aber natürlich wollen wir das Konzept von LONG BEACH DUB ALLSTARS nicht aufgeben. Wir wollen neue Einflüsse von unseren neuen Bandmitgliedern zulassen und einfach die gemeinsame Zeit genießen.

Was kannst du uns vom neuen Album verraten? Wie soll es heißen? Wann und wo wird es herauskommen?

Alle Songs sind aufgenommen. Wir hoffen, dass es irgendwann im Sommer erscheint. Momentan arbeite ich am Artwork für die Platte. Wir haben noch keinen Namen für das Album. Ich kann aber verraten, dass es zehn Tracks sein werden und einen durchwegs positiven Vibe haben wird. Roger hat einige Songs geschrieben. Einige Songs stammen aus der Feder von Michael „Miguel“ Happoldt. Im Vergleich zu den ersten beiden Alben wird das neue viel mehr Musikalität besitzen.

Wo habt ihr das Album aufgenommen?

Wir haben eine ganze Reihe Songs mit Miguel vorproduziert und sind mit dem neuen Material mit Produzent Cameron Webb ins Maple Sound Studio in Santa Ana gegangen. Dort haben wir zwei Sessions absolviert und etwa einen guten Monat dort verbracht. Gemeinsam mit Cameron haben wir die besten Songs aus unserem vorproduzierten Material ausgesucht.

Wie nah sind die neuen Songs von LBDA an den früheren Nummern?

Die passen schon gut zusammen. Es ist immer noch der alte Mix aus Reggae, Ska, Dub, HipHop, Punk und Pop. Aber unüberhörbar ist Richard aka RAS-1 nicht mehr mit an Bord. Er war früher ganz wesentlich am Songwriting beteiligt. Wir haben auch nicht so viele Features auf dem Album wie sonst. Aber ich finde, der Groove auf dem Album haut voll rein. Es gibt also eine Menge Songs, zu denen man gut tanzen kann. Deshalb hoffe ich auch, dass dieses Album die Herzen unserer Hardcore-Fans erobern wird. Und es soll auch Menschen, die uns noch nicht kennen, den Einstieg in unsere Welt erleichtern.

2014 habt ihr eine Handvoll Shows unter dem Kürzel L.B.D.A. bestritten. Unter anderem zum 25-jährigen Jubiläum des bandeigenen Labels Skunk Records. Vor zwei Jahren gab es dann die ersten Konzerte mit vollem Namen. Wer kommt jetzt, um euch zu sehen?

Wir profitieren natürlich immer noch von der Fanbase, die wir uns mit den ersten beiden Alben und vielen Konzerten erspielt haben. Es fühlte sich so an, als wollten unsere Fans mehr haben. Das habe ich immer nach den Konzerten gesagt bekommen. Der Kern der Leute, die früher zu unseren Konzerten gekommen sind, ist immer noch da. Das hat sich in den zwanzig Jahren kaum verändert. Da sind immer noch jede Menge SUBLIME-Fans dabei. Und viele von diesen Leuten haben inzwischen ihren Nachwuchs an unsere Musik herangeführt. Deshalb kommen auch inzwischen viele Kids zu unseren Konzerten, die noch nie von LONG BEACH DUB ALLSTARS oder SUBLIME gehört haben.

Inwiefern spielt der tragische Tod von Brad noch eine Rolle bei euch?

Brad ist nach wie vor sehr präsent. Ich denke immer noch sehr viel an ihn. Unser neues Album würde ihm sicher gefallen. Wir huldigen ihm bei jeder Show, indem wir einige Songs von SUBLIME spielen. Normalerweise hören wir zum Beispiel immer mit dem Song „Doin’ time“ vom dritten Album auf. Oft spielen wir aber auch „54/46 that’s my number“ oder auch „Scarlet begonias“ oder „40oz.to freedom“ vom ersten Album.

Wie sehen eure weiteren Pläne für 2019 aus. Dieses Jahr feiert euer Debütalbum „Right Back“ ja auch zwanzigsten Geburtstag.

Momentan sind wir noch auf Labelsuche. Und ich hoffe, wenn wir fündig werden, dass wir die ersten beiden Alben vielleicht noch einmal veröffentlichen können.

Wie ist der aktuelle Status der Band? Ist sie eher ein Nebenprojekt oder eine Sache, die alle ernst nehmen?

Das Herzstück der Band besteht aus einer Gruppe von Freunden, die schon sehr lange zusammenarbeiten. Da gibt es immer mal wieder Leute, die kommen und gehen, aber im Grunde sind wir wie eine riesengroße Familie. Mit dem neuen Album können wir unsere Verbindung hoffentlich weiter festigen. Aber natürlich haben wir alle viele Projekte, die uns beschäftigen: Marshall zum Beispiel ist Bürgermeister von La Palma, einer Kleinstadt hier in Orange County. Jack arbeitet nebenbei als Tatortreiniger, Tim Wu ist eigentlich Arzt, Roger verbringt viel Zeit mit den AGGROLITES und produziert andere Bands, ich bin hauptberuflich Tätowierer und Gavin geht noch zur Schule.