KNOCK-OUT RECORDS

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Immer voll auf die Zwölf

Beinahe so lange wie das Ox gibt es auch Knock-Out Records aus Dinslaken, Deutschlands erste Adresse in Sachen Punkrock der eher kurzhaarigen Sorte. Und weil man sich seit Ewigkeiten kennt und allenthalben trifft, vergaß man doch bislang glatt, einfach mal ein Interview mit Labelboss Mosh zu machen. Gedacht, gesagt, getan: Tim und ich cruiseten mal eben nach Dinslaken („Rock City“, jajaja...), wo sich um die Ecke vom Hauptbahnhof das K.O.-HQ befindet.

Heutzutage sind deine Haare ja ziemlich kurz. Es soll aber Tage gegeben haben, in denen es anders war und auch dein Musikgeschmack in eine andere, eher dunklere Richtung ging.

Man sieht, du hast dich informiert. Also ich habe schon immer Bands wie JOY DIVISION, CHRISTIAN DEATH oder die SISTERS OF MERCY gehört, obwohl ich letztere auch gar nicht mehr so gut finde. JOY DIVISIONs Vorläuferband WARSAW haben übrigens eine richtig geile Punkscheibe rausgebracht und das, glaube ich, sogar schon vor den SEX PISTOLS. Es gab dann natürlich auch andere New Wave-Bands, die mich dann gar nicht mehr interessiert haben. Aber EXTRABREIT, IDEAL, Jürgen Zeltinger, was alles kein Punkrock war, finde ich trotzdem geil.

Deine ersten musikalischen Erfahrungen fanden also Anfang/Mitte der 80er-Jahre statt.
Meine erste Punk-Platte war von 1982 und zwar ‚EXPLOITED on stage’ in einem Pack mit IDEAL, EXTRABREIT und NICHTS. Danach ging es dann aber direkt mit UK SUBS weiter. Meine Haare waren damals auch noch länger und schwärzer. Okay, schwarz sind sie jetzt an einigen Stellen immer noch...

Wann kam dann der Wechsel zu dem Streetpunk-Sound, den du heute auch veröffentlichst?
Ich mache in erster Linie Punkrock-Platten, und den Begriff ‚Streetpunk’ gab es vor einigen Jahren noch gar nicht. Das kam erst später, als Punkbands, die manchmal auch in die Hardcore-Ecke gingen, wie z.B. DISCIPLINE und OXYMORON auch Oi!-Publikum angezogen haben. Meiner Meinung nach sind Bands wie COCKNEY REJECTS oder COCK SPARRER auch eher Punk- als Oi!-Bands. Jedenfalls habe ich schon immer Oi! und Punk gehört und habe auch viele alte Originalpressungen zu Hause. Vor 13 Jahren war Oi!-Musik hier nicht so präsent und die ganzen alten Scheiben von Link Records gab es in Wühlkisten zu kaufen. Erst als die Wende kam und der Osten zugänglich wurde, gab es dann auch im Westen den Boom. Da gab es dann auf einmal viele Punks und Skinheads auf denselben Konzerten.

Was hast du vor dem Label gemacht und wann hast du Knock-Out Records überhaupt gegründet?
Ich habe das Label ungefähr zur selben Zeit gestartet, wie du das Ox-Fanzine, also 1988, und das neben meiner Stahlbetonbauer-Lehre erst als Hobby betrieben. Nach fünf Jahren habe ich mich dann entschlossen, meine Zeit und Energie ins Label zu stecken, und ich konnte dann auch relativ schnell davon leben. Meinen Unterhalt bestreite ich zum Beispiel auch mit Lizensierungen von Platten, die sonst auf anderen Labels rausgekommen sind, wie z.B. von Captain Oi! oder Burning Heart Records. 1994 hatte ich dann mein erstes Büro und seit 2000 dann mein zweites. Neben mir machen Knock-Out Records noch der Paul und der Andi von KS Records, welche den Mailorder übernommen haben, und zur Zeit arbeitet auch noch der Sven von OXYMORON bei mir. Ich habe auch noch einen Grafiker, der zwar selbstständig ist, aber die ganzen Cover für mich macht.

