MENACE

MENACE

Ein Konzert von MENACE ist wie eine Zeitreise in die Vergangenheit. Zurück nach London im Jahre 1977. Eine gewisse Euphorie kann nicht verborgen werden, wenn über die vier Herren Noel Martin (Schlagzeug), John Lacey (Gesang), Charlie Casey (Bass) und Andrew Tweedle (Gitarre) geschrieben werden soll. Sie sind keinesfalls eine Wanderausstellung mit ihren beiden Hits „Last Year´s Youth“ und „G.L.C.“, sondern eine auch im Jahr 2002 noch sehr lebendige und ehrliche Punkband.
Ihre Musik und ihre Bühnenshow mag mit vielen anderen 77er-Punkbands vergleichbar sein, aber ihre Botschaft von Punkrock, der für sie mehr als eine Mode oder eine politische Meinung ist, ist einzigartig für eine englische Punkband. Nach 25 Jahren haben sie auf ihre allererste Platte „Crisis“ auf Captain Oi! (das Vinyl ist auf Knock Out Rec. erschienen.) herausgebracht, nachdem sie bis jetzt nur fünf Singles offiziell veröffentlicht hatten. Aus der großen Tour mit LOIKAEMIE anlässlich ihrer Splitsingle wurde leider dieses Frühjahr nicht viel.

Wenn man sich die Clubs ansieht, in denen ihr in Deutschland spielt, sind die sehr klein und teilweise auch richtig dreckig. Was motiviert euch nach 25 Jahren weiterhin, durch die Hölle der Jugendclubs und besetzten Häuser zu gehen?

Noel: „Wir lieben es live zu spielen. Punkrock ist einfach in unserem Herzen. Ich weiß, dass ich zu Hause ein warmes Bett mit meiner Ehefrau habe, aber ich liebe es nun einmal auf Tour zu sein und in kalten Betten zu schlafen. Zum Punkrock gehört einfach auch dazu, Kompromisse einzugehen.“

Im Vergleich zu anderen Bands aus eurer Zeit spielt ihr in Deutschland vor sehr wenig Publikum. Frustriert euch das nicht?

Noel: „Wenn genug Leute kommen, ist es lustig. Es ist nicht wichtig, wie viele es sind. Hauptsache, sie und wir haben unseren Spaß. Richtige Orgien, richtige Partys gibt es eigentlich nur in kleinen Clubs. Um so größer es wird, um so unpersönlicher wird es. Als wir 1999 in Hamburg im Logo gespielt haben, war der Eintrittspreis zu teuer. Viele kamen nicht herein. Da haben wir jedem fünf Mark wiedergegeben, weil wir durch unsere Fans nicht reich werden wollen. Durch die Band verdienen wir auch nicht viel.“

Andrew: „Nein, wir haben viel mehr Geld hineingesteckt, weil die Band unser Hobby ist. Dafür haben wir einen Haufen neue Freunde kennengelernt.“

oel: „Andrew hat Recht. Wer immer noch glaubt, dass solche alten Männer wie wir damit groß Geld verdienen, sollte erst einmal das Gehirn einschalten. Nicht Geld macht glücklich, sondern unsere Musik und die ganzen Leute, die sich für uns interessieren.

Welches Gefühl ist es eigentlich, wenn euer Publikum im Alter eurer Kinder ist?

(Allgemeines Gelächter) Noel: „Viele Jugendliche im Alter meines Sohns kommen zu unseren Konzerten. Mein Sohn geht auch fast regelmäßig zu unseren Konzerten. Er ist genauso verliebt in diesen Punk wie ich. Er stand auf der Tour 1999 im Thommy-Weißbecker-Haus in Berlin betrunken in der ersten Reihe... Ich bin ein sehr schlechter Vater. Meine Tochter geht auch oft zu MENACE. Der Sohn von einem Freund von mir wurde auch bekehrt. Mein Freund mag eigentlich Dance-Music. Sein Sohn mag Gitarrenmusik. Er hört OFFSPRING und GREEN DAY. Sein Vater empfahl ihm, wenn er schon keinen Dance mag, sich doch einmal MENACE anzusehen. Sein Sohn ging zu uns und mochte die Musik. Er hört zwar immer noch OFFSPRING, aber jetzt weiß er, wo die Musik herkommt. Er selbst spielt in einer kleinen Band, die Richtung GREEN DAY/OFFSPRING Musik machen. Wir haben ihm schon angeboten, mit uns zu spielen. Es ist doch im Grunde genommen sehr spannend, mit den jungen Wilden, die ganz andere Musik hören und mögen als wir früher.“

Was fasziniert euch heutzutage noch am Punk? Ihr habt euch ein paar Mal aufgelöst. Deshalb hat sich eure Besetzung einige Male geändert. Außerdem hattet ihr eine Country-Phase als THE ACES. Trotzdem seid ihr jetzt aber zu euren Wurzeln zurückgekehrt, obwohl die ACES gute Erfolgschancen gehabt hätten.

Noel: „Punkrock ist das, was wir am besten können. Wir hatten nur elf Lieder, als wir MENACE auflösten. Die Leute wollten uns aber immer wieder hören. Immer wieder diese elf Lieder. Da denkst du schon darüber nach, dass Punkrock mehr als irgendwelcher normaler Rock ist. Wir haben mit THE ACES angefangen, als wir mit dem Punkrock musikalisch aufgehört hatten. Die Lebenseinstellung blieb aber. Wenn du dir andere Bands ansiehst: KILLING JOKE, BAUHAUS... alle diese Bands sind Punkbands. Ihre Musik war Punk. Wir hatten ein Angebot, vor THE MILLION aufzutreten. So benannten wir uns in THE ACES um und spielten. Es war kein großer Unterschied für uns. Die Lieder waren eben nur etwas länger.“

Andrew: „Guck dir THE JAM an. Sie haben immer mit Punkrock experimentiert, blieben aber Punks. Na ja, gut, schlechtes Beispiel. Mittlerweile trägt Paul Weller keinen Punk mehr in sich, aber dafür ist er ein verdammt guter Songwriter.“

Noel: „Bands wie 999, U.K.SUBS oder ANGELIC UPSTARTS wurden sehr erfolgreich in den 80ern. Singles verkauften sich, große Touren standen an. Sie hatten einfach einen Megaerfolg. Den hatten wir nie. Man muss als Band auch irgendwie überleben. Ich möchte mich jetzt nicht mit den U.K.SUBS vergleichen. Charlie Harper ist eine Legende. Er ist ein guter Freund von mir. Aber du kannst genauso gut ohne große Erfolge und Alben über Jahrzehnte Punk sein. Dann musst du eben nur andere Kompromisse eingehen. Wir waren nie trendy. Wir standen nicht in der Zeitung. 999 waren angesagt. Sie waren gutaussehende Kerle.“

Florian Vogel