ISOLATION YEARS

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Die Folk Implosion

ISOLATION YEARS-Sänger Jakob Nyström entpuppt sich am Telefon als ein schwedischer Landsmann, wie er im Bilderbuch steht: äußerst sympathisch, sehr bedächtig und alles andere als schwatzhaft. Dabei hinterlässt das kürzlich erschienene zweite Album „It’s Golden“ (Stickman Records/Indigo) den Eindruck, dass die Personen hinter ISOLATION YEARS nicht mehr ganz so melancholische Charaktere sind, wie man es aufgrund der eigentümlichen Stimmung auf ihrem Debütalbum vermuten könnte. Diesmal wirkt alles ein wenig heller, etwas positiver und die Stücke sind teilweise deutlich flotter als früher. Geblieben sind die großartigen Melodien, Jakobs bemerkenswerte Stimme und der schwer zu beschreibende Sound einer Band, deren Wurzeln wohl nur die wenigsten in einer Hardcore-Band wie ABHINANDA vermutet hätten.

Jakob, erst mal Glückwunsch zu eurem neuen Album. „Inland Traveller“ lief bei mir hoch und runter und ich war schon etwas besorgt, ob ihr diese Scheibe noch toppen könnt.

Oh ja, wir auch ...

Was denkst du, wenn die Presse eure Musik als Folkpop beschreibt?

Solche Sachen haben wir jetzt schon oft gehört. Aber um ehrlich zu sein, ist mir das egal. Schließlich ist diese Beschreibung ja nicht mein Problem – wir müssen uns zum Glück nur um die Musik kümmern. Dabei ist es natürlich traurig, wenn die Leute einen falschen Eindruck von unserem Sound bekommen, wenn sie so etwas lesen. Letztendlich machen wir ja einfach nur Pop-Songs, die wir auf verschiedene Art verpacken. Das Etikett Folk passte vielleicht ein wenig auf ‘Inland Traveller’, denn da haben wir zumindest mit ein paar Instrumenten gearbeitet, die auch im Folk Verwendung finden. Na ja, lieber ‘Folk Pop’ als ‘Country’ ...

Beeinflussen euch denn Gruppen aus dieser Szene?

Das ist genau der Grund, warum mir diese Beschreibung nicht gefällt: Ich kenne eigentlich keine Bands aus dem Folk-Bereich. Die einzige Verbindung ist, dass mir amerikanische Roots-Musik gefällt wie zum Beispiel THE BAND oder auch SIMON & GARFUNKEL.

Zumindest passt ihr meiner Meinung nach ganz gut in den Labelkontext von Stickman Records.

Das sehe ich auch so. Auch wenn wir am Anfang Angst hatten, dass uns die Fans der Plattenfirma zu soft oder eben zu poppig finden würden. Jetzt klappt es aber richtig gut. Wir fühlen uns neben MOTORPSYCHO, THE SOUNDTRACK OF OUR LIVES und den anderen schwedischen Bands auf dem Label auch sehr wohl.

Für „It’s Golden“ habt ihr ja neben einigen anderen Produzenten auch mit Pelle Gunnerfeld von FIRESIDE zusammen gearbeitet. Wie habt ihr denn entschieden, welche Person welchen Track produzieren soll?

Da gab es eigentlich nicht viel zu entscheiden. Wir waren beispielsweise auf Tour, hatten in Stockholm ein paar Tage frei und haben in Pelles’ Studio ein paar Stücke aufgenommen. Zu Hause haben wir dann ein paar Songs ohne fremde Hilfe produziert und so weiter ... Die ganze Sache lief eher spontan, immer wenn wir etwas Zeit hatten. Abgemischt wurde ‘It’s Golden’ dann aber komplett von Pelle Gunnerfeld. Geschrieben haben wir an dem Material schon seit guten zwei Jahren, denn ‘Inland Traveller’ wurde ja schon im Frühjahr 2001 eingespielt.

Wenn ich dieses Album mit „It’s Golden“ vergleiche, denke ich, dass diesmal alles viel heller, fast schon etwas positiv wirkt. Das betrifft auch das Artwork.

