A MODEST PROPOSAL

Vor etwa zwei Jahren konnte man mich mit der bloßen Erwähnung des Begriffs "Emo" schon jagen, weil ich darunter weinerliche und kraftlose Musik ohne Substanz vermutete. Doch heute, nachdem ich doch so mancher Band aus der Ecke mein Gehör lieh, sehe ich die Sache gänzlich anders. Und gerade der heimische Untergrund bringt zur Zeit einige wirklich gute Bands hervor, die das Zeug dazu haben, ganz vorne mitzumischen. Dazu zählen meines Erachtens neben THAT VERY TIME I SAW und NOTHING IN COMMON vor allem auch A MODEST PROPOSAL aus Köln, die ich mir hier einmal vorgeknöpft habe.

Warum habt ihr euch von STARS ON 45 in A MODEST PROPOSAL umbenannt? Da gibt´s doch schon eine Band gleichen Namens?


Jan Z.: Die "echten" STARS ON 45 waren vor 20 Jahren mal sieben Wochen auf Platz 1 in den Charts, und das war uns dann doch zu doof, wegen Verwechslungen und vielleicht auch wegen eventuellen Namensrechten. Am Anfang wussten wir das selber nicht. Wir dachten, das wäre nur eine lustige Compilation gewesen, aber nicht, dass dieses holländische DJ-Team sich als Band verstanden hat und so erfolgreich war. Wir brauchten aber schnell einen guten Namen und deswegen haben wir diesen angenommen. Nachdem wir dann die Platte aufgenommen hatten, stellte sich wieder öfters die Frage, ob wir den Namen beibehalten sollen oder nicht. Und schließlich hatte Jan dann den anspruchslosen Vorschlag, uns A MODEST PROPOSAL zu nennen. Der wurde dann sofort angenommen. Passt ja auch gut, wie ich finde. Der Name stammt übrigens von einem Essay von Jonathan Swift.

Ich meinte eigentlich, warum ihr euch gerade in A MODEST PROPOSAL umbenannt habt? Da gibt´s doch auch eine Modband gleichen Namens, wenn ich mich nicht täusche?!

Jan B.: Also, dass es noch ´ne Band gibt, die A MODEST PROPOSAL heißt, haben wir nicht gewusst, als wir den Namen ausgewählt haben. Wie gesagt, wir sind da über den Essay von Jonathan Swift drangekommen, das so heißt. Das ist eine sehr "nette" Satire, die sollte man selber mal lesen, deswegen sag ich jetzt mal nichts zum Inhalt. Es gibt ja z. B. auch noch ein Lied von YOUTH BRIGADE, dass auch "Modest Proposal" heißt, aber das haben wir auch erst hinterher gemerkt. Ich für meinen Teil habe da aber kein Problem mit, denn erstens haben wir mit Mod nun wirklich gar nichts am Hut und zweitens hatte diese Modband nie einen Nr. 1-Hit in Deutschland.

Wie seid ihr denn an den Deal mit Strange Fruit-Records gekommen, die eure Scheibe jetzt rausbringen werden?

Jan Z.: Eigentlich die klassische "Band sucht Label"-Geschichte. Nachdem die Aufnahme endlich fertig war, haben wir haufenweise selbstgebrannte CDs an verschiedene Labels verschickt und verteilt. Auf dem Radix-Festival in Mannheim hab ich Nanouk von COSTAS CAKE HOUSE gefragt, wem ich denn noch ´ne CD von uns geben sollte, und der hat mich zu Achim von Strange Fruit geschickt. Lustigerweise war das die allererste CD, die wir persönlich jemandem gegeben haben, den wir vorher nicht kannten. Ich war auch ziemlich nervös und hab da nicht viel sagen können. Einen Tag später aber kam schon eine Mail von ihm, dass sie die CD gerne machen würden.
Dann haben wir uns ein paar Mal getroffen, um zu gucken, ob wir uns denn auch leiden können. Das ist uns als Band und auch den beiden, also Achim und Tim von Strange Fruit, ziemlich wichtig gewesen. Dass wir menschlich auf einer Wellenlänge liegen und auch so ungefähr gleiche Vorstellungen haben... Ja, und wie es aussieht, hat das auch alles geklappt.

Was erwartet ihr von der Scheibe?

Jan Z.: Hmm... Es wäre schön, wenn es durch das Release in Zukunft etwas einfacher wird, Konzerte klarzumachen. Das hat bisher zwar schon recht gut geklappt, aber das könnte noch besser werden. Ansonsten habe ich keine großen Erwartungen!

Euren Stil würde ich mal im weitesten Sinne als "Emo" bezeichnen. Gerade du, Pascal, hängst dich mit deinem Gesang mächtig ins Zeug. Seht ihr die Kategorie "Emo" als Schimpfwort, oder passt es euch schon? An der nötigen Härte lasst ihr es ja nicht vermissen und driftet nicht in die Weichspülerecken à la JIMMY EAT WORLD ab.

Pascal: Ist mir eigentlich egal. In Aachen stand auf dem Flyer mal Power-Passion-Rock, wobei ich da noch für mich Punk vor Rock setzen würde. Tja, und JIMMY EAT WORLD höre ich schon gerne. Ist halt gute Popmusik oder Indiepop, wie auch immer... Und das mit der nötigen Härte sehe ich als Lob und lasse das gerne so stehen. Den Poldi, den Ruhrpott-Hardcoreler, freut das bestimmt auch.
Poldi: Das höre ich sehr gerne, als einziger aus der Band, der JIMMY EAT WORLD langweilig findet. Was "Emo" angeht, den Begriff hab ich, bevor ich nach Köln gekommen bin, noch nie vorher gehört und finde den auch ein bisschen bescheuert, weil meiner Meinung nach jede Musik emotional ist.

Wovon handeln eure Songs?

Pascal: Das ist unterschiedlich. Eigentlich Geschichten, die mir passieren. Da gibt es dann mal einen Text über eine Beziehung, über Freunde, denen man auf einmal doch nichts mehr zu sagen hat. Mir fällt das sehr schwer, die Texte zu erklären. Für mich geht es um Liebe, Erinnerungen und der Versuch sich in dieser Gesellschaft zurecht zu finden bzw. das auch in Frage zu stellen.

Warum singt ihr auf deutsch und auf englisch?


Jan B.: Wenn wir schon aus Deutschland kommen, warum sollten wir dann nicht auch in unserer Muttersprache singen!? Es ist sicher schön, wenn deine Songs weltweit verstanden werden, aber es wäre schon vermessen, wenn wir jetzt annehmen würden, dass die Songs auch weltweit gehört werden.
Pascal: Reiner Zufall. Da waren irgendwann diese vier Zeilen auf Deutsch, die ich gut fand und dann konnte ich keinen komplett deutschen Text schreiben. Da hab ich den Rest dann lieber auf Englisch aufgeschrieben. Zwischendurch hatte ich auch mal ein oder zwei Zeilen auf Französisch geschrieben, aber ich musste immer lachen beim französisch brüllen.