Du schaltest ja in sehr vielen, auch kleineren, Fanzines Anzeigen. Machst du das wirklich nur, um Werbung zu machen, oder unterstützt du halt auch kleine Hefte?
Beides. Ich mache ja in fast jedem Fanzine Anzeigen, da ich der Ansicht bin, dass es wichtig ist, viel Werbung zu machen, um im Gespräch zu bleiben und den Bands gerecht zu werden, was die Promotion angeht. Jedes Fanzine hat mal klein angefangen, oder bleibt so klein auf der gleichen Ebene wie das Hullabaloo, und da mache ich immer eine Anzeige. Das kostet nun auch nicht die Welt, und wenn die eine Auflage von 300 Stück haben, heißt das, dass es 300 Leute mehr gibt, die die Anzeigen sehen.

Gab es eigentlich Bands, bei denen du trotz Promotion finanziell aufs Maul geflogen bist?
Natürlich macht man in 14 Jahren so seine Erfahrungen. Für eine Band haben wir Promo-mässig ziemlich reingehauen. Die haben eine Tour mit einer sehr großen deutschen Punkband gemacht und sogar dieselbe Agentur wie die gehabt. Allerdings hat die Band musikalisch ziemlich viele Stilbrüche und das kam beim Punker und Glatzenpublikum nicht so an. Die Band hat wirklich super Platten veröffentlicht, aber letzten Endes ist alles an dem Scheuklappendenken des Publikums gescheitert.

Bands wie OXYMORON sind hingegen international bekannt und auch recht beliebt. Wie erklärst du dir das?
Bei OXYMORON liegt der Erfolg wahrscheinlich daran, dass sie sich immer die Zeit genommen haben, die sich eine Band nehmen sollte, um gute Musik und gute Texte zu schreiben. Angefangen hat das mit der Tour mit BRAINDANCE. Da hat mich die Band angerufen und gefragt, ob ich nicht deren Split-Single ‚Mohican Melodies’ rausbringen wolle. Die Single als auch die LP sind eingeschlagen wie eine Granate und das hat sogar die Jungs selber überrascht. Selbst nach ihrer vierten LP wird die Band noch am ersten Album gemessen. 1996 hatten wir dann ein Angebot für eine US-Tour bekommen und so kam eins zum anderen. Es folgten dann auch Touren durch ganz Europa. Die Jungs sind sich halt selber treu geblieben, auch wenn sie nicht den kommerziellen Erfolg geschafft haben wie die DROPKICK MURPHYS.

Knock-Out ist ja ziemlich erfolgreich. Wie erklärst du dir, dass das Label aber z.B. hier nicht so groß wurde wie Fat Wreck Chords oder Epitaph in den USA?
Brett Gurewitz und Fat Mike hatten ja ihre eigenen Bands im Hintergrund gehabt. Da waren der finanzielle Background und entsprechende Kontakte schon mal vorhanden. Ich hätte das sicherlich auch geschafft, wenn ich mir einen riesigen Kredit von der Bank geholt hätte und ein riesiges Büro mit vielen Angestellten und einer Menge Organisation aufgebaut hätte. Dafür bin ich selber leider zu chaotisch, zu oft besoffen gewesen und dadurch zu oft selber nicht im Büro erschienen. Die Frage ist, ob bei so einer großen, erfolgreichen Firma nicht nur das Geld stimmt, sondern auch das Feeling.

Was ist denn deine Motivation immer noch täglich ins Büro zu gehen?
Arbeit muss natürlich sein und dadurch, dass ich auch viel arbeite, kann ich auch gut von dem Label leben. Ich gehe jetzt seit ca. 21 Jahren auf Punkkonzerte, und Punkrock an sich ist für mich auch sehr wichtig – es ist eine Lebenseinstellung. Aus meinem Hobby wurde praktisch dann mein Beruf. Manchmal ist das auch ein bisschen nervig, denn mir ist aufgefallen, dass ich zu Hause nicht mehr so viel Punk höre wie früher. Aber jede Platte, die ich rausbringe, ist wie ein Baby, was geboren wird. Daher ist es auch was ganz anderes, als jeden Tag acht Stunden am Fließband zu stehen oder im Großraumbüro zu sitzen. Okay, der Vorteil darin würde sein, dass man tariflichen Urlaub, geregelte Arbeitszeiten und eine Altersvorsorge hat. Ich weiß nicht, wie lange Knock-Out noch weiter machen wird, aber ich fühle noch einen gewissen Spirit dabei. Das ist auch der Grund, warum ich manchmal auch Platten rausbringe, bei denen ich froh bin, wenn sich die erste Auflage verkauft.