Wie gesagt, wir hatten eigentlich keinen Plan, wie die neue Scheibe werden wird. Darum war ich selbst auch etwas besorgt. Jetzt bin ich aber glücklich damit, wie sich alles entwickelt hat. Du hast schon recht, ‘It’s Golden’ ist etwas heller, irgendwie aber auch verwirrter. Ähnlich liegt der Fall beim Cover, schließlich hatten wir zu dem Zeitpunkt das Album schon fertig. Ich denke, es passt gut zu der Musik.

Ein paar deiner Lyrics sind ziemlich ironisch, was besonders im genialen „Preacher/Songwriter“ auffällt. Wie kam es zu dem Text?

Als wir unser erstes Album aufnahmen, hatten wir keine Ahnung, ob sich irgend jemand dafür interessieren wird, geschweige denn, ob wir ein Label finden. Nachdem ich später dann all die Rezensionen las und wir an die hundert Shows spielten, habe ich die Reaktionen der Zuhörer gesehen. Das war eine ganz seltsame Erfahrung, den Effekt unserer Musik zu sehen. Fremde Leute, die dich anstarren und die einfach nur zuhören. Ich habe viel darüber nachgedacht, weshalb auch ein paar weitere Songs auf dem Album dieses Thema behandeln.

Ihr habt gleich zu zwei Liedern Videoclips gedreht. Werden die überhaupt gespielt?

Das Praktische ist, dass Schweden so klein ist. Mit ein bisschen Glück bekommt man unsere nordische Version von MTV dazu, die Clips zu spielen. Eine Weile lang liefen sie sogar jeden Tag. Das ist eigentlich Wahnsinn, denn die Dinger sind absolute Billigproduktionen, die wir mit Freunden selbst gemacht haben. Sie haben auch keine wirkliche Story, sondern zeigen uns einfach, wie wir rumhängen. Ein paar von uns interessieren sich für alte Schneemobile, auf denen wir im Video herumkurven ...

Auf einem der Stücke gibt es ein Duett mit einer weiblichen Sängerin, der Song klingt ein wenig country-mäßig.


Ich singe da mit Lovisa, meiner kleinen Schwester. Sie hat eine großartige Stimme und hört sehr viel Country. Eigentlich singt jeder in unserer Familie, aber mit Lovisa habe ich noch nie etwas aufgenommen. Es war großartig und ich hoffe, wir werden wieder einmal zusammen arbeiten.

Es heißt ja, die Hardcore-Band ABHINANDA wäre der Vorläufer zu ISOLATION YEARS gewesen. Warst du in ABHINANDA involviert?

Nicht wirklich. Ich war ein paar Mal mit ihnen auf Tour und habe da ausgeholfen, T-Shirts verkauft und mich um die Organisation gekümmert. Auf einer Tour habe ich die Keyboards gespielt. Aber unser Drummer Daniel hat tatsächlich bei ABHINANDA Schlagzeug gespielt. Musikalisch gibt es zwischen den beiden Bands aber keine Verbindung.

Zumindest haben ISOLATION YEARS hierzulande auch einige Freunde im Punk-/Hardcore-Lager. Ich denke, in dieser Hinsicht war das schon hilfreich für euch.


Ja, auf jeden Fall. Dabei denke ich, dass es keine Rolle spielen sollte, in welcher Szene man steckt. Auf unserer ersten Tour durch Deutschland sind wir auch ein paar Mal in Hardcore-Clubs gelandet, das war auch gar kein Problem. Das deutsche Publikum ist viel toleranter, was Musik angeht. Wenn du es mit Schweden vergleichst, gibt es große Unterschiede. Deshalb macht uns das Touren bei euch auch so großen Spaß: die Leute auf den Konzerten sind völlig verschieden. Da sitzt schon mal ein 50-jähriger Arzt neben einem 18-jährigen Punk-Kid. Obwohl Stickman Records eigentlich gar kein Punk-Label sind, oder? Die Stimmung auf Shows in Deutschland jedenfalls gefällt mir viel besser.

Wo wir gerade beim Thema sind: wie sieht es denn mit eueren Tourplanungen aus?

Wir werden den ganzen Mai in Europa und auch Deutschland unterwegs sein. Im August kommen wir noch mal für ein paar Open Airs, unter anderem das in Haldern und ein kleines Festival in Hamburg. Leider ist das alles so weit weg und wir können es uns nicht leisten, zu fliegen. Deshalb müssen wir immer drei bis vier Shows buchen, damit sich der Aufwand überhaupt lohnt.