HEROINES

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Zwei Mädels, zwei Jungs: Gegensätzliche Ziele

Freitagabend, Viertel nach Neun. Die Krefelder Kulturfabrik ist schon ganz gut gefüllt. In diesen irgendwie gemütlich wirkenden Hallen neben einem Schlachthof haben schon Johnny Thunders und Dee Dee Ramone gespielt. Heute gibt sich Thunderbaby Records die Ehre das kleine Düsseldorfer Label hat eingeladen zu einem Festival mit Girls, Girls, Girls. Die Frauenquote stimmt zumindest auf der Bühne. Frau am Mikro. Der freundliche Kleiderschrank am Eingang schickt mich den Gang entlang. Hier ist ein klasse Buffett kalt-warm, gibts auch nicht alle Tage aufgebaut. Dann kommt auch schon Galactica auf mich zu, ein kräftiger Händedruck: Ich schlage vor, wir gehen da rein. Okay, nichts dagegen. Filipe und Eve kommen dazu. THE HEROINES sind komplett wie sich ein paar Wochen später heraustellen sollte: eben doch nicht mehr komplett. Denn Eve ist gegangen. Sie war drei Jahre lang eine Heldin eine schöne, mit starker Stimme dazu. Wenn sie, im kleinen Schwarzen, verziert mit einer Federboa, auf die Bühne tritt und die Songs ins Mikro kreischt, röhrt, brüllt und auch mal haucht, wirds atemberaubend. Aber Sängerin Eve hat die Band verlassen. Weil sich unsere Ziele gegensätzlich entwickelt haben und jeder auf seine Weise tun möchte, was er für richtig hält, erklärt die 28-jährige Stuttgarterin, die an der Fachhochschule für Gestaltung unterrichtet. Galactica ist 24 Jahre jung. Sie sagt: Ich habe schon mit zehn Jahren davon geträumt, mal mit eigener Band auf der Bühne zu stehen. Geschafft! THE HEROINES gibts seit drei Jahren. Galactica spielt Gitarre und schreibt die Songs. Das Album Groupie ist auf dem Markt (Wolverine Records) und verkauft sich als Vinyl bei Thunderbaby richtig gut. Galactica, Chris und Filipe werden weitermachen mit neuer Sängerin. Und die heißt Electra.


Wieso habt ihr euch getrennt? Was führte dazu?

Galactica:
Nun, da sind natürlich auf beiden Seiten diverse Sachen passiert. Die aber jetzt an dieser Stelle peinlich genau auszuführen würde den Rahmen sprengen und auch keinem weiterhelfen. Im Endeffekt ist es so, dass wir persönlich nicht zu Potte kamen und sich Eve nach mehrmonatigem Hin und Her entschieden hat, die Band zu verlassen.

Wie gehts weiter?

Galactica:
Die Einarbeitung von Electra belief sich auf zwei Wochenenden im Proberaum. Mehr Zeit hätten wir auch gar nicht, da im Februar schon die ersten Gigs mit neuer Sängerin stattfinden sollten. Momentan sind wir mit der Vorproduktion der nächsten Single beschäftigt, das bisherige Tempo bleibt also bestehen. Unsere aktuellen Lieder werden wir natürlich auch weiterhin publizieren.

Heroines heißt übersetzt Heldinnen. Wer sind eure?

Eve:
Meine persönlichen Heldinnen sind Marlene Dietrich und Nina Hagen. Jede steht für außergewöhnlichen Lebensstil und Schönheit. Marlene ist für mich der Inbegriff an Unsterblichkeit und Egozentrismus. Nina ist die schillerndste Persönlichkeit mit einem Denken jenseits der Vernunft und damit ganz nah am Kindsein und an der Wahrheit.

Was macht eine Heldin aus?

Eve:
Eine Heldin zu sein bedeutet für mich: Im Rampenlicht zu stehen, zu singen, und damit die Leute zu erreichen. Aber der Anspruch an Helden schließt auch eine Vorbildfunktion ein, eine große Erwartungshaltung an ein unbescholtenes Wesen jenseits der Sterblichkeit.

Gar nicht leicht, eine Heldin zu sein.

Eve:
Andererseits ist ein Held auch eine stützende, helfende Kraft im Verborgenen jenseits der Profilierungssucht. Es hat ein wenig gedauert, bis ich begriffen habe, dass Letzteres eigentlich viel glücklicher macht. Es ist nicht leicht eine Heldin zu sein, aber ich arbeite daran.

Ihr seid auf dem Sprung zum Rockstartum. Habt ihr eine Crew um euch herum, die für euch aufräumt?

Galactica:
Nein, wir machen alles selber. Wir schleppen die Instrumente, bedrucken die T-Shirts, bearbeiten E-Mails und steuern den Mietwagen, mit dem wir unser Equipment zu Konzerten bringen.

Lebt ihr von der Musik?

Galactica:
Ich habe soeben meinen Job in einer Werbeagentur aufgegeben, um mehr Zeit für die Musik zu haben.
Chris: Als gelernter Veranstaltungstechniker arbeite ich zurzeit freiberuflich. Aber die Band hat oberste Priorität. Das geht nicht anders.
Filipe: Wenn wir die Band machen, dann entweder richtig oder gar nicht. Trotzdem muss ich muss morgen früh um 10 Uhr wieder im Laden stehen und Musikinstrumente und -zubehör verkaufen.

Wie erlebt ihr das Tourleben?

Filipe:
Das ist hammerhart und anstrengend. Manchmal hängst du nachts um vier immer noch im Auto auf der Straße. Hundemüde und total platt.
Eve: Aber um diese Zeit sind wenigstens die Straßen frei.
Filipe: Manche Konzert-Veranstalter haben ein reichhaltiges Buffet für dich aufgebaut, andere setzen dir eine Nudelpfanne vor, die so verkocht ist, dass sie nach gar nichts mehr schmeckt. Bei manchen musst du auf dem Boden schlafen über einer Disco, in der bis morgens um sechs Party ist.
Chris: Am liebsten sind uns Veranstalter, die wissen, was eine Band braucht: ein Bett und was Leckeres zu essen.

Würdet ihr euch als Live-Band bezeichnen?

Filipe:
Klar. Das ist der Hauptgrund für mich, Musik zu machen. Wenn du auf der Bühne stehst, zählt der Moment. Im Studio kannst du mal was versieben, aber live auf der Bühne nicht. Da hast du nur eine Chance. Vermasselst du die, wirst du ausgepfiffen.
Galactica: ...und genau das kannst du nicht bringen. Denn die Leute zahlen Eintritt dafür.
Eve: Das macht den Reiz aus: Du spielst ohne Fallnetz.

Habt ihr Vorbilder?

Galaktika:
Seit ich zehn Jahre alt bin, habe ich geträumt, mal eine eigene Band zu haben. Ich habe mir ausgemalt, wie das wohl sein könnte. Dann habe ich angefangen, Songs zu schreiben. Vorbilder sind vielleicht die NEW YORK DOLLS.

Und welche Musik beeinflusst euch?

Galaktika:
Unbewusst wohl die Musik, die wir jeweils im letzten halben Jahr gehört haben. Wir versuchen nichts zu imitieren, wir sind wir selber: THE HEROINES. Wir spielen auch keine Cover, nur unsere eigenen Stücke.

Was ist euer nächstes Ziel?

Chris:
Wir wollen eine Amerika-Tour entlang der Westküste machen: eigentlich ein Traum.