Auf deinem Label gibt es ja eine bestimmte Ruhrpott-Düsseldorf-Connection, d.h. Bands wie SONDASCHULE, THE PORTERS und die EMSCHERKURVE 77 bestehen teilweise aus denselben Leuten. Machst du dann mit denen die Platten, weil das Kollegen von dir sind und egal ist, wie die sich verkaufen?
Das mit dieser Ruhrpott-Connection ist mir irgendwann auch aufgefallen. Das sind acht Musiker, die in drei Bands spielen und das geht dann irgendwann an die Nerven. Ich sagte denen schon, dass die erst mal ein Jahr keine Aufnahmen mehr machen sollen, aber trotzdem macht das einen Riesenspaß, mit denen was zu machen. Die Bands bedienen ja auch ein breites Spektrum wie Punk, Irish Folk, Ska und Oi!. Das sind alles gute Musiker, ganz besonders die Leute von SONDASCHULE. Die PORTERS sind ein Ableger von 4 PROMILLE, und beide Bands laufen sehr gut.

Hast du eigentlich einen politischen Anspruch bei Knock-Out?
Insofern, dass ich mit bestimmten Bands und Labels einfach nicht arbeite. Nicht alle Bands bei mir müssen links sein oder eine politische Aussage machen. OXYMORON zum Beispiel, die haben in ihrem ganzen Leben noch keinen politischen Text gemacht, aber ich weiß ganz genau, wo die Leute stehen, auch wenn ich nicht mit denen darüber rede. Das setze ich auch voraus. Ich brauche keine Band, bei der auf dem Cover ein antifaschistisches Symbol ist, da das für mich ganz selbstverständlich ist. Die Leute sollen spätestens beim Hören merken, wo die Bands politisch stehen. Es gibt Bands, mit denen mache ich keine Platten, weil sie schwammige Aussagen machen oder sich einem bestimmten Publikum nicht versagen. Wenn eine Band vor einem Publikum spielt, das klar aus Faschisten besteht, die sogar den rechten Arm vor der Bühne heben, und die Band dann nicht aufhört zu spielen, ist es klar, dass ich niemals eine Platte mit denen machen werde. Ich finde es zwar nicht gut wenn Nazis auf unsere Konzerte kommen aber wenn sie sich nicht zu erkennen geben und ruhig bleiben kann ich das tolerieren, alleine um den Leuten zu zeigen, dass es auch anders geht. Ich denke, das ist besser als ihnen immer wieder die Türe zu zu schlagen, denn dann bleiben sie garantiert da, wo sie sind.

Wie ist es denn, wenn Bands, die klare Aussagen gemacht haben und zu denen du auch stehst, trotz allem immer noch angefeindet werden? Bist du bemüht, die wieder ins richtige Licht zu rücken oder geht dir das am Arsch vorbei?
Es kommt darauf an, ob ich darauf angesprochen werde. Allerdings kann es auch sein, dass die Anfeindungen von Leuten kommen, die nichts besseres zu tun haben, als den ganzen Tag im Internet zu surfen und ihren Müll in irgendwelchen Gästebüchern abladen. Wenn ich da immer alles beantworten würde, hätte ich keine Zeit mehr, mich um das Label zu kümmern. Dann würde ich acht Stunden lang nur Statements für Leute schreiben, die auch noch anonym sind. Ich habe mich damals tierisch darüber aufgeregt, dass Uhl von Dim Records meine Platten verkauft, aber ich kann da nichts machen, wenn der die sich über drei Ecken besorgt.

Kommt es eigentlich auch vor, dass sich Dumpfbacken, die bei so ominösen Labels deine Platten kaufen, denken: Hey, Knock-Out ist cool. Lass uns mal ein Demotape dahin schicken?
Es gab eine Zeit, wo ein paar rechte Bands waren, die mir ihre Demos geschickt haben. Die CDs fliegen ungehört in den Müll und ich habe halt ein paar neue Jewelcases, die sind immer willkommen, hehe.

Ihr blickt ja jetzt auch schon eurem 15-jährigen Bestehen entgegen. Wird es irgendwelche Festivitäten geben?
Das weiß ich noch nicht genau, aber nachdem das Ox-Fanzine seinen Geburtstag am 20.04. gefeiert hat, steht mir da nichts mehr im Wege. Das käme bei mir auch zeitlich hin, da ich zu der Zeit die erste Platte gemacht habe. Die war von RUBBERGUN, kam allerdings offiziell nie raus, da ich mich mit den Typen ziemlich verkracht hatte. Ich war gestern in dem Studio, wo die vor Jahren aufgenommen haben, und die Platte wird dann jetzt bald veröffentlicht.

Timbo Jones, Joachim Hiller