HIGHSCORE

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Punkrock ist hier Herr im Lande

Ganze zwei Jahre nach dem in der deutschen Hardcoreszene abgefeierten Vorgänger “New Fuel” legen HIGHSCORE nun endlich neues Material nach. Mit “Unsuspecting Actors In A Bad Soap Opera” (Stereodrive/Green Hell) gelang der Oldschool-Fraktion ein veritabler Knaller, der hierzulande noch seinesgleichen sucht. Ohne aufgesetztes Image wird hier schlicht ehrliche Musik gemacht, bei der im Gegensatz zu vielen Kollegen auch die Texte lesenswert sind. Sänger Seb, der seine Brötchen passenderweise beim Mailorder Green Hell verdient, stellte sich nach der kleinen Tour im Oktober meinen Fragen.


Seb, seit eurer letzten Platte “New Fuel” ist ja ganz schön Zeit vergangen. Habt ihr die Band da etwas pausieren lassen oder habe ich von euren Aktivitäten bloß nichts mitbekommen?


Tja, das hat tatsächlich sehr lange gedauert, bis wir endlich wieder genug Songs hatten, um wieder ins Studio gehen zu können. Aber still war es um die Band eigentlich nie so richtig. Wir touren jedes Jahr ausgiebig und spielen auch sonst sehr viel live.

Nach eurer “Discography” auf Bushido Records seid ihr ja jetzt zu Green Hell gewechselt. Was war für diesen Wechsel ausschlaggebend?

Bushido war ja quasi mein eigenes Label. Ich habe es mit meinem Kumpel Matze, der auch bei FORCE OF CHANGE Gitarre spielt, zusammen betrieben. Das Ganze ist nicht besonders gut gelaufen, wir hatten kaum Zeit, uns um das Label zu kümmern, und es hat uns Unmengen an Geld gekostet. Seit Anfang 2002 ist das Label offiziell tot und wir als Band mussten uns nach etwas neuem umschauen. Ich habe dann Alfred, für den ich ja auch arbeite, gefragt, ob er nicht Lust hat, die neue Scheibe auf Stereodrive, dem Label von Green Hell, zu veröffentlichen. Er fand die Idee cool, und da wir uns schon etliche Jahre kennen, ist die Zusammenarbeit sehr angenehm.

Im Booklet von “Unsuspecting Actors...” ist ein Videoclip angekündigt, der auf meiner CD leider nicht zu finden war.

Der ist gar nicht angekündigt gewesen. Wir bedanken uns nur bei jemandem, der eine Show gefilmt und zusammengeschnitten hat. Wobei es schon geplant war, das Teil mit auf die CD zu packen, leider fanden wir die Show dann doch nicht repräsentativ genug. Der Sound war recht mies und waren an dem Abend nicht gerade gut gelaunt, daher haben wir beschlossen, es nicht zu veröffentlichen. Kay, der das Video gemacht hat, hat seine Sache aber saugut und professionell gemacht, wofür wir uns dann bedanken wollten.

Der Song “Like Father like Son” ist eine ziemlich harte Abrechnung mit deinem Vater. Was hat den Anstoß gegeben, deine Gefühle in dieser sehr persönlichen Sache in Form eines Songs publik zu machen?

Nun ja, die Band ist in erster Linie für uns alle ein Medium für unsere Emotionen und Gedanken. Wir machen das in erster Linie für uns und nicht für andere. Wenn es dann andere gut finden, ist das natürlich auch cool. Worüber wir schreiben, sind Sachen, die uns gerade in diesem Augenblick beschäftigen. Manchmal kann so etwas auch eine Art Therapie für die eigene Seele sein, denn es hilft, sich mit Dingen, die passiert sind, auseinander zu setzen.

Nachdem ihr ja in drei verschiedenen Städten lebt, wie organisiert ihr da das Schreiben der Songs bzw. das Proben?

Das ist oft sehr schwer und auch mit eine Erklärung dafür, dass wir beim Songwriting nur sehr mühsam vorankommen. Drei von uns, nämlich Volker, unser Schlagzeuger, Gitarrist Matthias und ich, leben in Münster. Wir versuchen zu dritt schon regelmäßig zu proben und da Matthias, was die Musik angeht, die kreative Kraft ist, klappt das auch recht gut. Jetzt haben wir schon seit mehreren Monaten nicht mehr geprobt, stattdessen aber getourt, und spielen so viele Konzerte wie möglich. Nach einer gewissen Zeit entwickelt sich eine Routine in diesem System und wenn wir mal zusammen kommen, dann kriegen wir auch recht viel auf die Reihe.

