EMPLOYED TO SERVE

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Negatives in Produktives verwandeln

Die Briten EMPLOYED TO SERVE, die ihren Sound selbst als „Nasty Hardcore“ bezeichnen, veröffentlichen dieser Tage ihr drittes Album namens „Eternal Forward Motion“. Der Vorgänger wurde vom britischen Musikmagazin Kerrang! zum Album des Jahres 2017 gekürt – doch die Band ist noch stolzer auf ihr neuestes Werk. Flankiert wurde die Arbeit daran von einem Labelwechsel und gesundheitlichen Problemen. Außerdem werden sie doch sicher an jeder Ecke darauf angesprochen, dass da eine Frau am Mikro ist, oder? Zum Beispiel im Interview mit dem Ox. Ein Gespräch mit Gitarrist Sammy Urwin und Frontfrau Justine Jones.

Ich habe gelesen, dass „Eternal Forward Motion“ das Album ist, das euch als Band definiert. Worauf seid ihr diesmal so stolz?

Sammy:
Ich habe immer das Gefühl, dass das dritte Album einer Band normalerweise ihren Stil erst richtig zeigt. An diesem Punkt in deiner Bandexistenz hattest du Zeit, dich zu entwickeln und deine Einflüsse natürlich in deinen eigenen Sound einfließen zu lassen, und ich denke, das ist der Fall bei „Eternal Forward Motion“. Es enthält Elemente aus unseren früheren Veröffentlichungen, aber es ist unser bisher stärkstes und in sich zusammenhängendstes Album.

Hat sich der Entstehungsprozess, eure Art Songs zu schreiben, im Laufe der Jahre verändert?

Sammy:
Das Schreiben für dieses Album war definitiv etwas ganz anderes als bei den vorherigen Platten. Ich hatte meinen Job gekündigt, weil ich eine Rückenverletzung hatte und mich schonen musste. Dies führte dazu, dass ich den Großteil von „Eternal Forward Motion“ geschrieben habe, da ich so viel Freizeit hatte. Wenn ich jetzt darauf zurückblicke, bin ich tatsächlich glücklich, dass ich mich verletzt hatte, denn sonst wären viele neue Songs wahrscheinlich gar nicht entstanden. Justine und ich teilten uns die Texte und Robbie und Rich brachten Ideen ein, die einige der Stücke erst zum Leben erweckten. Rich hat auch den Track „Suspended in emptiness“ alleine geschrieben, aber wir sind als Band aufgeschlossen genug, den anderen zu erlauben, Vorschläge für die eigenen Tracks zu machen.

Worum geht es in den Texten?

Sammy:
Das Album handelt viel von psychischen Problemen und Möglichkeiten, sie zu bekämpfen. Es hat insgesamt einen positiven Ansatz, nämlich, dass man mit Zeit und Hingabe fast alles überwinden kann, und dass man nicht zulassen darf, dass eine negative Sichtweise die wirklich großartigen Dinge verschleiert, die wir für selbstverständlich halten. Allerdings sind wir uns auch der Tatsache bewusst, dass es nicht reicht, sich selbst einfach „Kopf hoch“ zu sagen und alles ist in Ordnung. Du wirst schlechte Tage haben, an denen du dich scheiße fühlst, und das ist völlig normal. Es geht darum, einen Tag nach dem anderen zu nehmen und sein Bestes zu versuchen, Negatives in etwas Produktives zu verwandeln. So wie ich meine Rückenverletzung genutzt habe, um an dem Album zu schreiben.

„Eternal Forward Motion“ wird von Spinefarm Records veröffentlicht. Davor wart ihr bei Holy Roar. Warum diese Veränderung?

Sammy:
Wir wollen, dass unsere Musik so viele Menschen wie möglich erreicht. Nicht dass Holy Roar ein kleines Label ist, aber Spinefarm hat im Vertrieb eine größere Reichweite, was bedeutet, dass wir unsere Musik auf einer größeren Basis teilen können. Als Band wollen wir weiter wachsen und das schien der logische Schritt zu sein.

Justine, arbeitest du noch für Holy Roar?

Justine:
Das tue ich in der Tat! Ich bin Labelmanager und arbeite seit fünf Jahren für das Label. Da wir eine kleine Firma sind, die aus vier Leuten besteht, mache ich alles ein bisschen. Mein Tag besteht normalerweise daraus, Mails zu beantworten, Ware für unseren Webshop zu bestellen und mich generell um den Webshop zu kümmern. Wir kümmern uns auch selbst um die Promo, also mache ich auch einiges davon. Wenn wir eine große Bestellung haben, helfe ich auch beim Verpacken der Platten – ich bin überall im Einsatz, haha!

Konntest du die Band immer von deiner Arbeit trennen oder gab es Schwierigkeiten?

Justine:
Das war einer der Hauptgründe für den Wechsel, ich wollte jeden Interessenkonflikt ausschließen und ließ oft bei EMPLOYED TO SERVE die Dinge schleifen, damit ich nicht zu ungerecht gegenüber den anderen Bands auf unserem Label wirkte. Ich genieße die Balance, die ich jetzt habe, weil ich mich auf diese beiden Dinge zu unterschiedlichen Zeiten konzentrieren kann.

Ist es einfach, bei der Arbeit eines Label zu differenzieren und nicht bevorzugt etwa Bands mit Frauen zu unterstützen, weil du Feministin bist?

Justine:
Ich fühle mich ziemlich sicher in meiner Fähigkeit, Talent und Geschlecht bei einer Band zu trennen. Wenn sie nicht gut sind, werden sie nicht gesignt, egal wie viele Frauen in der Band sind, fertig. Feministin zu sein, bedeutet für jeden etwas anderes, ich persönlich genieße es, einfach nur zu existieren und die Dinge zu tun, die ich liebe – Musik zu machen und die Musik anderer zu veröffentlichen! Am Ende des Tages sollten die Chancen im Leben sich danach bemessen, wie du als Person bist und wie hart du arbeitest ... Ich glaube fest daran, und diese Prinzipien werde ich nicht verraten, indem ich eine Band signe oder mit ihr spiele, nur weil sie eine Frau in der Band haben. Es gibt immer noch hässliche Begleiterscheinungen wie Sexismus im Internet und auf manchen Shows, aber je mehr wir uns daran gewöhnen, dass Frauen in Bands spielen, desto mehr wird das verschwinden. Das wird einfach zur Normalität.

Hast du ermutigende Worte für junge Frauen, die versuchen, es in der Musikindustrie zu schaffen, besonders in der Metal/Hardcore-Szene, sei es als Musikerin oder in einem anderen Bereich?

Justine:
Mach es einfach! Es ist eine der besten Entscheidungen, die ich je getroffen habe, und einige meiner schönsten Erlebnisse hatte ich auf Tour oder durch die Arbeit beim Label. Lass niemanden, den du nicht kennst und dem du egal bist, deine Zukunft bestimmen und dich daran hindern, etwas zu tun, das du gerne tust. Es wird auf dem Weg dorthin viel Unterstützung geben.