Von dir weiß ich ja, dass du bei Green Hell arbeitest. Was treiben denn deine Bandkollegen neben HIGHSCORE?

Jobst hat in Göttingen vor einigen Jahren sein Studium beendet und arbeitet jetzt in einer Werbeagentur. Die anderen studieren immer noch und halten sich mit irgendwelchen Jobs über Wasser. Matthias und Jobst haben neben HIGHSCORE noch andere Bands. Volker ist ein Computerjunkie und Matthias, der Berliner, ist ein aktiver Antifaschist und treibt sich in irgendwelchen Kampfsport-Clubs Kreuzbergs rum.

Ist jetzt vielleicht eine blöde Frage, aber ich weiß es einfach nicht: Haben HIGHSCORE schon Tourerfahrungen im Ausland gesammelt?

Wir sind bereits 1998, nur mit einem Demotape bewaffnet, durch Europa getourt, seinerzeit mit den großartigen ENFOLD zusammen. Seitdem versuchen wir einmal im Jahr zu touren und haben schon in so ziemlich jedem europäischen Land gespielt. Im Ausland ist es echt sehr cool, vor allem im ehemaligen Ostblock oder im Süden wie Spanien oder Portugal sind Konzerte wirklich ein Riesenspaß. Die Leute sind irgendwie offener und nicht so verwöhnt und verklemmt wie hierzulande.

Sag doch bitte mal kurz, was dir an der Zeit, die du in HIGHSCORE investierst, am meisten bzw. am wenigsten gefällt?

HIGHSCORE ist einfach verdammt wichtig. Ich liebe es, live zu spielen. Da kann ich mich so richtig gehen lassen. An sich müssten wir von mir aus überhaupt keine Platten aufnehmen, aber ohne das wäre es dann doch schwierig Shows zu spielen. Die Leute in der Band sind meine besten Freunde und ich fühle mich verdammt wohl, wenn sie in meiner Nähe sind. Nervig ist es schon, dass wir so weit auseinander wohnen und jede Entscheidung und jedes Konzert, das wir spielen sollen, zu einem Problem wird, weil man dann verschiedene Interessen und Zeitpläne unter einen Hut bringen muss. Fünf unterschiedliche Individuen haben natürlich auch unterschiedliches ästhetisches und musikalisches Empfinden. Es ist halt oft schwer, sich über Dinge wie das Coverartwork zu einigen. Oft gefallen mir die Songs, die wir so machen, nicht hundertprozentig, weil die anderen vielleicht gerade eine andere Art von Musik bevorzugen, von der sie sich dann beeinflussen lassen. Das alles sind aber eher Kleinigkeiten. Ich schätze es sehr, wie wir in der Band miteinander umgehen. Wir nehmen uns ernst, wenn es darum geht ernst zu sein, haben aber auch verdammt viel Spaß zusammen.

Am Ende eures neuen Albums findet sich eine Coverversion der BUTTOCKS. Warum ausgerechnet diese Band und dieses Lied?

Es standen eine Menge Songs zur Debatte. ‚Staatsfeind’ von CANAL TERROR zum Beispiel. Tja, wir sind alle mehr oder weniger mit 80er Deutschpunk groß geworden und finden die Sachen immer noch verdammt cool und wichtig. Teilweise denke ich mir, dass so ein Punkbackground der heutigen Hardcore-Generation echt fehlt. Bestimmte Themen oder Prinzipien, die für uns selbstverständlich sind, stoßen Kids, die vielleicht über AS FRIENDS RUST oder BOY SETS FIRE zum Hardcore gekommen sind, regelrecht vor den Kopf. Wir wollen in keinster Weise predigen oder so was in der Art – es ist vor allem eine Huldigung an die Helden unserer Jugend. Der Song hat natürlich prima zu der ganzen Stereodrive-Geschichte gepasst, denn witzigerweise heißt unser ‚Labelchef’ ja auch Alfred. Also: ‚Scheiß auf Alfred und die Bande, Punk Rock ist hier Herr im Lande.